Ballett Schläpfer arbeitet an Brahms

Düsseldorf · Als vierte Uraufführung in dieser Saison bringt Ballettchef Martin Schläpfer am Freitag "Ein deutsches Requiem" von Johannes Brahms auf die Bühne im Opernhaus. Beteiligt sind auch die Düsseldorfer Symphoniker und der Opernchor – imposanter Abschluss einer arbeitsintensiven Spielzeit.

 Am Freitag ist "Ein deutsches Requiem" im Opernhaus zu sehen.

Am Freitag ist "Ein deutsches Requiem" im Opernhaus zu sehen.

Foto: centertv

Als vierte Uraufführung in dieser Saison bringt Ballettchef Martin Schläpfer am Freitag "Ein deutsches Requiem" von Johannes Brahms auf die Bühne im Opernhaus. Beteiligt sind auch die Düsseldorfer Symphoniker und der Opernchor — imposanter Abschluss einer arbeitsintensiven Spielzeit.

Zwei Tänzer umspielen einander in fließenden, behutsamen Bewegungen. Bis sie am Boden sitzen, die Fußsohlen gegeneinandergestemmt, und wie Kinder in der Luft radfahren. Heiter wirkt diese Szene, unschuldig, doch dann rollt sich der eine Tänzer zur Seite. Aus ist das Spiel, wenn einer alleine zurückbleibt.

Eine Totenmesse nimmt sich Düsseldorfs Ballettchef Martin Schläpfer zum Ende der Spielzeit vor und bringt am Freitag im Opernhaus "Ein deutsches Requiem" von Johannes Brahms zur Premiere — seine vierte Uraufführung in dieser Saison. Doch ist keineswegs mit tränenschwerem, düster tragischem Ballett zu rechnen. Obwohl Schläpfer seine Figuren wieder mit großer Genauigkeit der Musik abgewinnt, ist bei einer Bühnenprobe eine überraschend lichte, freudige Choreografie zu erleben.

Für Schläpfer ist dies der wesentliche Ausdruck des Brahmsschen Werks. "Ich finde die Musik nicht traurig, der fünfte Satz ist sogar luftig, erhebend, das Stück ist keine Totenmesse, sondern ein Requiem für uns, die Lebenden, die wir real auf dieser Welt sind und mit dem Tod, der Endlichkeit umgehen müssen", sagt der Ballettchef. Tröstend, menschennah wirke die Musik auf ihn. "Es gibt diese vielen freudvollen Fugenteile, dazu Paukenstrukturen, die Musik wird abgefeuert wie durch eine Kanone, und dann gibt es die poetischen Momente, wie Gebete, in denen ich mich durchaus auch finden kann", sagt Schläpfer.

Das Publikum erwartet eine gewaltige Besetzung, denn neben den 42 Tänzern der Compagnie wirken die Düsseldorfer Symphoniker in großer Besetzung mit, und der Opernchor singt von einem massiven Balkon aus, der in gesamter Bühnenbreite über der Tanzfläche hängt. Das ist imposant und führt dem Publikum kurz vor Saisonende noch einmal vor, welche künstlerische Kraft sich an der Deutschen Oper am Rhein gesammelt hat. GMD Axel Kober übernimmt die musikalische Leitung.

Dass das "Deutsche Requiem" Martin Schläpfer vor Herausforderungen gestellt hat, gibt er freimütig zu. Etwa, weil in diesem Stück Text neben die Musik tritt, den der Choreograf zusätzlich verarbeiten musste. "Brahms hat die Textpassagen brillant aus der Bibel zusammengestellt, fast rebellisch, darum kann ich als Choreograf nicht einfach darüber hinweggehen", sagt Schläpfer, "aber natürlich darf man die Worte nicht verdoppeln, einfach eins zu eins in Bewegungen übertragen, man muss einen eigenen Weg finden."

Begleitet hat das Werk Schläpfer viele Jahre. Als 17-Jähriger kaufte er sich in London eine Schallplatte mit dem Stück — und hat es seitdem nicht wieder aus dem Kopf bekommen. Und nun schließt das Requiem nach Schläpfers Choreografien zu Schuberts "Forellenquintett" und Schumanns "Rheinischer Sinfonie" seine Reihe von Arbeiten zur deutschen Romantik ab. "Ich kann nur sagen, dass die Beschäftigung mit dem ,Deutschen Requiem' für mich — mit wenigen Tagen Ausnahme — eine ungemein fließende, unbeschwerte, ja leichte Arbeit war. Das hätte ich nie erwartet", sagt Schläpfer.

Die Spielzeit sei enorm anstrengend gewesen, er habe sich und seine Compagnie sicher an Grenzen geführt, aber das sei notwendig gewesen, "um die Qualität zu halten — und aus Freude an der Arbeit". In der nächsten Saison wird das Ballett nun auch Gastspielreisen unternehmen etwa nach Amsterdam oder Brünn, doch will Schläpfer sich weiter vor allem auf die Arbeit in Düsseldorf konzentrieren. "Einladungen sind Auszeichnungen, und die Anfragen häufen sich, aber ich werde immer jemand sein, der sich auf einen Ort konzentriert, der versucht, sich zu verorten — das hat sicher auch mit meinem Bauerntum zu tun", sagt er und lacht.

Schläpfer empfindet die Einladungen auch deswegen als Auszeichnung, weil er mit seinen Tänzern bisher ein Repertoire einstudiert hat, das ohne klassische Handlungsballette wie "Dornröschen" oder "Schwanensee" auskommt. Schläpfer kann sich zwar vorstellen, auch ein solches Stück einmal anzugehen. Einstweilen gilt für ihn aber: "Der Tanz ist dort am stärksten, wo man nicht über konkrete Dinge reden kann, wo er das Unaussprechbare zeigt."

(RP)
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