Meerbusch Jäger-Tragfläche geborgen

Meerbusch · Archäologen haben gestern am Büdericher Rheinufer den linken Flügel eines vor fast 70 Jahren abgestürzten alliierten Jagdflugzeugs ausgegraben. Nun beginnt eine detektivische Forschungsarbeit.

 Das Tragflächen-Teil soll nun in der LVR-Außenstelle Overath untersucht werden.

Das Tragflächen-Teil soll nun in der LVR-Außenstelle Overath untersucht werden.

Foto: Ulli Dackweiler

Das Niedrigwasser des Rheins gibt Relikte des Krieges frei: Vor zwei Wochen wunderte sich Robert Korn beim Spaziergang am Rheinufer über ein längliches Stück genietetes Metall, das aus dem Wasser ragte. Je weiter sich der Rhein zurückzog, desto mehr Nieten wurden sichtbar. Sein Verdacht: Da liegt ein Flugzeugteil aus dem Zweiten Weltkrieg. Korn verständigte das Landesamt für Bodendenkmalpflege.

Gestern rückten die Archäologen an: Stück für Stück befreiten sie ein 4,50 Meter langes, gut erhaltenes Tragflächen-Segment von Sand und Steinen. Zum Teil ist noch dunkelgrüne Lackierung zu erkennen, einzelne Spanten sind im Inneren sichtbar. Grabungsleiter Dr. Michael Gechter vermutet, dass der Flügel von einer amerikanischen Jagdmaschine stammt und beim Absturz abgerissen wurde: "Der Rest des Flugzeugs kann ganz woanders liegen". Das Rätsel der Tragfläche soll nun in der Außenstelle Overath des LVR gelöst werden. "Dort haben wir schon eine ansehnliche Sammlung an Militaria aus anderen Funden", sagt Dr. Gechter.

Der Fund wirft ein Schlaglicht auf eine der großen Schlachten des Krieges, die jahrelang über Niederrhein und Ruhrgebiet tobte: Britische und amerikanische Bomberverbände versuchten zwischen 1942 und 1945 die an Rhein und Ruhr konzentrierte Rüstungsindustrie des Dritten Reiches durch Großangriffe lahmzulegen. Am Boden starben tausende Menschen, aber auch die Verluste der alliierten Besatzungen durch Flak und deutsche Jäger waren hoch.

Das heutige Meerbusch lag in einer der Einflugschneisen der Bombergeschwader. Flugabwehrgeschütze standen unter anderem am Büdericher Deich und nahe des Fähranlegers Langst-Kierst. Stadtarchivar Michael Regenbrecht hat Informationen über zwei Abstürze auf dem Gebiet des heutigen Meerbusch:

Nacht zum 2. Juni 1942 — Ein schwerer britischer Bomber vom Typ Handley Page Halifax II wird bei einem Großangriff auf Essen abgeschossen. Die viermotorige Maschine zerschellt bei Bösinghoven.

Nacht zum 17. September 1942 — Erneut fällt eine Halifax II dem deutschen Abwehrfeuer zum Opfer, wieder bei einem Angriff auf Essen. Die Maschine stürzt beim Werthhof in Nierst ab.

Manfred Korn, Vater des Tragflächen-Finders, weiß noch vom Absturz eines Bombers an der Niederlöricker Straße/Am Feldbrand. Der damals von dem Wrack gerissene Krater sei heute noch als Kuhle sichtbar.

Doch von einem über Meerbusch zu Boden gegangenen Jäger ist bisher offenbar nichts bekannt.

Die US-Luftwaffe setzte häufig einmotorige Maschinen vom Typ P-51 Mustang als Langstrecken-Begleitjäger ein — die Tragfläche könnte von einer dieser Maschinen stammen. Die Archäologen werden nun nach einer Flugzeugnummer suchen. Damit könnte sich die Geschichte des Jagdflugzeugs aufklären lassen.

(RP)
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