National Express Rail Konkurrenz für die Bahn aus Düsseldorf

Düsseldorf · National Express Rail übernimmt zwei Strecken in NRW. Das Unternehmen verspricht den Passagiere höheren Komfort. Rund 150 Lokführer und Zugbegleiter werden gesucht. Der frühere Airport-Express soll auch wieder fahren.

 Ein Modell des für NRW bestellten Zuges "Talent 2".

Ein Modell des für NRW bestellten Zuges "Talent 2".

Foto: Bombardier

Tobias Richter (51) ist freigestellter Bundesbahnbeamter, und er jagt der Deutschen Bahn gern Aufträge ab. Sein jüngster Erfolg sind die Regionalexpress-Linie RE7 (Krefeld — Köln — Rheine) und die Regionalbahn RB48 (Wuppertal — Solingen — Bonn). Ab Dezember 2015 fährt auf diesen Strecken National Express Rail. Die von Richter von Düsseldorf aus geführte Privatbahn ist die junge Tochter eines börsennotierten britischen Unternehmens.

Als nächstes will der gebürtige Berliner Ausschreibungen bei der Berliner S-Bahn gewinnen. Nach dem Wartungs-Desaster, das die Sparpolitik von Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn dort angerichtet hat, rechnen sich enorm viele Bieter Chancen aus. Neben der Deutschen Bahn und Zug-Herstellern wie Siemens und Bombardier bewerben sich die Betreiber der Stadt- und U-Bahnen in Paris und Hongkong — und eben der Newcomer National Express Rail aus dem Mutterland der Eisenbahn um den Berliner S-Bahn-Ring und weitere Strecken.

Während Richter auf einen weiteren Erfolg in der Hauptstadt hofft, bereiten seine acht Mitarbeiter in Düsseldorf den Start für National Express (NX) in NRW vor. Die 35 grau-blau-weißen Elektrozüge sind bei Bombardier bestellt. Da es sich um eingeführte Typen handelt, erwartet Richter keine Probleme mit der Zulassung — wie sie bei neuen Schienenfahrzeugen mittlerweile die Regel sind.

Wenn die elektrischen "Talent 2"-Züge den Verkehr auf der RE 7 und der RB 49 von der Deutschen Bahn übernehmen, erwartet die Fahrgäste eine Reihe angenehmer Überraschungen. National Express, dessen britische Mutter erst kürzlich wieder in Großbritannien als bestes Bahnunternehmen der Insel ausgezeichnet worden sei, wolle "bestmöglichen Komfort" bieten, verspricht Richter. Auch das Thema Sauberkeit rangiere für das Unternehmen ganz oben.

Es gebe mehr Türen als in den jetzigen Zügen, die "Talente" seien spurtstärker und erreichten 160 km/h und nicht nur 140 km/h Höchstgeschwindigkeit. Alle drei Verbesserungen sollen zu einer deutlich höheren Pünktlichkeit führen. Schließlich sieht der Vertrag, den der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr und der Zweckverband Westfalen-Lippe mit National Express geschlossen haben vor, dass ab einer Verspätung von zwei Minuten Strafzahlungen fällig werden.

Rund 80 Lokführer sucht Richter. Nach seinen Erfahrungen — er hat nach seiner Zeit bei der Bundesbahn mehrere Privatbahnen geleitet und ist Miteigentümer einer Güterbahngesellschaft — wechseln bei einer Übernahme der Strecke "Triebfahrzeugführer" von der Deutschen Bahn nicht zu dem neuen Betreiber. National Express setzt deshalb nicht nur auf die Einstellung "alter Hasen", sondern will auch ausbilden. Gesucht werden demnächst auch 55 Kundenbetreuer — ab 19 Uhr sollen alle Züge auf der RE7 und der RB48 begleitet werden. Einem Lokführer bietet das Unternehmen etwa 42 000 Euro Jahresgehalt, einer Servicekraft 32.000 Euro.

Lokführer, denen das nicht Anreiz genug ist, lockt der Düsseldorfer Bahn-Chef mit der Aussicht, gelegentlich den einstigen Star-Zug der Bundesbahn fahren zu dürfen. Tobias Richter als gelernter Eisenbahner und eingefleischter Fan der Schiene hat dafür gesorgt, dass der legendäre ET403 — einst als Airport-Express zwischen Düsseldorf und Frankfurt unterwegs — wieder in Fahrt kommt. National Express lässt den vor 20 Jahren ausgemusterten 200 km/h schnellen Renner wieder herrichten. Er soll — für 15 Jahre angemietet — das NX-Flaggschiff werden. 15 Jahre läuft auch der Verkehrsvertrag für die beiden Regionalstrecken in NRW, auf denen NX den ET403 gegentlich einsetzen will.

Das von Richter geführte Unternehmen hat noch eine Schwester in Frankfurt, die National Express Germany, die Marktanteile im seit dem Ende gesetzlicher Fesseln aufblühenden Fernbusmarkt erobern will. Seit April fahren die ersten "city2city"-Busse durch Deutschland. Die britische Muttergesellschaft, National Express Group mit Sitz in Birmingham, fährt ebenfalls auf Schiene und Straße — in England, Spanien, Marokko und Nordamerika — und beschäftigt weltweit 41.000 Mitarbeiter. Die Deutsche Bahn (weltweit etwa 300.000 Beschäftigte) hat dem Vernehmen nach gehörigen Respekt vor diesem Konkurrenten, der als einziger größerer Wettbewerber wirklich privat ist.

(RP)
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