Rotlichtskandal in Düsseldorf Wollersheim: "Papi hat damit nichts zu tun"

Düsseldorf · Das Landgericht hat den Haftbefehl gegen den Rotlichtkönig von der Rethelstraße aufgehoben. Es sei nicht ausreichend bewiesen, dass er von dem "System strafbarer Handlungen" in seinen Betrieben wusste. Die Staatsanwaltschaft will Beschwerde gegen den Beschluss einlegen.

Bert Wollersheims Heimkehr aus der Haft
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Foto: Hüskes, Achim

Kurz nach 16 Uhr fallen sich vor der neuen Düsseldorfer Vollzugsanstalt Deutschlands prominentester Bordellwirt und seine Frau in die Arme. Der 61-jährige Bert Wollersheim, der das Leben mit seiner 37 Jahre jüngere Sophia Vegas in verschiedenen TV-Sendungen dokumentieren ließ, gab sich zunächst ungewohnt wortkarg, stieg in das gelbe Cabriolet und ließ sich von der Gemahlin vom Hof chauffieren.

Daheim in Willich dann plauderte der sichtlich angeschlagene Rotlicht-König außer Dienst so munter über seine spektakuläre Verhaftung Anfang Juli ("Ich habe ein reines Gewissen") und den Imageschaden, den seine Bordellbetriebe erlitten haben ("Mein Geschäft lebt von Vertrauen, es wird schwer sein, das zu reparieren"), dass seine Frau ihn stoppen musste: "Keine Aussagen zum Verfahren."

Denn Geschäftspartner Thomas M., gelernter Altstadt-Türsteher und seit einigen Jahren gleichberechtigter Teilhaber an Wollersheims Rethelstraßen-Clubs, sitzt noch immer in Untersuchungshaft, ebenso die Geschäftsführerin Inka S. und fünf weitere Mitarbeiter und Kollegen. Ihnen wird vorgeworfen, systematisch Freier in diesen Bordellen mit Alkohol und Drogen außer Gefecht gesetzt und dann ausgeplündert zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Netzwerk von mindestens 80 Beteiligten aus, ermittelt gegen insgesamt rund 100 Beschuldigte und hat bei einer Großrazzia kistenweise Beweismaterial sichergestellt. Seit Bekanntwerden der Verhaftungen hatten sich noch mehr als 35 mutmaßliche Opfer gemeldet.

Die 20. Strafkammer am Landgericht sieht zwar durchaus "dringende Gründe für die Annahme", dass es ein "System strafbarer Handlungen" in den Bordellen gegeben habe. Doch dass Wollersheim an Planung und Ausführung "oder sonst strafrechtlich relevant" beteiligt war, sei nicht mit dem "notwendigen Verdachtsgrad" nachgewiesen, heißt es im Beschluss. Oder, wie es Bert Wollersheim seinem zehnjährigen Sohn übersetzen will: "In der Branche gibt es böse Jungs, die Unfug machen, aber der Papi hat damit nichts zu tun."

Die Staatsanwaltschaft ist "weiterhin vom Vorliegen des dringenden Tatverdachts auch bezüglich dieses Beschuldigten überzeugt" und legte noch gestern Beschwerde gegen die Entscheidung beim Oberlandesgericht ein.

Bis die nächste Instanz entscheidet, kann Wollersheim das Familienleben auf seinem Willicher Bauernhof genießen. Das frühe Aufstehen im Gefängnis ist erst einmal vorbei, auch das "Kantinenessen", das ihm nicht sonderlich behagte. Zu seinen Mitgefangenen habe er wenig Kontakt gehabt, doch alle kannten ihn, und "die haben mich sehr verwöhnt, liehen mir einen Wasserkocher und solche Dinge".

Ein Vollzugsbeamter habe ihn als "vorbildlichen" Häftling gelobt, erzählte der Bordellchef stolz. Arbeit in der JVA aber habe er abgelehnt, "Knastis bedienen", das sei nichts für ihn. Stattdessen habe er sich "um meinen Körper gekümmert", Yogabücher gelesen, Kalorien gezählt. Wohl auch deshalb war gleich für gestern Abend ein Besuch im Steak-Haus geplant. Ganz in sein altes Leben zurückkehren wird Wollersheim jedoch nicht können: Die Stadt hat seine Bordelle geschlossen. "Darum kümmern sich die Anwälte", sagte Wollersheim gestern. Er fühle sich bei aller Freude über die Freiheit lustlos: "Auch wenn es nur ein Bordell ist — es war mein Lebenswerk."

Wollersheims Verteidiger Carsten Rubarth sieht mit dem Gerichtsbeschluss seine Argumentation bestätigt. "Jetzt werden wir sehen, wie es mit diesem Verfahren weitergeht."

(RP/top/ila/csi/das)
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