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Heerdt Heerdt liegt nicht in Oberkassel

Heerdt · In Heerdt gab es einst viel Industrie, lebten die Arbeiter, in Oberkassel dagegen das Großbürgertum. Das stimmt heute zwar so nicht mehr, aber einige Heerdter befürchten, dass ihr Stadtteil für Investoren nicht attraktiv genug ist. Darüber sprach RP-Mitarbeiterin Heide-Ines Willner mit Jürgen Ritzmann vom Vorstand des Heerdter Bürgervereins.

 Jürgen Ritzmann vor einem Gemälde, das die ehemalige Heerdter Mühle zeigt. Der Bürgerverein plant, mit einem Gedenkstein an sie zu erinnern.

Jürgen Ritzmann vor einem Gemälde, das die ehemalige Heerdter Mühle zeigt. Der Bürgerverein plant, mit einem Gedenkstein an sie zu erinnern.

Foto: Busskamp

Sie befürchten, dass Oberkassel Heerdt den Rang abläuft. Warum?

Ritzmann Das fing mit dem "Forum Oberkassel" (Kino) an, das am Ende der Hansaallee auf dem ehemaligen Schiessgelände entstand. Es wird Oberkassel zugeordnet, obwohl es weit von Oberkassel weg auf Heerdter Gebiet liegt. Das hat damals für viel Wirbel gesorgt, weil die Heerdter das nicht akzeptierten. Aktuell stört uns, dass der Investor der "Heine-Gärten" an der Hansaallee das künftige Stadtquartier als "Neu Oberkassel" bezeichnet. Er soll sogar bei der Stadt nach einer besseren Adresse für sein Bauvorhaben nachgefragt haben.

Gibt es noch mehr Beispiele für eine Diskriminierung Heerdts?

Ritzmann Sicher, denn auch im Zuge des Gutachterverfahrens für die Bebauung auf den ehemaligen Grundstücken des Dominikus-Krankenhauses denkt der Investor über eine neue Adresse nach. Wir haben erfahren, dass er darum gebeten hat, das städtebauliche Konzept so zu verändern, damit beispielsweise das künftige Ärztehaus eine sogenannte bessere Adresse bekommt. Zuerst werden Objekte geplant und anschließend um eine Ortsumbenennung gebeten.

Dann gab es auch noch zwei Morde.

Ritzmann Ja, eine Person wurde an der Pariser Straße und eine im Greifweg getötet, also in Oberkassel. Doch wurden die Tatorte von den Medien Heerdt zugeordnet.

Die Investoren sind also auf Oberkassel fixiert, um ihre Immobilie besser zu vermarkten. Gehört Vodafone auch dazu?

Ritzmann Nein, Vodafone ist sehr kooperativ. Das Mobilfunkunternehmen hat für seinen Campus eindeutig den Standort Heerdt gewählt und steht auch dazu.

Wie verlaufen denn die Grenzen zwischen Heerdt und Oberkassel?

Ritzmann Das ist teilweise kurios, aber die Gemarkungsgrenzen liegen nun einmal fest. Die Grenze liegt auf der Straße Am Heerdter Krankenhaus und geht weiter über Pariser Straße bis zur Brücke (Überführung der Brüsseler Straße). Die Flächen des Sportvereins CfR links und der Spielplatz Rheinpark gehören noch zu Oberkassel, ebenso der Simon-Gatzweiler-Platz, was viele nicht wissen. Auch liegt das Heerdter Dreieck in Oberkassel. Während der Campus Vodafone auf Heerdter Gebiet liegt, befindet sich das Parkhaus dazu in Oberkassel. Die Grenze läuft von der Brücke rechts die Brüsseler Straße entlang im Bogen bis zur Hansaallee und weiter bis zu den Böhlerwerken.

Das ist aber kompliziert. Können Sie sich vorstellen, dass die Grenze ganz verschwindet?

Ritzmann Ein schöner Gedanke angesichts der Globalisierung. Die Grenzen liegen aber fest und sollten nicht verändert werden. Man könnte aber bei Berichten den allgemeinen Ausdruck "Linksrheinisch" verwenden.

Wissen Sie, was die Niederkasseler und Löricker darüber denken?

Ritzmann Die Unterschiede, was die Bevölkerungs- und Gewerbestruktur betrifft, sind bei diesen beiden Stadtteilen zu Oberkassel nicht so groß. Deshalb gibt es zwischen diesen Stadtteilen weniger Reibungspunkte.

Was kann man tun, damit alle Stadtteilbewohner miteinander zurechtzukommen?

Ritzmann Das ist nicht so einfach zu beantworten. Jeder kocht sozusagen sein eigenes Süppchen. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, eine gemeinsame linksrheinische Kirmes zu feiern. Das heißt, jeder Stadtteil feiert sein eigenes Schützenfest, aber einmal im Jahr gemeinsam eine Kirmes an einem zentralen Ort. Das könnte auf den Rheinwiesen sein. Dort, wo auch die Oberkasseler Schützen feiern. Auch der Simon-Gatzweiler-Platz könnte sich eignen. Doch muss man erst abwarten, was von ihm nach dem Umbau des Heerdter Dreiecks noch übrig ist.

Sie sind gebürtiger Heerdter und seit 14 Jahren Schatzmeister des Bürgervereins. Sie haben die Entwicklung des Stadtteils verfolgen können. Den einstigen Industriestandort gibt es nicht mehr. Was hat sich geändert?

Ritzmann Leider sind wir das einfache oder negative Image eines Industriestandorts noch nicht los geworden. Doch ist die Bevölkerung heute gut durchmischt. Mode, Kunst (Wiesenstraße) und auch Kleingewerbe bestimmen den Standort. Punkten können die Heerdter auch mit ihrer Rheinallee und den schönen Häusern dort mit Blick auf den Fluss.

(RP)
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