"Normalerweise hört man Autos kommen" Leben am Flüsterasphalt
Düsseldorf · Seit dem Jahr 2007 hat die Stadt Düsseldorf bereits 17 Straßen mit Flüsterasphalt ausgestattet. Die Verwaltung schwört auf den Spezialbelag. Die Anwohner schätzen die reduzierten Rollgeräusche.
Daniel Langenhorst schreitet die Kaiserwerther Straße entlang. In seinem linken Ohr steckt der Stöpsel seines MP3-Players. Als Daniel bei Rot die Fußgängerampel an der Kreuzung Uerdinger Straße überqueren will, hupt ihn plötzlich ein weißer Passat an. Daniel schreckt zurück. "Normalerweise höre ich die immer kommen. Aber seitdem der neue Belag drauf ist, ist das schwieriger. Besonders dann, wenn man noch Musik hört", sagt der 27-Jährige. "Aber eigentlich ist der Flüsterasphalt eine gute Sache."
Die Stadt Düsseldorf hat im vergangenen Monat mit dem Austauschen des Kopfsteinpflasters auf der Hüttenstraße gegen den neuen so genannten "Flüsterasphalt" die 17. Straße mit dem neuartigen Belag ausgestattet. Auch die Uerdinger Straße wurde mit dem Asphalt ausgestattet. Der Spezialbelag heißt auf Amtsdeutsch eigentlich "lärmoptimierter Asphalt" und er ist eine Düsseldorfer Erfolgsgeschichte — wenn er richtig eingesetzt wird.
Lärm halbiert
Gülizar Bekirovska, steht in ihrem Lottogeschäft an der Uerdinger Straße und verkauft einem Kunden eine Schachtel Zigaretten. "Ich merke hier nichts von Flüsterasphalt. Draußen ist es genauso laut wie immer", sagt Bekirovska. "Die Motoren, die Busse, die schnellen Autos auf der Brücke — da ist nichts mit flüstern", sagt Bekirovska und zeigt auf die Theodor-Heuss-Brücke, die nur wenige Meter vom Lottogeschäft entfernt auf ihren Betonpfeilern thront.
Messungen der Bundesanstalt für Straßenwesen haben ergeben, dass sich der Flüsterasphalt auf den Straßenverkehr so auswirkt, als wäre er um die Hälfte zurückgegangen. Dies ist auf die Reduzierung der Eigenschwingungen des Belags und das geminderte Entweichen der Luft zwischen Gummiprofil und Straße zurückzuführen.
Unter der Theodor-Heuss-Brücke steht Folke Nickel mit seinem Taxi und wartet auf die nächsten Fahrgäste. "Im Vergleich zu normalem Asphalt ist das ein ganz weiches Fahrgefühl, als würde man auf Watte fahren. Allerdings ist es erst ab ungefähr 50 km/h leiser", sagt Nickel. Dann hebt er seinen Arm und zeigt auf eine Reihe parkender Autos, die auf dem Seitenstreifen entlang der Uerdinger Straße stehen: "Das macht natürlich keinen Sinn. Wenn schon Reduzierung des Fahrgeräusches, dann sollen die Autos auch fahren, und nicht parken."
Die Mehrkosten für den Flüsterasphalt sind mit ein bis zwei Euro pro Quadratmeter im Vergleich zu normalem Asphalt nicht sehr hoch. NRW-Wirtschaftsministerin Christa Toben lobte den Düsseldorfer Flüsterasphalt als "bemerkenswerte Alternative" zu normalem Asphalt. Der Flüsterbelag soll nun in Düsseldorf überall dort eingebaut werden, wo es technisch und rechtlich möglich ist.
"Ich finde das gut", sagt Gertrud Kuckel, und nimmt sich eine Zeitschrift aus einem Regal in Gülizar Bekirovskas Geschäft. "Ich habe eine Erdgeschosswohnung an der Uerdinger Straße und seit der Flüsterasphalt hier ist, lebe ich in meinen vier Wänden viel ruhiger. Ich möchte das nicht mehr missen."
Für Daniel Langenhorst dagegen sind die Auswirkungen des Flüsterasphalts noch viel unmittelbarer: "Ich lasse in Zukunft in Düsseldorf meine Stöpsel aus dem Ohr."