Langenfeld Skandal nährt Bio-Umsatz

Düsseldorf · Nach der Verunreinigung von Lebensmitteln durch dioxinverseuchtes Tierfutter verzeichnen heimische Bio-Händler mehr Kundschaft. Die Mehrheit bezweifelt aber, dass dieser Trend von langer Dauer sein wird.

An den Haken hinter der Theke hängen hausgemachte Würstchen. In der Auslage Salami, Schinken, Koteletts und Hähnchenschenkeln. Die an der Bogenstraße in Immigrath ansässige Bio-Metzgerei von Peter Gladbach sieht auf den ersten Blick aus, wie ein normales Fachgeschäft für Fleischwaren. Doch etwas ist anders: In der Ecke steht ein kleines Pult, auf dem ein Ordner mit allen Namen der Landwirte liegt, die den Laden beliefern – inklusive Anschrift, Telefonnummer und Lichtbild. Ein Maß an Transparenz, das Verbraucherschützer bereits seit Jahren für Lebensmittel fordern.

Garantien und Zertifikate

Der jüngste Skandal um dioxinbelastete Eier durch Industriefette im Tierfutter verunsichert die Kunden. Da kommen Bio-Siegel, Garantien und Zertifikate wie etwa das vom "Thönes-Natur-Verbund" in der Metzgerei Gladbach gerade recht. "Im Moment verzeichnen wir einen deutlichen Anstieg der Kundenzahlen", sagt der Metzgermeister. "Die Leute wollen wissen, wo genau ihre Nahrungsmittel herkommen. Leider zeigt die Erfahrung, dass dieser Effekt nicht nachhaltig ist. In ein paar Wochen gehen die meisten wieder im Supermarkt einkaufen."

Ob Geflügelpest, Rinderwahn oder "Gammelfleisch" – Lebensmittelskandale führen nach allgemeiner Erfahrung nur bei einer Minderheit zu langfristigen Verhaltensänderungen. Dies liegt vor allem an den Kosten von "Bio". Artgerechte Haltung, Transport der Tiere in kleinen Gruppen, langsames Wachstum, Verzicht auf Antibiotika und hochwertige Futtermittel bedeuten höheren Aufwand und höhere Preise. Laut Gladbach kostet die Bio-Ware 50 bis 150 Prozent mehr als konventionelle Produkte.

"Man darf dabei aber nicht vergessen, dass die Lebensmittel auch eine wesentlich höhere Qualität als die Billigangebote haben", unterstreicht Sven Lucht. Der 35-Jährige betreibt einen Bio-Laden an der Solinger Straße. Auch er verzeichnet höhere Kundenzahlen. "Es mag bei uns zwar etwas teurer sein, aber dafür sind die Produkte nahrhafter. Zudem muss nicht jeden Tag Fleisch auf den Tellern landen", wirbt er für "Bio".

Josef Aschenbroich, der Eier an Peter Gladbach liefert, stellt ebenfalls eine steigende Nachfrage seitens der Kunden fest. Sein Pfund, mit dem er wuchert, ist nicht "Bio", sondern Transparenz: "Meine Kunden wissen, wer die Eier produziert", sagt der Landwirt, der auf seinem an der Kronprinzstraße gelegenen Hof rund 15 000 Legehennen hält.

"Günstig allein reicht nicht"

Der "Real"-Markt an der Rheindorfer Straße verzeichnet am Tag tausende Kunden. Neben der riesigen Fleisch- und Wursttheke bietet der Supermarkt bis zu 80 000 unterschiedliche Produkte an. "In den vergangenen Wochen konnten wir beobachten, dass Kunden etwas stärker als sonst auf Bio-Eier zurückgreifen", berichtet Real-Sprecher Albrecht von Truchseß. Qualität muss seiner Ansicht nach aber nicht unbedingt teurer sein: "Unabhängige Kontrollen und Testberichte zeigen, dass Qualität und Geschmack auch bei günstigen Lebensmitteln stimmen. Das macht aus wirtschaftlicher Sicht auch Sinn. Denn allein mit günstigen Preisen wird man am Markt nicht bestehen können."

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(RP)
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