Interview "Metro-Marathon wächst weiter"

Düsseldorf · Organisator Jan Henning Winschermann über Neuerungen bei der zehnten Ausgabe am 29. April, wie man amerikanischen Läufern Düsseldorf schmackhaft macht und wie es sich anfühlt, wenn man es nach mehr als 42 Kilometern ins Ziel schafft.

Marathon 2011: Impressionen vom Start
25 Bilder

Marathon 2011: Impressionen vom Start

25 Bilder

In knapp zwei Wochen findet der Metro-Marathon statt. Sind Sie nervös?

Jan Henning Winschermann Nein, inzwischen bleibe ich bis zum Tag der Veranstaltung ruhig. Vor den ersten Metro-Marathons lag ich aber immer schlaflos im Bett. Bei so einer großen Veranstaltung gibt es schließlich viele Unwägbarkeiten, vom Wetter bis zur Zeiterfassung. Einmal habe ich kurz vor dem Renntag einen Alptraum gehabt: Die Strecke war plötzlich voller Autos und der Lauf musste ausfallen. Aber inzwischen habe ich genug Routine.

Es wird die zehnte Ausgabe begangen. Wie wird das Jubiläum gefeiert?

Winschermann Wir bedanken uns mit einer Lounge im Nachzielbereich bei den Läufern, die in allen zehn Jahren dabei waren. Dort gibt es unter anderem Massagen. Diese Läufer dürfen sich auch eine persönliche Startnummer auf Lebenszeit aussuchen, die in diesem Jahr in Gold ist. Das ist für viele Läufer sehr wichtig — auf eine Nummer wie etwa 1895, das Fortuna-Gründungsjahr, gibt es immer einen Ansturm. Die Marathon-Läufer bekommen in diesem Jahr außerdem erstmals einen Rucksack. Dazu gibt es sehr schöne neue Medaillen mit einem Radschläger, für die Marathon-Läufer eine große, für die Teilnehmer bei den Firmen-Staffel-Läufen kleinere.

Was ist mit der Strecke?

Winschermann Die ist die gleiche wie im Vorjahr, aber wegen der vielen Baustellen immer noch etwas anders als früher.

Der Marathon findet erstmals im April und nicht mehr im Mai statt. Ist das eine Reaktion auf die Kritik im Vorjahr, als es sehr heiß war?

Winschermann Nein, der Grund ist, dass der Termin sich nicht mit der Druckmesse Drupa überschneiden sollte. Aber das kühlere Wetter ist ein angenehmer Nebeneffekt. Der Marathon wird auch künftig im April stattfinden.

Im Frühling fangen viele Freizeitläufer erst wieder mit dem Training an. Wäre ein Termin für das Rennen im Herbst nicht attraktiver?

Winschermann Es stimmt, dass Läufe im Herbst mehr Teilnehmer haben, weil man sich dann über den Sommer vorbereiten kann. Andererseits sind die Durchschnittszeiten der Läufer im Frühling besser. Wer jetzt mitläuft und die Vorbereitung im Winter durchgestanden hat, der will das wirklich.

Als der Metro-Marathon entstanden ist, gab es gerade einen Marathon-Boom in Deutschland. Der hat sich etwas gelegt. Merken Sie das bei den Teilnehmerzahlen?

Winschermann Das Interesse am Marathon ist in Deutschland in den vergangenen Jahren wirklich etwas zurückgegangen. Vor ein paar Jahren gab es noch rund 130 000 Marathon-Läufer, jetzt sind es 90 000. Ich habe aber den Eindruck, dass gerade ein neuer Boom beginnt. Die Teilnehmerzahlen beim Metro-Marathon werden außerdem durch den internationalen Andrang ausgeglichen. Rund 30 Prozent der Läufer kommen aus dem Ausland.

Wo stößt der Lauf derzeit auf besonders großes Interesse?

Winschermann In Amerika ist Marathon angesagt. Wir haben mehr Anfragen aus Chile, Argentinien und Mexiko, aus Nordamerika sowieso.

Warum kommen die Amerikaner ausgerechnet nach Düsseldorf?

Winschermann Man muss da ganz realistisch sein: Düsseldorf als Stadt interessiert in den USA kaum jemanden, die Leute haben höchstens schon mal von Kraftwerk gehört. Auch den Kölner Dom kennt da keiner. Wir vermarkten Düsseldorf deshalb als idealen Ausgangspunkt für Europa-Reisen zwischen Loreley und London — aus amerikanischer Perspektive liegt das ja nahe beieinander. Auch der stadtnahe Flughafen mit den vielen internationalen Verbindungen ist für die Vermarktung sehr wichtig. Seit Air Berlin in der OneWorld-Gruppe ist, können die Amerikaner sogar Bonusmeilen sammeln — das spielt für sie eine große Rolle.

Wächst der Marathon denn weiter?

Winschermann Ja, wir haben vor allem einen enormen Andrang auf die Firmen-Staffelläufe. Wir mussten Anfang Januar die Anmeldung stoppen, als wir 2350 Staffeln mit je vier Teilnehmern hatten. Wir hätten auch 3000 Staffeln zusammenbekommen. Viele Firmen nutzen inzwischen solche Läufe als teambildende Maßnahme. Das Problem ist: Wir haben in Düsseldorf noch keinen Platz gefunden, der groß genug ist für 3000 Staffelübergaben. Für das nächste Jahr wollen wir dafür ein Konzept erarbeiten.

Der Leichtathletikverband führt den Metro-Marathon seit 2010 in der Bronze-Kategorie für empfehlenswerte Läufe. Sie haben gesagt, dass Sie gern auf "Silber" aufstiegen — wie Frankfurt und Berlin. Woran scheitert das?

Winschermann Um auf "Silber" zu kommen, müssten wir einige weitere Kriterien erfüllen. Wir scheitern daran, dass der Marathon von einem Fernsehsender übertragen werden müsste, der international empfangbar ist. Das wäre der WDR. Der hat aber leider kein Interesse am Breitensport.

Sie beschäftigen sich seit zehn Jahren mit der Organisation des Marathons. Was war Ihr schönster Moment?

Winschermann Es gab viele schöne Momente. Ein Meilenstein war sicher 2005, als Luminita Zaituc den Metro-Marathon in der Rekordzeit von 2:26:44 gelaufen ist. Das ist heute noch NRW-Bestzeit. Keiner hat damit gerechnet, dass sie so schnell sein wird, sonst hätten wir wohl auch die Antritts-Gage nicht zahlen können. Dieser Rekord, über den sogar in der New York Times berichtet wurde, war für die Popularität des Rennens sehr wichtig.

Sie sind selbst Marathon gelaufen. Warum tut man sich diese Qual an?

Winschermann Man macht das natürlich auch, weil man sich überwinden und sein Selbstwertgefühl steigern will. Manche Manager in den USA heften ihre Urkunden an die Bewerbung, um zu zeigen, dass sie Ziele erreichen, die sie sich setzen. Aber es geht auch um das Gefühl nach dem Zieleinlauf. Wenn man über Kilometer 30 war, hat man sich nur noch weitergequält, weil man sich gesagt hat: Jetzt bin ich extra nach New York geflogen. Man schwört sich, dass man so etwas nie wieder macht. Aber eine Stunde nach dem Zieleinlauf fühlt man plötzlich so ein befreiendes Gefühl, weil man es geschafft hat. Das ist einfach toll. Ich stelle mir vor, dass es sich ähnlich anfühlen muss, wenn man Drogen nimmt.

Arne Lieb führte das Gespräch.

(jco)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort