Meerbusch Hugo Recken: Streit um Rolle in der Nazi-Zeit

Meerbusch · Ob ein früherer Bürgermeister von Osterath ein überzeugter Nazi war oder nicht, darüber streiten im Moment die Experten.

Am Donnerstag berät der Ältestenrat der Stadt hinter verschlossenen Türen über das weitere Vorgehen zur Erhellung der Vergangenheit Hugo Reckens, dem in Osterath eine Straße gewidmet ist. Anlass für die Diskussion, inwieweit der frühere Bürgermeister überzeugter Handlanger des Hitler-Regimes gewesen war, bot ein Vortrag des Historikers Lothar Klouten auf Einladung des Vereins Pro Osterath. Nach der Verlegung so genannter Stolpersteine zur Erinnerung an die deportierten Osterather jüdischen Glaubens war das Thema im Ort aktuell.

Klouten referierte unter anderem, dass Recken seinerzeit die jüdische Familie Gutmann bei der Gestapo gleichsam denunziert und die Deportation der Juden aus der Gemeinde aktiv befördert habe. Unter den Zuhörern war auch Christian Staudinger-Napp, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG). Er schrieb an Bürgermeister Dieter Spindler mit der Bitte, sich der Thematik anzunehmen und zu prüfen, ob eine Änderung des Straßennamens notwendig sei.

Spindler beauftragte den Stadtarchivar Michael Regenbrecht entsprechende Recherchen anzustellen. Die Stoffsammlung liegt inzwischen vor und zeichnet ein durchaus anderes Bild. Demnach hat Recken bei seiner Ernennung selbst gegen Vorbehalte der NSDAP-Vertreter im Gemeinderat ankämpfen müssen. Außerdem sei er aus dem so genannten Entnazifizierungsverfahren mit einer sauberen Weste herausgegangen. Die britische Militärregierung habe Recken am 29. Januar 1946 als ausgewiesenen Verwaltungsfachmann auf einstimmigen Antrag des ernannten Osterather Gemeinderates wieder zum Gemeindedirektor bestimmt.

Klouten bemängelt, dass Regenbrecht zwar Archivar sei, aber eben kein Historiker. Deshalb fehle es an einer Einordnung und Betrachtung aus dem historischen Kontext. Recken sei während des Nationalsozialismus als Gemeindedirektor sowohl örtlicher Polizeichef als auch örtlicher Gestapo-Kommandeur gewesen.

Staudinger-Napp, Ratskollegin Daniela Glasmacher und Klouten empfehlen der Kommune, einen externen Sachverständigen mit einem Gutachten zu beauftragen. Dafür komme zum Beispiel der frühere Leiter des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf , Dr. Anselm Faust, in Frage, der Verfasser der Publikation "Die Reichskristallnacht im Rheinland".

Die Diskussion über Recken erinnert an die Umbenennung des Carl-Diem-Wegs in Bösinghoven. Damals hatte der Meerbuscher Experte Dr. Peter Dohms mit seinem Gutachten über die Rolle des Sportfunktionärs im Dritten Reich bundesweit eine Lawine losgetreten — überall wurden die Namen von Straßen und Sportstätten geändert. Das ist bei dem nur lokal bekannten Recken nicht zu erwarten.

(RP/top)
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