Interview "Der Bundestag muss den Konverter-Suchraum konkretisieren"

Meerbusch · Amprion-Sprecher Marian Rappl über den Radius für einen alternativen Standort — und den Bau neuer Stromtrassen in Osterath.

 "Für eine Anbindung des geplanten Konverters via Erdkabel fehlt die gesetzliche Grundlage", sagt Amprion-Sprecher Marian Rappl.

"Für eine Anbindung des geplanten Konverters via Erdkabel fehlt die gesetzliche Grundlage", sagt Amprion-Sprecher Marian Rappl.

Foto: Amprion

Nächste Woche beschäftigt sich der Deutsche Bundestag mit dem Netzausbau. Dabei wird es auch um den geplanten Doppel-Konverter gehen. Hält Amprion Osterath nach wie vor für alternativlos?

Rappl Osterath ist der technisch am besten geeignete Netzverknüpfungspunkt. Das sagt aber noch nichts über den konkreten Standort des Konverters. Der muss nicht zwangsläufig in Osterath liegen.

Noch einmal: Ist der Netzverknüpfungspunkt Osterath für Amprion alternativlos?

Rappl Noch einmal: Osterath ist der technisch am besten geeignete Netzverknüpfungspunkt.

Dabei hat Amprion selbst mehrere Standorte in der Umgebung untersucht — und nur Osterath blieb übrig. Können Sie nachvollziehen, dass die Osterather sich nun sorgen, dass bei der vorgeschriebenen Alternativenprüfung doch wieder nur Osterath herauskommt?

Rappl Wir waren anfangs fokussiert auf technische Aspekte. Das liegt in der Logik des Netzentwicklungsplanprozesses. Wenn der Bundestag das Projekt Osterath—Philippsburg beschließt, werden bei der Alternativenprüfung des genauen Konverter-Standortes auch weitere Aspekte eine zentrale Rolle spielen: das Schutzgut Mensch, Natur-, Gewässer- und Artenschutz etc. All das muss berücksichtigt werden, um den am besten geeigneten Standort für den Konverter zu finden.

Im aktuellen Gesetzentwurf sind Sie verpflichtet, in einem Umkreis von zehn Kilometern oder darüber hinaus nach Alternativen zu suchen. In welchem Umkreis genau wird Amprion denn nun nach alternativen Konverter-Standorten suchen?

Rappl Es liegt in der Natur der Sache, dass in einem größeren Suchraum auch mehr Alternativen gefunden werden können. Hier sollte der Gesetzgeber eine Klarstellung herbeiführen, wie groß dieser Suchraum sein soll.

Sie stehen ja auch unter Zeitdruck: 2019 wird das Atomkraftwerk Philippsburg abgeschaltet. Um eine nahtlose Versorgung zu gewährleisten, muss die Stromautobahn von Osterath nach Philippsburg bis 2017 stehen — und auch der Konverter funktionieren...

Rappl Ein Zeitverzug darf nicht eintreten. Dafür ist diese Leitung zu wichtig. Die HGÜ-Leitung ist von zentraler Bedeutung für die Versorgungssicherheit in Süddeutschland. Und zudem schließt der Konverter als eine Art Steckdose NRW an diese Ökostromautobahn an.

Brauchen Sie nicht eher den Konverter, um den vom Amprion-Mitinhaber RWE produzierten Braunkohlestrom nach Baden-Württemberg zu bringen? Schließlich wird der nördliche Teil der Stromautobahn, der den aus Windkraft erzeugten Strom liefern soll, erst einige Jahre nach dem Aus für das Atomkraftwerk Philippsburg fertig.

Rappl Nein, da muss ich ausdrücklich widersprechen. Schon heute stößt das vorhandene Drehstrom-Netz trotz des derzeitigen Ausbaus an seine Grenzen. Absolute Priorität hat der südliche Abschnitt, aber mit nur wenigen Jahren Abstand brauchen wir auch die nördliche Leitung. Die Bundesnetzagentur hat für beide Abschnitte einen vordringlichen Bedarf festgestellt. Und wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, transportiert die Leitung natürlich auch Strom aus konventionellen Kraftwerken. Das ist bei allen Leitungen so und keine Besonderheit dieses Projektes.

Die Konverterhalle selbst wird trotz ihrer Größe und Leistung von zwei Gigawatt ja nur einen kleineren Teil der Fläche der gesamten Konverteranlage einnehmen. Können Sie ausschließen, dass bei steigendem Bedarf weitere Konverter dort errichtet werden, um vier oder sechs Gigawatt Leistung zu bringen?

Rappl Der Netzentwicklungsplan 2012 reicht bis ins Jahr 2032. Darin ist eine Leistung von zwei Gigawatt vorgesehen. Jetzt noch weiter in die Zukunft zu schauen, ist Kaffeesatzleserei. Also: Es bleibt bei einem Konverter mit 2 GW.

Im Idealfall für Meerbusch finden Sie einen Konverterstandort weit von Osterather Wohnbebauung entfernt, der über eine Stichleitung angebunden wird. Was kann man sich unter einer Stichleitung vorstellen — ein Erdkabel?

Rappl Für eine Anbindung via Erdkabel fehlt die gesetzliche Grundlage. Im Gesetzentwurf zum Bundesbedarfsplan sind die Pilotstrecken für Erdkabel klar benannt. Der Netzverknüpfungspunkt Osterath zählt nicht dazu.

Also müsste Amprion neue Strommasten in Osterath bauen...

Rappl Die Anbindung müsste je nach Standort über ein bis zwei oberirdische Trassen erfolgen. Die Anbindung des Konverters wird deshalb bei der Bewertung von alternativen Standorten mit einfließen müssen.

Mal den für Meerbusch schlimmsten Fall angenommen: Amprion sieht auch nach der Prüfung von Alternativen das Umfeld der jetzigen Umspannanlage am Ingerweg als einzig möglichen Standort für den Konverter und die Bundesnetzagentur schließt sich dem nach Prüfung an - lässt sich der Konverter dann nicht in die Tiefe bauen?

Rappl Wenn der Standort feststeht, werden wir einen möglichst umfeldverträglichen Bau entwickeln. Und es ist durchaus möglich, die Bodenplatte des Konverters abzusenken, um die Höhe der Halle weiter zu reduzieren.

Der ehemalige Meerbuscher CDU-Bundestagsabgeordnete Willy Wimmer hat davor gewarnt, dass der Konverter ein gutes Ziel für Terroristen abgeben würde...

Rappl Wenn der Konverter ausfällt, würde uns das als Netzbetreiber zwar ins Schwitzen bringen, das Licht in Deutschland würde aber nicht ausgehen. Das Stromnetz ist gut vermascht — der Totalausfall eines Konverters alleine könnte abgefedert werden.

MARTIN RÖSE FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP/rl)
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