Ehrung der Stadt Düsseldorf Heine-Preis an Philosoph Jürgen Habermas

Düsseldorf · Der mit 50.000 Euro dotierte Düsseldorfer Heine-Preis geht in diesem Jahr erstmals an einen gebürtigen Düsseldorfer: den international bekannten Philosophen Jürgen Habermas (83). Der Heine-Preis zählt zu den höchstdotierten kulturellen Auszeichnungen in Deutschland.

Diesmal hat die Jury eine Entscheidung getroffen, die über alle Anfechtungen erhaben ist. Seitdem sich das Preisgericht im Jahr 2006 dafür entschieden hatte, den Schriftsteller Peter Handke auszuzeichnen, war das Ansehen dieser Ehrung stark beschädigt. Denn Handke hatte durch höchst angreifbare Äußerungen über den früheren serbischen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic und über die Balkankriege herbe Kritik auf sich gezogen. Die Folge war ein Skandal, der bundesweit Kreise zog.

Das Bekenntnis der Düsseldorfer zu Jürgen Habermas dagegen wird mit Sicherheit breite Zustimmung finden. Habermas hat sich mit seinem Hauptwerk "Theorie des kommunikativen Handelns" von 1981 einen exzellenten Ruf nicht nur in der Fachwelt, sondern auch weit darüber hinaus erworben - bis in die Vereinigten Staaten.

Seine These lautet, dass die normativen Grundlagen gesellschaftlicher Prozesse in der Sprache liegen. Seine heftige Kritik 1986 an neokonservativen, die Verbrechen der NS-Herrschft relativierenden Tendenzen lösten den Historikerstreit aus. In jüngerer Zeit betonte er die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft: Religion könne einer zunehmenden Steuerung der Gesellschaft durch die Weltwirtschaft und einem Verlust gesellschaftlicher Solidarität entgegenwirken.

Auch äußerte sich Habermas kritisch in der von der Hirnforschung aufgeworfenen Debatte, dass die Freiheit des Menschen eine Illusion sei. Längst gilt Habermas als der weltweit ausstrahlende Philosoph der Postmoderne. Angeblich ist er sogar der meistzitierte Philosoph der Welt.

Zuweilen allerdings kritisierten Fachkollegen, dass Habermas' "Theorie des kommunikativen Handelns" nicht anderes als wissenschaftlich verbrämte Binsenweisheiten seien. Der Heine-Preis ist nicht der erste Preis, der Habermas zugesprochen wurde. Im Jahr 2001 bekam er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 2005 den Kyoto-Preis. Die Düsseldorfer Jury weiß sich also in guter Gesellschaft und braucht diesmal keine Einwendungen zu fürchten.

Die Jury begründet ihr Votum wie folgt: "Der Heine-Preis der Landeshaupstadt Düsseldorf 2012 wird an Jürgen Habermas verliehen, als einen der weltweit bedeutendsten Denker der Gegenwart, für sein Lebenswerk, das durch freiheitliche Ideen der Aufklärung, seinen unermüdlichen Einsatz für ein demokratisch verfasstes Deutschland sowie seine streitbaren Beiträge zu den gesellschaftspolitischen Debatten Europas geprägt ist." Jürgen Habermas stehe mit seinem kritischen Werk überzeugend in der Tradition des Schriftstellers und Intellektuellen Heinrich Heine.

Im Dezember wird Oberbürgermeister Dirk Elbers den Preis in einem Festakt überreichen. "Mit Jürgen Habermas ehrt die Landeshaupstadt Düsseldorf einen wichtigen Denker, dessen philosophisches Werk weltweite Ausstrahlung hat. Kaum ein anderer Intellektueller prägt so präzise und scharfsinnig die aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten in Deutschland und Europa wie Jürgen Habermas", so Elbers in einer Pressemitteilung am Samstagnachmittag.

(jco/csi/jco)
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