Meerbusch Hindenburgstraße bleibt

Meerbusch · Der Hindenburgplatz in Münster heißt ab sofort Schlossplatz, weil Hindenburg zum Entstehen des NS-Regimes beigetragen habe. Die Stadt Meerbusch sieht keinen Handlungsbedarf, die Hindenburgstraße umzubenennen.

 Die Hindenburgstraße führt durch das Villenviertel Meererbusch in Büderich und erinnert an den "Sieger von Tannenberg".

Die Hindenburgstraße führt durch das Villenviertel Meererbusch in Büderich und erinnert an den "Sieger von Tannenberg".

Foto: Boris Schmidt/Bundesarchiv

Politikum Straßennamen: Münster hat gerade seinen zentralen Hindenburgplatz in Schlossplatz umbenannt. Damit beendete der dortige Stadtrat eine 65 Jahre dauernde Diskussion um den letzten Reichspräsidenten der Weimarer Republik (1847 bis 1934).

Im Ersten Weltkrieg war nach Schlachten gegen russische Truppen in Ostpreußen der Mythos von Hindenburg als "Sieger von Tannenberg" entstanden. Doch 1933 ernannte der "greise Feldmarschall" nach langem Zögern Adolf Hitler zum Reichskanzler — und trug so zum Entstehen des NS-Regimes bei, sagen Historiker.

Auch Meerbusch erinnert mit der Hindenburgstraße, einer von Villen gesäumte Allee im noblen Meererbusch, an den umstrittenen Generalfeldmarschall. Und das soll auch so bleiben. Auf RP-Nachfrage bestätigte die Stadt gestern, dass es keine Bestrebungen gebe, die Straße umzubenennen.

Wie wichtig die tatsächliche oder vermeintliche historische Belastung der Namensgeber von Straßen sein kann, merken die Meerbuscher gerade bei der Hugo-Recken-Straße. Der Ältestenrat hat Ende März Stadtarchivar Michael Regenbrecht damit beauftragt, die Rolle des ehemaligen Osterather Bürgermeisters während der NS-Zeit zu prüfen. "Alles, was an Quellen und Zeitzeugenaussagen zur Person Reckens noch verfügbar ist, muss gründlich gesichtet werden", sagt Bürgermeister Dieter Spindler.

Auslöser der Aktion sind Aussagen des Historikers Lothar Klouten, die die UWG dazu bewegt hatten, eine Umbenennung der Hugo-Recken-Straße zu fordern. Es geht darum, ob Recken die jüdische Familie Gutmann bei der Gestapo denunziert und die Deportation jüdischer Bürger aus Osterath aktiv befördert habe.

Es ist nicht der erste Fall dieser Art in der Stadt: Recherchen des Meerbuscher Historikers Dr. Peter Dohms im Auftrag der Stadt zur Rolle des NS-Sportfunktionärs Carl Diem (1882-1962) führten 1996 zur Umbenennung vieler Straßen und Sportstätten in ganz Deutschland. Diem war unter anderem Organisator der Olympischen Spiele von 1936 in Berlin. Diem müsse, so Dohms' Fazit, als Mann eingestuft werden, der beruflich tief in die Machenschaften des NS-Regimes verstrickt war.

Antidemokratisches Denken sah Dohms als festen Bestandteil in Diems weltanschaulicher Grundüberzeugung. Der NS-Führerstaat, so Dohms, "scheint seinen Vorstellungen voll und ganz entsprochen zu haben." Als noch auffälliger aber arbeitete er das militaristische Gedankengut in Diems Äußerungen heraus, gerade im Zusammenhang mit der Frage nach dem Wert des Sportes an sich. Auch Meerbusch hatte einen Carl-Diem-Weg. Er heißt seit den späten 90er Jahren nach einem Bösinghovener Heimatforscher Georg-Buscher-Weg.

Das Wagnis, einen Platz nach einer lebenden Person zu benennen, die die Stadt noch nie betreten hat, ging Meerbusch in seiner 42-jährigen Geschichte bislang nur einmal ein: beim Earl-Bakken-Platz im Osterather Gewerbegebiet Mollsfeld. Der 1924 geborene US-Bürger Bakken ist Gründer des internationalen Medizintechnikunternehmens Medtronic, das am Earl-Bakken-Platz mittlerweile seinen Deutschlandsitz hat. Kommentar

(RP/rl)
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