Langenfeld Weniger Häuser unter dem Hammer

Langenfeld · Die Zahl der Zwangsversteigerungen ging zuletzt zurück, doch gehen im Amtsgericht zunehmend neue Immobilien ein. .

 Rechtspflegerin Claudia Westerhuis ist im Amtsgericht Langenfeld für Zwangsversteigerungen zuständig.

Rechtspflegerin Claudia Westerhuis ist im Amtsgericht Langenfeld für Zwangsversteigerungen zuständig.

Foto: RALPH MATZERATH

Ein Baumberger Dreifamilienhaus ist morgen günstig zu erwerben. Das am Birkenweg gelegene Gebäude wird im Langenfelder Amtsgericht zwangsversteigert, sein Verkehrswert ist auf 275 000 Euro festgesetzt. Es ist zu vermuten, dass Saal 63 um 11 Uhr mit Interessenten gut gefüllt sein wird. Denn Kaufgelegenheiten dieser Art waren zuletzt rückläufig. Das geht aus der Bilanz der Argetra GmbH aus Ratingen hervor, die zweimal im Jahr die Zahl der Zwangsversteigerungen an deutschen Amtsgerichten veröffentlicht. Bundesweit seien in der ersten Jahreshälfte 23 474 Immobilien unter den Hammer gekommen, sagt Argetra-Geschäftsführer Axel Mohr. Das seien rund 10 000 Versteigerungstermine weniger als im ersten Halbjahr 2012.

Langenfeld: Weniger Häuser unter dem Hammer
Foto: Blazy, Achim (abz)

Auch im Kreis Mettmann sind die Zahlen rückläufig. An den vier Amtsgerichten wurden fast 40 Prozent weniger Termine anberaumt (113 zu 183 im Vorjahreszeitraum). In Langenfeld waren 32 Termine angesetzt (-42,86 Prozent), in Mettmann 25 (-37,5 Prozent), in Ratingen 10 (+150 Prozent) und in Velbert 46 (-44,58 Prozent). Mohr: "Den Rückgang führen wir auf die Finanzmarktkrise und die damit verbundene hohe Nachfrage zurück." So sei es Eigentümern besser als in den Jahren zuvor gelungen, die Zwangsversteigerung ihrer Objekte durch freihändigen Verkauf abzuwenden. "Außerdem ermöglichte das niedrige Zinsniveau einigen, ihr Eigentum durch Umfinanzierungen zu behalten."

Im Amtsgericht Langenfeld, das auch für Monheim und Hilden zuständig ist, begründet Rechtspflegerin Claudia Westerhuis den Rückgang mit den längeren Zeiträumen zwischen Ansetzung und Termin der Zwangsversteigerung . Vor allem wegen personeller Engpässe sei diese Zeitspanne von zuvor drei auf zurzeit sechs Monate angewachsen. "Und deswegen hat sich in der ersten Jahreshälfte die 2012 wirklich starke Abnahme an neu bei uns zur Versteigerung eingegangen Immobilien ausgewirkt." Die Zahl dieser Neueingänge dürfte nach Angaben von Westerhuis die des Vorjahres indes deutlich übertreffen. "2012 waren es 148, jetzt sind wir nach gut sieben Monaten schon bei 112."

Überwiegend Wohnhäuser kommen bei ihr unter den Hammer, sagt Westerhuis. "Welches menschliche Schicksal dahinter steckt, ob etwa jemand seinen Arbeitsplatz verloren hat und das Darlehen nicht mehr abbezahlen kann, erfahren wir nicht." Zunehmend veranlassten auch Eigentümergemeinschaften wegen rückständiger Hausgelder die Zwangsversteigerung einzelner Wohnungen.

Und wer erwirbt bei solch einem Termin im Langenfelder Gerichtsgebäude eine Immobilie? "Das sind ganz unterschiedliche Personenkreise. An gut vermieteten Objekten sind Kapitalanleger interessiert, auf Einfamilienhäuser haben es häufig Eigennutzer angesehen. Eher selten kommen zu uns professionelle Spekulanten, die ein Schnäppchen erwerben und danach lukrativ weiterverkaufen möchten."

Zu den von Westerhuis festgesetzten Terminen werden Schuldner, Bankvertreter und alle, die Ansprüche geltend machen können, schriftlich eingeladen. Potenzielle Käufer oder sonstige Interessierte können ohne Anmeldung im Gerichtssaal erscheinen. Nach dem Aufruf der Immobilie beträgt die Bieterzeit mindestens 30 Minuten. "Das ist gesetzlich vorgeschrieben und darf nicht unterschritten werden", erläutert die Rechtspflegerin. Verlängert werden könne die Bieterzeit indes schon. "Ich hatte schon mal ein offensichtlich sehr begehrtes Objekt, bei dem es zwei Stunden dauerte." Immobilien, die innerhalb der 30 Minuten keinen Abnehmer finden, bleiben im Topf und werden zu einem späteren Zeitpunkt erneut versteigert.

Bei der bundesweiten Auswertung strich Argetra-Geschäftsführer Mohr heraus, dass die amtlich festgesetzten Verkehrswerte im ersten Halbjahr mit insgesamt 3,6 Milliarden Euro um 1,5 Milliarden unter dem Vorjahreszeitraum gelegen habe. Dabei sei zu bedenken, "dass diese vielfach in den Jahren 2008 bis 2010 festgelegt wurden. Die Schätzungen fielen damals aufgrund der Finanzmarktkrise sehr vorsichtig aus." Die Immobilien erlauben nach seiner Ansicht also voraussichtlich günstige Investments.

Aufgrund der aktuellen Marktlage kommt es aber auch vor, dass Anleger bereit sind, höhere Preise als die seinerzeit festgesetzten Marktwerte zu bieten. Dabei machten sie dann nach Mohrs Erkenntnis oft immer noch ein Schnäppchen. "Zurzeit beobachten wir anhand des Quadratmeterpreises, dass in gleichen Regionen nun deutlich höhere Verkehrswerte veranschlagt als noch vor drei bis fünf Jahren", sagt Mohr. "Dennoch gehen die Objekte zu den damals geschätzten Preisen in die Versteigerungen hinein – und die liegen mitunter rund 30 Prozent unter den aktuellen Bewertungen."

Eine verstärkte Nachfrage beobachtet Argetra auf dem Wohnungsmarkt für Studenten. "Der doppelte Abiturjahrgang sorgt auch hier für eine hohe Nachfrage und damit auch bei Anlegern oder Eltern, die entsprechend kleine Wohnungen für ihren Nachwuchs kaufen wollen. Wir haben darauf mit einer neuen Sonderausgabe Studentenwohnungen in Uni- und Fachhochschul-Städten reagiert."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort