Meerbusch Die letzten Zivis

Düsseldorf · Die Meerbuscher Pflegeheime, Kliniken und Wohlfahrtsverbände müssen sich auf die geplante Abschaffung des Zivildienstes zum 1. Juli 2011 einstellen. An ausreichenden Ersatz durch Freiwillige glaubt kaum jemand.

Zivildienst - eine Chronik
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Foto: AP

Simon Lorenzen gehört zu den letzten seiner Art. Junge Männer wie ihn, die in der St.-Mauritius-Therapieklinik mit viel Engagement ihren Zivildienst ableisten, wird es ab Sommer 2011 nicht mehr geben. Allein in der Osterather Klinik fallen damit neun Ziviplätze im Pflegebereich und einer in der Hauswirtschaft weg. Deutschlandweit sind es 90 000.

Jahrzehntelang waren Zivildienstleistende eine wichtige Stütze in Meerbuscher Heimen und Kliniken. Doch nach mehrfacher Verkürzung der Dienstpflicht (in diesem Jahr von neun auf sechs Monate) wurde der Einsatz der Wehrdienstverweigerer immer schwieriger. Tatsächlich sind die jungen Männer durch Schulungen und Urlaub nur noch etwa vier Monate lang einsetzbar. Nun sollen Wehr- und Ersatzdienst ab 1. Juli 2011 komplett entfallen, ein neuer Freiwilligendienst soll dies teilweise kompensieren — und die Träger müssen mit den Folgen irgendwie zurechtkommen.

"Wir haben jeweils mit sieben Zivildienstleistenden gearbeitet", sagt Lydia Wisner, Leiterin des Seniorenheims Haus Hildegundis von Meer in Osterath. Das Heim des Caritasverbands setzt Zivis unter anderem für die Betreuung der Haustechnik, für Fahrdienste und die Begleitung von Senioren, etwa zu Arztbesuchen ein. Die jungen Männer sind beispielsweise dafür zuständig, dass die Patienten ihre Termine pünktlich wahrnehmen, ihre Krankenkassenkarte dabei haben und dass Rezepte auch gleich eingelöst werden. Ein Service, der auch den Hausärzten die Arbeit erleichtert.

"Wir haben das Glück, noch zum 1. Dezember und zum 1. Januar Zivildienstleistende einstellen zu können", sagt Lydia Wiesner. Zwei junge Männer wollen ihren aktuell laufenden Dienst noch um einige Monate verlängern. Noch bis April sei das Haus so mit Zivis versorgt. Danach dürfte ein Teil der bislang durch diese erbrachten Leistungen wegfallen. Eventuell müsse man zusätzlich zwei 400-Euro-Kräfte einstellen.

Darauf, dass der von Familienministerin Schröder angekündigte Bundesfreiwilligendienst aus 35 000 jungen Männern und Frauen, aber auch Senioren (geplante Bezahlung: 324 Euro pro Monat) die Lücken im letzten Moment füllen wird, will sich die Heimleitung nicht verlassen.

Der Mobile Hilfsdienst Meerbusch (MHM) setzt zurzeit zwei Zivildienstleistende ein, die Essen für Senioren austragen und behinderte Kinder betreuen. "Das sind sehr gute Jungs. Bedarf haben wir aber für mehr", sagt die MHM-Vorsitzende Sigrid Brennecke. Sie hofft darauf, dass die Bundesregierung das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) attraktiver gestaltet. Bislang helfen geringfügig Beschäftigte, die "zivifreien" Monate zu überbrücken. "Diesen Bereich werden wir jetzt ausbauen", so die Leiterin.

Der Stadtverwaltung entstehen übrigens keine Probleme durch die Reform — sie setzt sowieso keine Zivis ein.

(RP)
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