Meerbusch EnBW lehnt Stromautobahn ab

Meerbusch · Die geplante Stromautobahn mit dem Knotenpunkt Osterath soll Baden-Württemberg nach dem Ausstieg aus der Atomkraft mit Energie versorgen. Doch der Stromriese EnBW sieht dafür gar keinen Bedarf

 Mitglieder der Initiative: Wulff Bickenbach, Fabian Munch, Wolfgang Miller, Kars-ten Weigmann, Manfred Weigand und Michael Munz (von links).

Mitglieder der Initiative: Wulff Bickenbach, Fabian Munch, Wolfgang Miller, Kars-ten Weigmann, Manfred Weigand und Michael Munz (von links).

Foto: Korff

Diese Nachricht dürfte die Gegner des geplanten Doppel-Konverters Osterath aufhorchen lassen: Ausgerechnet der baden-württembergische Energieriese EnBW, dessen Atomkraftwerk Philippsburg im Jahr 2019 abgeschaltet werden soll, sieht gar keinen Bedarf für eine Stromautobahn durch Osterath. Das geht aus der Stellungnahme des Unternehmens zur ersten Fassung des Netzentwicklungsplans hervor.

Im Netzentwicklungsplan für die Energiewende ist die Trasse von Emden über Osterath nach Philippsburg — der so genannte "Korridor A" — als Pilotprojekt gekennzeichnet. Erstmals in Deutschland soll mittels Hochspannungs-Gleichstromübertragungstechnik (HGÜ) Strom nahezu verlustfrei über große Entfernungen transportiert werden. Und zwar ökologisch erzeugter Strom aus den Windkraftanlagen vor der Nordseeküste. Weitere zwei Korridore sind, weiter östlich, geplant.

In seiner Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan äußert EnBW scharfe Kritik an dem Vorhaben, rein auf die Gleichstromtechnik zu setzen. Die Kosten für den Netzausbau stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme: "Wir empfehlen ..., eine Gesamtbetrachtung durchzuführen, die den Netzausbau und die Weiterentwicklung der Erneuerbaren Energien in einem volkswirtschaftlichen Optimum in Einklang bringt."

Die Gleichstromtechnik auf der Trasse sei überflüssig. "Mehreren Studien ist zu entnehmen, dass für Übertragungsstrecken mit einer Länge unter 400 Kilometer die 380-kV-Drehstromübertragung nach wie vor Vorteile, nicht zuletzt finanzieller Art, gegenüber der HGÜ-Technik besitzt", schreibt die EnBW in ihrer Stellungnahme. Ohne Gleichstromtechnik bedarf es aber auch keines Konverters, der den Drehstrom in Gleichstrom umwandelt.

Den sieht EnBW ebenfalls kritisch. "Nachteilig ist neben den hohen Verlusten in den Umrichtern insbesondere die noch nicht vollständig marktreife Technik, bei der es vor allem am Betriebserfahrung im realen Netzeinsatz fehlt", heißt es in dem Papier.

Das Unternehmen EnBW regt an, lediglich eine der drei geplanten Stromautobahnen als Pilotprojekt zu verfolgen, und zwar die östlichste, nicht die Route, die durch Meerbusch führt. "Alle notwendigen weiteren Verbindungen", so die Baden-Württemberger, könnten in 380-kV-Drehstromtechnik ausgeführt werden.

Hinter dem Plädoyer des Unternehmens dürften nicht zuletzt auch wirtschaftliche Gründe stehen: Es gibt nach dem aktuellen Netzentwicklungsplan ein Zeitfenster, in dem das Atomkraftwerk Philippsburg zwar abgeschaltet ist, die Leitung von Emden nach Osterath aber noch nicht gebaut sein wird. Zumindest in dieser Zeit soll Strom aus Braunkohle über den Konverter auf die Stromautobahn gebracht werden und den Atomstrom aus dem Atomkraftwerk Philippsburg ersetzen. Dieser Strom aber wird von RWE produziert, für EnBW direkte Konkurrenz.

Diese Nachricht dürfte die Gegner des geplanten Doppel-Konverters Osterath wenig erfreuen: Trotz der Stellungnahme von EnBW hielt die Bundesnetzagentur an der Stromautobahn durch Osterath fest. Auch im Kabinettsentwurf zum Bundesbedarfsplan taucht die Stromautobahn von Emden via Osterath nach Philippsburg auf — und zwar als Pilotprojekt.

(RP/ac)
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