Hilden 3000 Ballons halten Rathaussturm auf

Hilden · Hunderte Jecke wollten pünktlich um 11.11 Uhr die Macht übernehmen. Daraus wurde nichts. Zum einen war der Eingang zum Bürgerhaus verbarrikadiert. Zum anderen wartete drinnen eine Überraschung.

Rathaussturm in Hilden: Start in den Straßenkarneval
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An guten Sprüchen hat es am Donnerstag vor dem Bürgerhaus nicht gemangelt. Ruft der Bürgermeister vom Balkon: "Ihr kommt hier heute nicht rein!", und ein Jeck antwortet aus der Menge: "Sonst doch auch nicht!" Jubel in der Menge. Und als die Prinzessin, die sich eingeschmuggelt hatte, plötzlich neben ihm auf dem Balkon steht und den Schlüssel herunter werfen will Richtung Prinz, witzelt ein anderer laut: "Lass dein Haar herunter." Dreimal Helau von den Möhnen.

So mühselig mussten Prinz Daniel I. und sein Gefolge das (ehemalige) Rathaus dann zwar doch nicht erklettern — aber es hat dennoch ein Weilchen gedauert, bis der Weg für die Narren frei war. Zunächst war eine sehr stabile hölzerne Barrikade im Weg. Zwar brachte ein Transporter einen Gardisten mit einer Motorsäge vor die Tür, allerdings machte die Säge schon nach wenigen Zentimetern im Holz schlapp. Die Jecken griffen also zu und brachten mit behandschuhten Händen die Sperre zu Fall. Dann segelte der Türschlüssel aus den Händen Ihrer Lieblichkeit nach unten — hinein ging es aber immer noch nicht. Denn als die Tür aufsprang, war der jecken Schar klar, was der Bürgermeister mit seinen mahnenden Worten an den Prinzen gemeint hatte, als er sagte: "Mögest du mutig sein und dich einfach hinein stürzen." Das klappte nicht. Weil das ganze Treppenhaus voller bunter Ballons war, die den Narren entgegenpurzelten. Sofort ging die Parole um: raus damit! Eine Abordnung schob immer mehr Ballons hinaus, wo sie in die Luft katapultiert wurden, zerplatzten und zertreten wurden, laut wie ein Feuerwerk. Was wiederum zu Sprüchen führte von "Frohes neues Jahr!" bis hin zu "Hilden ist morgen taub" und "Ej, nicht kaputt machen — die sollen wiederverwertet werden."

Im Ratssaal, vorbei am Spalier der Ehrentanzgarde der Großen Hildener KG, dann endlich die Gelegenheit, sich die Kostüme und ihre Träger näher anzuschauen. Beliebt sind auf jeden Fall die Gruppenverkleidungen, Freunde zeigen, dass sie zusammengehören und gehen als Hexen- oder Bienenvolk.

Apropos Hexen: Die jüngste Jecke war Sofie, elf Wochen alt und als kleine Hexe verkleidet — während Mutter Jasmin die große Hexe gab. "Sie ist eine echte kleine Hildenerin", erzählt die Mutter, "wir selbst sind ja noch aus Düsseldorf zugezogen." Dort sei die Altweiberparty etwas zu heftig, um ihre kleine Tochter mitzunehmen, "aber hier in Hilden ist es ja schön familiär." Eine andere Gruppe zeigte sich erleichtert, dass Prinzessin Sabine I. doch nicht mehr krank war, wie es der Prinz erst erzählt hatte, um den Bürgermeister zu foppen. Tatsächlich war sie in den vergangenen Tagen nämlich malad gewesen, hatte an einer Rippenfellentzündung laboriert und damit die Karnevalisten in echte Sorge versetzt: Straßenkarneval ohne komplettes Prinzenpaar? Undenkbar. Vor allem aber auch deswegen nicht, weil die beiden Rosenmontag heiraten wollen. Bisher also alle aufrecht — auch die Kinderprinzen Tobias und Lena, deren Mütter unauffällig und einheitlich als Möhnen unter dem Volk waren.

Die Verwaltungsspitze kam dagagen uneinheitlich daher. Bürgermeister Horst Thiele geht als Regent aus der Barockzeit, einige Dezernenten zeigten sich als traditionelle Rathauspfeifen, während Schuldezernent Reinhard Gatzke kaum mehr zu erkennen war: Er hatte sich mit Perücke und großer Brille à la Boney M "in meine Jugend zurückversetzt", wie er erzählte.

(RP/ac)
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