Meerbusch Mataré als Sommergast

Meerbusch · Das Staatliche Museum Schwerin präsentiert bis zum 23. Oktober Werke des Büdericher Künstlers in seiner Ausstellung "Sommergäste – Klassische Moderne in Mecklenburg und Vorpommern".

Das Staatliche Museum Schwerin präsentiert bis zum 23. Oktober Werke des Büdericher Künstlers in seiner Ausstellung "Sommergäste — Klassische Moderne in Mecklenburg und Vorpommern".

Es ist fast 100 Jahre her, da reiste Meerbuschs bekanntester Künstler Ewald Mataré zum ersten Mal an die mecklenburgische Ostseeküste. Er machte 1916 in der Hansestadt Wismar Station.

So wie der gebürtige Aachener suchten viele Vertreter der Klassischen Modernen seinerzeit die Abgeschiedenheit und Ruhe, um viel nachzudenken und zu arbeiten. Im wunderschönen Staatlichen Museum in Schwerin in der Nähe des Schlosses ist noch bis zum 23. Oktober die Ausstellung "Sommergäste" zu sehen.

Neben Aquarellen und Plastiken des späteren Akademiedirektors in Düsseldorf, der viele Jahre in Büderich lebte und lehrte, sind repräsentative Stücke anderer berühmter Sommergäste wie Edvard Munch, Lyonel Feininger, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff, aber auch Vertreter der Dada-Szene wie Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp, Kurt Schwitters und Hannah Höch zu sehen. Im Nationalsozialismus wurde die Region Mecklenburg-Vorpommern zum Rückzugsort für einige Künstler, die als "entartet" diffamiert waren. Zu ihnen zählte auch Mataré.

Im Ausstellungskatalog wird trefflich darüber spekuliert, ob Mataré bei seinen vielen Aufenthalten im Norden auch den Güstrower Kollegen und Bildhauer Ernst Barlach kennen gelernt hat. Beide teilten das Schicksal, dass die Nazis ihre Arbeiten zum Teil zerstörten. Was für Matarés Ehrenmal in Kleve galt, traf ebenso auf Barlachs "Der Schwebende" zu. Er wurde zerstört und sogar eingeschmolzen.

Mataré hatte die Ostsee früh für sich entdeckt. In den 20er Jahren reiste er auch nach Finnland und in die baltischen Staaten, lebte vorübergehen in Lettland. Später bevorzugte er die Insel Hiddensee, studierte den Holzschnitt und verfeinerte seinen Stil nicht nur an Tiermotiven wie Kühe und Ziegen. Dort entstanden auch die in Schwerin gezeigten Kleinplastiken "Weiblicher Torso" (1932), "Idol mit Kette" und "Weibliches Idol" (beide 1934).

Laut dem Kunstexperten Dr. Volker Probst erinnern die Arbeiten mit ihren reduzierten, aber prägnant betonten Körperformen an die Frauenidole, die aus der Zeit des Jungpaläolithikums als Kalkstein-, Speckstein-, oder Elfenbeinfigürchen europaweit gefunden wurden. Auch Matarés Hiddenseer Idole erscheinen wie magische Gegenstände einer beinahe sakralen Verehrung des weiblichen Körpers, erklärt Prost. Mit 1937 ist Matarés vermutlich letzter Aufenthalt in der Region datiert — in Binz auf der Insel Rügen.

"Nach der Verunglimpfung seines Kriegerdenkmals in Kleve kulminiert nun auch für Mataré — wie für viele moderne Künstler — der unerbittliche Kampf der nationalsozialistischen Kulturpolitik gegen die Moderne in der infamen Aktion ,Entartete Kunst' von Juli 1937. Mataré scheint davon während seines Aufenthaltes auf Rügen erfahren zu haben", heißt es im Ausstellungskatalog. In seinem Tagebuch notierte der Büdericher, "denn wie soll man sich nicht sorgen, wenn der Staat selbst ein Urteil über die Kunst der Zeit in einer derartigen Form, wie die Münchener Ausstellung ,Die Entarteten' kundtut".

Die Schweriner Ausstellungsmacher erwähnen auch Matarés Rolle als Professor an der Kunstakademie und Lehrer von Joseph Beuys, Erwin Heerich und Günter Haese.

(RP)
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