Düsseldorf Mordprozess Lucan: Mutter ohne Hass

Düsseldorf · Im Verfahren gegen den früheren Lebensgefährten der 2004 getöteten Susanne Lucan hat gestern die Mutter des Opfers ausgesagt.

 Susanne Lucan wurde zwei Tage nach ihrem 27. Geburtstag erschlagen.

Susanne Lucan wurde zwei Tage nach ihrem 27. Geburtstag erschlagen.

Foto: Bußkamp, Thomas (tbu)

Auf diesen Tag hat Inge Meuter fast neun Jahre gewartet. Sie hat sogar geträumt, wie sie im Gericht ihre Geschichte erzählt. Und anfangs träumte sie auch, dass sie den Angeklagten in die Arme nehmen würde, "weil er mir so leid tat", beschrieb die 66-Jährige gestern die Jahre nach dem Mord an ihrer Tochter.

Die Überzeugung der Kripo, dass Thomas S. Susanne Lucan in ihrem Bett erschlagen habe, hat die Mutter lange nicht geteilt. Vom Tag an, an dem Susanne ihn zum ersten Mal mit nach Hause brachte, sei er "so nett" gewesen. Wie einen eigenen Sohn habe sie ihn geliebt, hat Inge Meuter in den vergangenen Jahren oft ihr Verhältnis zu S. beschrieben. Am dritten Verhandlungstag im Schwurgericht kommen ihr die Worte nicht über die Lippen.

Lebhaft beschreibt sie dem Gericht ihr einziges Kind. Sie ist fast dankbar, dass das Gericht auch von Susannes Kindheit und Jugend hören will, sich dafür interessiert, was für ein Mensch ihre Tochter war, auf die sie 27 Jahre lang so stolz gewesen ist. Sie seien sich stets sehr nah gewesen, näher, als andere Mütter ihren Teenager-Töchtern waren. Alles habe Susanne ihrer Mutter anvertraut; ihre Freunde gingen ein und aus in der Wohnung an der Bilker Allee, fuhren mit in Meuters Ferienhaus nach Sardinien.

So lebendig erzählt die Zeugin Inge Meuter vom Leben mit ihrem Kind, dass ab und an selbst Staatsanwalt und Richter ein Schmunzeln nicht unterdrücken können. Der Angeklagte dagegen hört mit unbewegter Miene zu, als kenne er die Person nicht, von der die Rede ist.

Was Inge Meuter über die letzten Monate in Susannes Leben und ihrer Beziehung zu Thomas S. berichtete, hat sie von ihrer Tochter erfahren. Die habe von Thomas' Depressionen berichtet, die ihn im Oktober 2003 zum Auszug aus der gemeinsamen Wohnung bewogen. Nach ein paar Tagen sei er zurückgekehrt, eine räumliche Trennung, sagt Inge Meuter, "habe ich bei den beiden nie wahrgenommen". Dass Thomas S. sich später immer mehr in sich zurückzog, auch körperlichen Kontakt zu Susanne mied, mit der er seinerzeit fast acht Jahre lang zusammen war, "das haben wir unter Krankheit verbucht. Schließlich war er in Therapie. Er hat ja auch gesagt, der Therapeut habe ihm zum Auszug geraten." S. und seine heutige Ehefrau hatten an den vorangegangenen Verhandlungstagen berichtet, dass ihre eigene Beziehung damals begonnen habe.

Während jener Zeit, sagte Inge Meuter, habe sie "Mitleid" gehabt, ihre Tochter ermutigt, S. nicht im Stich zu lassen, "die Nerven zu behalten, weil er doch krank war". Wenige Wochen vor Susannes 27. Geburtstag sei die Tochter glücklich von einem Ausflug mit S. zurückgekehrt, habe von Zärtlichkeiten erzählt, und dass sie glaube, die Beziehung werde "endlich wieder wie früher." Für den Freitag nach ihrem Geburtstag habe sie voll Hoffnung ein Treffen mit Thomas geplant, das durch nichts gestört werden sollte. "Es war ihr ,heiliger Freitag', ich sollte auf keinen Fall anrufen", erinneret sich die Mutter. "Wenn er Susanne an diesem Abend gesagt hätte, dass er eine andere hat, hätte sie aber mich sofort angerufen, auch mitten in der Nacht."

In jener Nacht ist Susanne Lucan ermordet worden. Doch nicht Thomas S., der dabei war, als die Polizei die Tote fand, hat Inge Meuter in ihrem Urlaubsort angerufen. "Ich erfuhr es erst am Tag danach von meinem Bruder. Und meine erste Sorge galt Thomas." Selbst bei der Beerdigung habe sie sich vor allem um den Freund ihrer Tochter gesorgt, den die Polizei längst für verdächtig hielt. "Hätte die Kripo mir offen gesagt, dass er in der Nacht von Susannes Tod bei einer anderen Frau war, wäre alles anders gewesen." Aber als er damals den Sarg streichelte und "Schlaf gut, mein Schatz" sagte, da brach Inge Meuter "fast das Herz".

Erst Wochen später habe S. ihr am Grab der Tochter gestanden, dass es eine andere Frau gab. Unter Tränen erinnert sich die Mutter daran: "Alles brach für mich zusammen. Da wurde klar, dass er uns im letzten halben Jahr belogen und betrogen hatte." Sie habe weder Rachegedanken noch Hassgefühle, sagte Inge Meuter auch: "Mir ist egal, ob er bestraft wird. Ich will nur die Wahrheit wissen."

Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.

(RP)
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