Düsseldorfer Geschäftsführer Andre Zalbertus "Schlimmes Eigentor für den Carlsplatz"
Düsseldorf · Der Verkauf von Supermarkt-Ware schadet der Marke Carlsplatz, sagt der neue Geschäftsführer des Wochenmarktes. Er möchte, dass die Händler ein Statut erarbeiten, das die Werte des Marktes schützt und für alle verpflichtend ist.
Wann haben Sie zuletzt Himbeeren auf dem Carlsplatz gekauft?
Zalbertus Mit meiner Frau vor drei Wochen, tatsächlich für vier Euro die Schale. Wir gehen immer samstags auf den Markt.
Sie sind gebürtiger Düsseldorfer. Wann waren Sie das erste Mal dort?
Zalbertus Ich nehme an, da war ich vier, an der Hand meiner Mutter. Später ging ich mit meinen Freundinnen dorthin, heute mit meiner Frau. Ich habe den Markt, der mich schon immer faszinierte, also mit den Frauen kennengelernt. Ich habe stets auch die Brotauslage bei Hinkel bewundert. Die Altstadt und der Carlsplatz waren für mich schon immer wichtige Fixpunkte.
War Ihrer Familie denn der Markt nicht zu teuer?
Zalbertus Wir mussten zwar immer sparen, aber die Familie hat sich ab und zu etwas gegönnt. Dazu gehörte der Ausflug zum Markt, wo dann Südfrüchte gekauft wurden, Paprika oder eingelegte Gurken. Meine Mutter kochte gerne Gerichte aus fremden Ländern, mein Vater hat uns erklärt: Gute Lebensmittel kosten auch etwas.
Zurück zu den Himbeeren. Was ist denn, wenn die teuren Lebensmittel aus dem Supermarkt nebenan stammen und der Preis am Stand verdoppelt wurde?
Zalbertus Das ist ein Unding, das geht gar nicht. Der Markt ist etwas Besonderes, eine Marke mit Qualitätsversprechen — und die Ware aus dem Supermarkt, die ja in Ordnung sein kann, zerstört den Wert der Marke Carlsplatz.
Ist das nicht auch Betrug?
Zalbertus Juristisch würde ich sagen: Nein. Jeder Händler kann ja einkaufen, wo er will, und die meisten tun das auf dem Großmarkt bei ausgewählten Anbietern. Betrogen aber wird der Kunde, der mit seiner speziellen Erwartung auf den Markt kommt. Und das ist vielleicht noch viel schlimmer.
Was tun Sie dagegen?
Zalbertus Ich habe mich vorige Woche bei allen Händlern auf dem Markt vorgestellt und nun darum gebeten, dass die wenigen, die auf solche Weise Waren verkaufen, sich bei mir melden. Ich möchte ihnen erklären, warum dies ein schlimmes Eigentor ist.
Woraus schöpfen Sie die Hoffnung, dass dies was nützt?
Zalbertus Guten Argumenten verschließt sich eigentlich niemand. Ich sehe das Problem nämlich umfassender, über den Rand einer Schale Himbeeren hinaus. Die Sache ist in meinen Augen die: Wir müssen alle miteinander Angst haben, weil das Internet in den nächsten fünf bis zehn Jahren alle Bereiche der Wirtschaft enorm verändern wird. Das betrifft auch den Lebensmittelhandel und damit den Carlsplatz, und ich denke, das wird jeder verstehen, der sich die Mühe macht zuzuhören.
Was meinen Sie genau?
Zalbertus Meine Frau hat vorige Woche eine persönliche Einkaufs—premiere erlebt. Sie hat bei einer Supermarktkette online eine Großbestellung aufgegeben. Die Waren wurden perfekt verpackt in den dritten Stock und sogar bis in die Küche geliefert. Es gab einen kleinen Preisaufschlag, die Sache war insgesamt perfekt. Wenn ich Carlsplatz-Händler bin, muss ich den Menschen gute Gründe geben, zu mir zu kommen. Das geht nur über Qualität, Dienstleistung und freundliche Ansprache — ich habe ja selbst genug Stress, da will ich nicht noch angemuffelt werden.
Gestern war Montag, die Hälfte der Marktstände war nicht besetzt.
Zalbertus Der Kunde ist König, und er erwartet von einem Wochenmarkt auch Wochenöffnungszeiten. Lücken müssen die Ausnahme sein.
Wie wollen Sie das durchsetzen?
Zalbertus Ich denke, die Händler sollten ein Statut erarbeiten und vereinbaren, das die wesentlichen Werte des Marktes schützt. Als Geschäftsführer kann ich im Interesse aller darauf achten, dass sie auch eingehalten werden. Das ist das Wichtigste für die Marke.
Welche Perspektive sehen Sie?
Zalbertus Mich faszinieren solche Orte. Märkte bedienen das Urbedürfnis des Essens und Trinkens und sind im Zeitalter von Facebook & Co authentische Orte, wo man Menschen in echt begegnet. Das brauchen die Menschen.
UWE-JENS RUHNAU FÜHRTE DAS GESPRÄCH