Meerbusch Dienstvilla vor dem Verkauf?

Meerbusch · Der Rat der Stadt entscheidet heute über einen Antrag der UWG, die Kommune solle Häuser und Wohnungen veräußern und den Erlös zur Sondertilgung der Schulden nutzen.

Als Edgar Sonnenschein in den 90er Jahren als Stadtdirektor der noch jungen Stadt Meerbusch in den Ruhestand ging, dankten Politiker und Bürger einem preußischen Beamten und gewieften Juristen. Sonnenschein hatte unerschüttert mit anderen engagierten Meerbuschern für den Erhalt und gegen die Eingemeindung nach Krefeld und Düsseldorf gekämpft. Zur Pensionierung votierte der Stadtrat seinerzeit hinter verschlossen Türen in nicht-öffentlicher Sitzung dafür, dass der verdiente Beamte weiterhin in der Dienstvilla an der Büdericher Allee wohnen bleiben dürfe.

Heute steht auf Antrag der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) der Verkauf einiger städtischer Immobilien auf der Tagesordnung des öffentlichen Teils der Ratssitzung ab 17 Uhr im Foyer des Meerbusch-Gymnasiums in Strümp. Dazu zählt auch das 1959 gebaute Einfamilienhaus mit 160 Quadratmetern Wohnfläche, in dem der frühere Verwaltungschef immer noch lebt.

"Die von der Stadt Meerbusch verlangten Mieten liegen weit unter den marktüblichen Mieten", heißt es in der schriftlichen Begründung, die der UWG-Fraktionsvorsitzende Christian Staudinger-Napp unterzeichnet hat. Der infrage kommende Immobilienbestand solle schrittweise veräußert werden und der Erlös als Sondertilgung zur Reduzierung der kommunalen Schulden Verwendung finden, erklärt der Ratsherr.

Aus einer von der Stadtverwaltung Meerbusch erstellten Vorlage sei erkennbar, dass mehrere Immobilien nicht für die Erfüllung der städtischen Aufgaben benötigt würden und an Privatpersonen vermietet seien. Dort bestünden große Diskrepanzen zwischen den Kosten, welche die Kommune aufwenden müsse, und den Mieteinnahmen einschließlich der Nebenkosten, heißt es weiter.

Hinsichtlich der Prioritäten regt Staudinger-Napp an, die Häuser und Wohnungen zuerst auf den Markt zu bringen, bei denen ein hoher Investitionsstau bestehe oder die Stadt Verluste einfahre. Unter diesen Gesichtspunkten sollte ein erster Teilverkauf erfolgen. Gerade erst hat die Landesentwicklungsanstalt (LEG) einen detaillierten Wohnungsmarktreport für Meerbusch veröffentlicht, der Staudinger-Napps Einschätzung hinsichtlich der geringen Miethöhe stützt. Laut LEG-Analyse beträgt die durchschnittliche Kaltmiete in Büderich 7,81 Euro pro Quadratmeter. In der Spitze (die oberen zehn Prozent) sind es im Mittel sogar 11,84 Euro. Für die Dienstvilla des pensionierten Stadtdirektors verlangt die Kommune lediglich 6,31 Euro und erreicht damit fast die untere Mietgrenze (unteren zehn Prozent) für Büderich, die bei sechs Euro pro Quadratmeter liegt.

Andere Einfamilienhäuser im Eigentum der Stadt liegen in Lank-Latum an der Stettiner Straße, in Osterath an der Görresstraße und in Büderich an der Friedenstraße. Die Mieten streuen von 5,37 bis 7,71 Euro pro Quadratmeter kalt. Für die Wohnungen reicht die Palette von 4,09 bis 6,24 Euro. Claus Klein, Leiter des Bereichs städtische Immobilien, hatte unlängst in der RP ausgeführt, dass die Liegenschaften regelmäßig überprüft und die Mietforderungen angepasst würden.

Immobilien- oder Grundstücksgeschäfte der Kommune boten schon in der Vergangenheit immer wieder Anlass zu Spekulationen. Sei es beim Grundstückserwerb eines früheren Stadtdirektors, der den Kaufvertrag noch schnell unterzeichnen durfte, ehe der Rat die Bodenrichtwerte für Lank-Latum erhöhte, oder der Kauf einer Baufläche durch einen Ordnungsdezernenten, der das Areal einer Familie mit Kindern vor der Nase wegschnappte, um sich angeblich ein Domizil an seiner Arbeitsstätte zu errichten. Tatsächlich hat er aber nie in Meerbusch gewohnt. Beide ehemaligen Wahlbeamten sind schon länger nicht mehr in Amt und Würden.

(RP)
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