Meerbusch Ärger über doppelte Ausnahme

Meerbusch · Ein Mehrfamilienhaus auf dem ehemaligen Sportplatz Kanzlei wird höher als geplant. Der Stadt erklärt das mit einem Rechenfehler des Investors. Nachbarn protestieren. Die Verwaltung gibt die Kritik nicht an die Politik weiter.

 Thomas Görgemanns, Rita Henning (Mitte) und Anne Ewalts vor dem Rohbau an der Kanzlei. Die Nachbarn kritisieren Höhe und Ausdehnung des Sattelgeschosses – und die Genehmigungspraxis der Verwaltung.

Thomas Görgemanns, Rita Henning (Mitte) und Anne Ewalts vor dem Rohbau an der Kanzlei. Die Nachbarn kritisieren Höhe und Ausdehnung des Sattelgeschosses – und die Genehmigungspraxis der Verwaltung.

Foto: Ulli Dackweiler

Ein Neubau auf dem ehemaligen Kanzlei-Sportplatz sorgt für Ärger. Er wird höher als nach den Planungsunterlagen zu erwarten war. Dass es dagegen Proteste von Nachbarn gibt und ein Ortstermin der Stadt mit Anwohnern stattgefunden hat, ließ die Verwaltung bei der Sitzung des Planungsausschusses unerwähnt. Die Politiker erteilten dem Investor eine Befreiung. Es ist bereits die zweite Ausnahmegenehmigung in der Sache.

Laut Gestaltungplan ist an der Stelle ein Mehrfamilienhaus mit zwei bis drei Vollgeschossen zulässig. Heißt: Traufhöhe bis neun Meter, Firsthöhe bis zwölf Meter. Die Politik hatte zur Bebauung des ehemaligen Sportplatzes im Jahr 2008 einen Investorenwettbewerb veranstaltet. Der Gewinner-Plan sieht auf der oberen Etage statt eines Satteldachs ein Staffelgeschoss mit begrüntem Flachdach vor. So lässt sich deutlich mehr Wohnfläche gewinnen — für den Investor lukrativ.

Dieses Dach sollte mit 12,50 Meter etwa 50 Zentimeter höher ausfallen als nach Plan zulässig war. Dafür erteilte die Politik im März 2011 die Genehmigung. Doch auch mit dieser Höhe kam der Investor nicht aus. Mittlerweile soll das Gebäude 12,67 Meter hoch werden. Stadtplaner Ulrich Hüchtebroch nannte als Grund, dass dem Investor ein Fehler bei der Berechnung der Dicke des geplanten Gründachs unterlaufen sei.

Anwohner waren angesichts des B-Plans davon ausgegangen, dass der Bau deutlich kleiner ausfällt: "Wer kann bei solch einer Vorgabe damit rechnen, dass er statt auf eine neun Meter hohe Wand auf eine 12,67 Meter hohe Wand sieht? Warum wird überhaupt ein Bebauungsplan erstellt, wenn später zugunsten der Investoren davon abgewichen wird?", kritisiert Nachbarin Anne Ewalts.

Ihr Problem: "Wir haben ein Passivhaus gebaut und sind gerade bei tief stehender Sonne in Herbst und Frühjahr auf die Sonnenenergie angewiesen. Durch die Gebäudeform wird es vermutlich zu einer größeren Verschattung unseres Grundstücks kommen". Auch fürchten Anwohner durch Schallreflexionen stärker vom Fluglärm betroffen zu werden. Rita Henning unterstreicht, dass die Verwaltung Anfragen von Nachbarn nach 20 Zentimeter höheren Dächern und aufrechten Sonnenkollektoren abgelehnt habe.

Aber dem Investor komme man gleich doppelt entgegen. Nachbar Thomas Görgemanns: "Der durch die Befreiungen vom B-Plan vertragswidrig ermöglichte Bauklotz mindert den Wert der Gebäude der Nachbarn erheblich. Diese prüfen derzeit gerichtliche Schritte und die Höhe des Schadens".

Die Verwaltung teilt die Bedenken der Nachbarn nicht und schreibt: "Die Beeinträchtigungen (...) bleiben weit vom Unzumutbaren entfernt, auch wenn dies teilweise subjektiv anders betrachtet wird."

(RP/rl)
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