Vorsitzender der Düsseldorfer FDP-Fraktion "Wir stören Rot-Grün"

Düsseldorf · Manfred Neuenhaus ist Vorsitzender der FDP-Fraktion, die seit 1999 im Bündnis mit der CDU im Düsseldorfer Rathaus regiert. Der Liberale ist stolz auf die Erfolge, warnt jedoch vor Stillstand. Auch die Nachbarstädte sieht er in der Pflicht und bedauert, dass nicht mehr eingemeindet wurden.

 „Es rächt sich jetzt, dass Düsseldorf bei den Eingemeindungen fast leer ausging“, sagt Manfred Neuenhaus (52), Chef der FDP-Ratsfraktion.

„Es rächt sich jetzt, dass Düsseldorf bei den Eingemeindungen fast leer ausging“, sagt Manfred Neuenhaus (52), Chef der FDP-Ratsfraktion.

Foto: Endermann, Andreas

SPD-Fraktionschef Markus Raub hat hier von rentierlichen Schulden gesprochen, CDU-Fraktionschef Friedrich G. Conzen will keine Experimente. Wo stehen Sie mit der FDP?

 Beim Gespräch in der Zentrale der Rheinischen Post (v.l.): Chefredakteur Sven Gösmann, Lokalchef Hans Onkelbach, Redakteurin Denisa Richters und FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus.

Beim Gespräch in der Zentrale der Rheinischen Post (v.l.): Chefredakteur Sven Gösmann, Lokalchef Hans Onkelbach, Redakteurin Denisa Richters und FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus.

Foto: Endermann, Andreas

Neuenhaus Wir lehnen beides ab, denn beides ist falsch. Rentierliche Schulden im rechtlichen Sinne haben wir bereits, nämlich niedrig verzinste Kredite, die mehr kosten würden, wenn wir sie vorzeitig ablösen. Dem steht Barvermögen in gleicher Höhe gegenüber. Das ist die einzige akzeptable Form von Schulden. Es geht aber auch nicht, dass wir einfach so weitermachen wie bisher in Düsseldorf.

Weshalb nicht? Es läuft doch gut.

Neuenhaus Unsere Stadt muss sich ständig neu erfinden und genau wissen, wohin sie will. Denn die rot-grüne Landesregierung hat sich darauf eingeschossen, dass auch eine erfolgreiche schwarz-gelbe Stadtregierung nicht gut sein kann. Es gibt eine Mentalität, diejenigen, die — wie wir — vernünftig wirtschaften, zu bestrafen und anderen Städten Geld zuzuwerfen.

Ist das parteipolitisch motiviert?

Neuenhaus Ja, wir stören. Ins Ruhrgebiet sind Milliarden geflossen, ohne dass sich dort am Arbeitsmarkt etwas geändert hat. In Düsseldorf haben wir hingegen die geringste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren.

Das haben aber nicht Sie gemacht, sondern die Demografie.

Neuenhaus Bei uns ist der demografische Trend anders. Düsseldorf wächst. Wenn Sie eine gute Infrastruktur schaffen, kommen die Menschen gerne. Die Psychologie ist wichtig. Deshalb ärgert es mich, wenn die rot-grüne Opposition im Rat die Stadt ständig schlecht redet. Das behindert die Entwicklung. Als Liberaler will ich einen Rahmen schaffen, der Erfolg möglich macht.

Wie sieht der aus?

Neuenhaus Das ist jetzt keine Arroganz, aber wir wollen, dass Düsseldorf sich weiterhin von anderen Städten abhebt. Dazu gehört die Stadtentwicklung, dazu gehört aber auch die Beitragsfreiheit in Kitas für über Dreijährige. Davon sind Familien, die nach Düsseldorf gezogen sind, begeistert.

Also Abgrenzung zur Region?

Neuenhaus Nein. Für eine Stadt mit 600 000 Einwohnern wäre eine Alleinstellungs-Politik zu kurzsichtig. Wir müssen mit unseren Nachbarn kooperieren. Mir ist daran gelegen, dass es auch Duisburg gut geht.

Nehmen wir das Beispiel Köln. Da tun sich aber doch alle schwer ...

Neuenhaus 1288 muss etwas wirklich schief gelaufen sein (Schlacht von Worringen, Anm. d. Red.).

Ein wichtiges Thema ist bezahlbarer Wohnraum, den es in Düsseldorf immer weniger, in der Region aber reichlich gibt. Hamburg hat ähnliche Probleme und denkt über Eingemeindung nach. Ist das für Düsseldorf denkbar?

Neuenhaus Hamburg als Land kann das relativ leicht machen. Wir sind die einzige Großstadt in NRW, die bei den Eingemeindungen in den 1970ern fast leer ausging. Das rächt sich jetzt.

Aber eigentlich warten viele nur darauf, endlich Düsseldorfer zu sein ...

Neuenhaus Das ist immer an den vielen Fortuna-Flaggen in den Nachbarstädten zu sehen. Und viele aus der Nachbarschaft nutzen unsere Infrastruktur. Meerbusch zum Beispiel hat kein eigenes Krankenhaus mehr. Viele sind aber auch dabei, an der Stadtgrenze zu Düsseldorf Wohngebiete auszuweisen. Ich plädiere für einen freiwilligen Weg. Denn wenn die Nachbarn nicht mitmachen, werden die Wohlhabenden nach Düsseldorf, die anderen nach Erkrath oder Monheim ziehen. Das kann keiner wollen.

Aber OB Elbers hat doch genau das gesagt: Düsseldorf werde nie eine preiswerte Wohnstadt sein, günstiges Wohnen sei jedoch in den Nachbarkommunen möglich.

Neuenhaus Sie bekommen in Düsseldorf nach wie vor eine günstige Wohnung, aber eben nicht in einem bestimmten Radius um die Johanneskirche. Die steigenden Mieten gibt es übrigens vor allem bei Neubauten, nicht im Bestand. Natürlich brauchen wir mehr Sozialwohnungen, aber eben im Bestand der Nachkriegshäuser. Ich möchte, dass die Düsseldorfer, die jetzt hier wohnen, bleiben können, aber auch, dass neue Bürger, die hierher kommen, eine günstige Alternative in den Nachbargemeinden haben.

In Düsseldorf, das hat das überdurchschnittliche Ergebnis der FDP bei der Landtagswahl gezeigt, haben Sie mit Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann eine starke Frontfrau. Sind Sie eine Ein-Frau-Partei?

Neuenhaus Wenn die Menschen in der Stadt Frau Strack-Zimmermann sehen, wissen sie, wer sie ist und wofür sie steht. Politik wirkt so durchschaubarer. Die Menschen wollen ein Gesicht.

Wie gelb ist die schwarz-gelbe Stadtregierung?

Neuenhaus Eine Koalition muss immer gleichberechtigt sein. Es geht dabei nicht um die Posten, sondern darum, wie wir diese Stadt verändern. Ich will vorwärts, und hoffe, dass ich einen starken konservativen Bündnispartner mit festen Positionen habe, die nicht mal grün, mal rot verwässert werden.

Wofür steht die Düsseldorfer FDP?

Neuenhaus Mit uns wird es keine neuen oder höheren Steuern geben. Alles, was privat geht, lasse ich privat machen. Den Rest macht der Staat. Wir haben ja einen Kompass für die Entwicklung Düsseldorfs. Den hatte auch OB Erwin und der ist bei OB Elbers vorhanden.

Machen Sie es sich als Klientel-Partei mit solchen Botschaften zu leicht?

Neuenhaus Nein, nur deshalb ist die Stadt seit 13 Jahren so erfolgreich. Die CDU ist eine konservative Volkspartei. Das bleibt sie nur, solange sie bei dieser Linie bleibt. Die Rolle der FDP ist, in diesem Bündnis für Verlässlichkeit zu sorgen. Dazu gehört, in der Krise nicht sofort die Steuern zu erhöhen. Denn das führt nur zu Mindereinnahmen. Gleiches gilt für Privat vor Staat, wie das Beispiel Gerresheimer Krankenhaus zeigt. Wir haben dort teilprivatisiert und jetzt ein nagelneues Krankenhaus. Das ist sanfter Liberalismus.

Und das Soziale?

Neuenhaus Der soziale Friede in dieser Stadt ist uns extrem wichtig. Wir geben jährlich rund 800 Millionen Euro für soziale Leistungen aus, davon sind etwa 100 Millionen Euro für freiwillige Leistungen, etwa für Sport- und Kinderförderung.

Im Haushalt werden wohl 100 Millionen Euro Steuereinnahmen fehlen. Womit müssen die Bürger rechnen?

Neuenhaus Die Stadtverwaltung wird Ende September im Haushaltsplan einen Spar-Vorschlag vorlegen. Den werden wir diskutieren.

Haben Sie konkrete Ideen?

Neuenhaus Wir werden die Errungenschaften, die wir haben, nicht zurückdrehen. Wir werden keine Steuern erhöhen, die Stadtwerke nicht zurückkaufen und nicht bei den Sozialleistungen kürzen.

Sie sagen nur, was Sie nicht machen. Wo wollen Sie denn sparen?

Neuenhaus Wir werden uns erst zu den Vorschlägen der Verwaltung positionieren. Ich werde nicht jetzt eine öffentliche Diskussion führen, sonst entsteht womöglich ein dramatischeres Bild der Situation, als sie wirklich ist. 100 Millionen sind kein Grund, in Panik auszubrechen. Ich sehe es als Chance, alles zu überprüfen, ob wir es noch brauchen und wollen. Das gilt für die Kultur genauso wie für die Verschlankung der Stadtverwaltung. In guten Zeiten haben wir eine Fettkruste angesetzt, an die will ich ran.

2014 ist OB-Wahl. Wird die FDP eine eigene Kandidatur haben?

Neuenhaus Das entscheidet die Partei. Natürlich ist auch eine OB-Kandidatur von Frau Strack-Zimmermann möglich.

Das Interview führten Sven Gösmann, Hans Onkelbach und Denisa Richters.

(RP/ila)
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