Hilden Projekt gegen Gewalt

Düsseldorf · Jedes dritte Kind wird in der Schule das Opfer verbaler Gewalt. Die Kinder geraten schneller außer sich vor Wut. Nun nehmen erstmalig alle Hildener Grundschulen an dem Projekt "Faustlos" teil, um die Entwicklung zu stoppen.

Als der groß gewachsene Sechsjährige einem Mitschüler ein Knie ins Kreuz rammt, stellt Lehrerin Ursula Röder ihn zur Rede. Noch jetzt schluckt die Lehrerin der Adolf-Kolping-Schule, wenn sie sich an seine Antwort auf ihre Frage, was denn passiert sei, erinnert: "Wenn ich Aggressionen verspüre, muss ich sie eben ausleben. Das erklärte mir der Junge aus gutem Haus und konnte noch haargenau beschreiben, wie Wut in ihm aufsteigt."

Für Röder ist dieser Vorfall symptomatisch. "Ich bin 18 Jahre im Schuldienst. Die Kinder gehen heute einfach schneller hoch. Aus dem Puffen ist ein Schlagen geworden." Deswegen beteiligt sie sich an dem Projekt "Faustlos", das die soziale Kompetenz von Grundschülern und Kindergartenkindern stärken soll. Erstmalig sind jetzt alle zehn Hildener Grundschulen beteiligt, nachdem im Schuljahr 2007/2008 sechs den Anfang gemacht haben. Auch die Zahl der beteiligten Kitas hat sich von fünf auf zehn erhöht.

Hilfe für Helfer

"Natürlich gehört für uns Pädagogen Deeskalation und die Förderung der sozialen Fähigkeiten von jeher zu den Kernaufgaben, aber die eintägige Fortbildung und der Lehrmittelsatz eröffnen noch einmal einen neuen, schnellen Zugang", erklärt Ursula Röder. Dies bestätigt auch Erzieherin Barbara Päth aus der Kita Rehkids. "Schon unsere Dreijährigen können schnell Kernsätze wiederholen, die sie von den Faustlos-Handpuppen lernen. Die besonnene Schnecke und der liebe, aber sozial nicht kompetente Hund Willi erzählen Geschichten über Gewalt."

Sowohl die Puppen-Charaktere als auch die Geschichten haben Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg nach dem amerikanischen Vorbild "Second Step" entwickelt. Mitarbeiter des Heidelberger Präventionszentrums trainieren auch die Lehrer und Erzieher in Hilden, wie eine ganze Gruppe Gewalt thematisiert, ohne Täter- und Opferkinder in ihren Rollen zu festigen.

Jedes dritte Kind wird Opfer

"Bei uns wird jedes dritte Kind in der Schule Opfer von verbaler Gewalt. Deswegen bin ich froh, dass nun alle Grundschulen dabei sind", erklärt Sozialdezernent Reinhard Gatzke. "Der Ton unter Kindern ist sehr rau geworden. Wir dürfen ihn nicht noch rauer werden lassen."

(RP)
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