Meerbusch Meerbusch entdeckt die GWN

Meerbusch · Bürgermeister Dieter Spindler ist überrascht. Die gemeinnützigen Werkstätten Neuss beschäftigen 88 Männer und Frauen mit Behinderung allein aus Meerbusch. Medtronic und Broich zählen zu den Kunden.

 Arbeit für behinderte Menschen: Angela Parlings und ihre Kollegin Anna Krechel füllen Nägel in kleine Tüten ab (für Sockelleisten). Geschäftsführer Christoph Schnitzler hält den Nachschub bereit.

Arbeit für behinderte Menschen: Angela Parlings und ihre Kollegin Anna Krechel füllen Nägel in kleine Tüten ab (für Sockelleisten). Geschäftsführer Christoph Schnitzler hält den Nachschub bereit.

Foto: Ulli dackweiler

Da war selbst Bürgermeister Dieter Spindler überrascht. 88 Meerbuscher Bürger mit Behinderung sind bei den Gemeinnützigen Werkstätten Neuss (GWN) beschäftigt. "Das ist uns selbst erst jetzt, nach einem Blick in die Statistik, so richtig bewusst geworden, dass rund zehn Prozent unserer Mitarbeiter aus Meerbusch kommen", sagte Geschäftsführer Christoph Schnitzler gestern.

Die Konsequenz war rasch gezogen und eine Einladung ins Rathaus nach Büderich verschickt. Spindler reagierte sofort, und so kam es im 40. Jahr des Bestehens der GWN zum ersten Mal zu einem offiziellen Besuch eines Meerbuscher Repräsentanten an der Königsberger Straße 4.

Die GWN beschäftigen an fünf Betriebsstätten rund 900 Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen überwiegend im intellektuellen Bereich. Fast alle arbeiten ihre acht Stunden am Tag und erhalten dafür eine Prämie, die sich in der Höhe nach der Produktivität richtet. Das Aufgabengebiet ist vielfältig und reicht von der Aktenvernichtung bis hin zum Versand von Zierpflanzen. Allein in der Zentrale stehen 3000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung.

Angela Parlings aus Lank-Latum zum Beispiel wiegt Kleinteile aus Metall und verpackt sie in Kunststofftüten für den Verkauf in Baumärkten. Manche sind schon seit Gründung der GWN dabei und fühlen sich dort offenbar auch wohl. Dafür sorgen etwa 180 Mitarbeiter, die sich auch um die Entwicklung oder Stabilisierung der Persönlichkeit kümmern. Ein großes Ziel besteht darin, einen Mitarbeiter für den freien Arbeitsmarkt zu qualifizieren. "Das gelingt uns jährlich bei fünf bis zehn Kräften", informiert Schnitzler.

Um diesen Weg erfolgreich zu gehen, haben die Verantwortlichen ein ausgeklügeltes System entwickelt. So gibt es einen Integrationsassistenten und auch einen Integrationsfachdienst, die Kontakt zur freien Wirtschaft halten. Seit knapp drei Jahren gibt es sogar ein eigenes Integrationsunternehmen. Die Firma heißt "Schnittgut" und beschäftigt im Moment 18 Mitarbeiter in der Garten- und Landschaftspflege. Mit Erfolg, wie Schnitzler glaubhaft versichert. Arbeit in der Natur ist gefragt. Die Gärtnerei der GWN am Leuchtenhof ist schon seit 1980 in Betrieb.

Dort arbeiten 130 Männer und Frauen — darunter zehn aus Meerbusch. Alle dort und auch generell sind voll sozialversichert, betonte Peter Lys, Sprecher der gemeinnützigen GmbH mit ihren Gesellschaftern Stadt Neuss, Deutsches Rotes Kreuz Neuss, Lebenshilfe Neuss und dem Förderverein für Spastisch- und Körperbehinderte Neuss, gestern.

Die Namen der GWN-Kunden lesen sich wie das "Who is who" der hiesigen Wirtschaft. Neben Henkel, Maoam, 3M und Johnson & Johnson zählen auch die in Meerbusch ansässigen Firmen Medtronic aus dem Osterather Mollsfeld und Broich Premium Catering vom Böhlergelände in Büderich dazu. Für den Caterer falten die Mitarbeiter unter anderem Servietten für Großveranstaltungen.

(RP/rl)
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