Meerbusch Mutter kämpft für ihren Sohn

Meerbusch · Vor 14 Jahren gab's bei der Geburt von Abschir Abdi aus Lank-Latum einen Kunstfehler. Seitdem ist der Junge schwer behindert. 2009 bekam die Familie vor Gericht ihr Recht, aber die Versicherung zögert.

Für Muna Abdi aus Latum geht es um viel Geld, aber mehr noch um eine sichere Zukunft für ihren 14 Jahre alten und schwerbehinderten Sohn Abschir. Der Junge ist seit seiner Geburt im Uerdinger St.-Josefshospital am 20. Juli 1997 auf Hilfe rund um die Uhr angewiesen. Eine Notfall-Operation mit Kaiserschnitt dauerte zu lange, das Gehirn des Säuglings bekam keinen, oder nur unzureichend Sauerstoff. Der Eingriff dauerte 14 Minuten länger als der medizinische Standard es vorschreibt. Das hat auch im August 2009 in zweiter Instanz das Oberlandesgericht in Düsseldorf so gesehen und den Krankenhausträger zur Zahlung von Schmerzensgeld und allen notwendigen Folgekosten verurteilt.

Ende Februar wollen sich die Anwälte der Meerbuscherin mit Wurzeln in Somalia und die Vertreter der Klinik-Versicherung zusammensetzen, um einen außergerichtlichen Vergleich auszuhandeln. Es geht um Millionen. Bislang sei die Versicherung ihren Verpflichtungen noch nicht in vollem Umfang nachgekommen, erklärt Stefan Hermann, Fachanwalt für Medizinrecht. Gestern ein neuer Hoffnungsschimmer: Die Versicherung wolle in der kommenden Woche einen weiteren Abschlag von 300 000 Euro zahlen, sagte er.

Das Krankenhaus wolle aber unbedingt einen Gesamtvergleich herbeireden, der auch die Zukunft mit einschließe, schreibt der Anwalt. Denn ein Sachverständiger habe Abschir eine ganz normale Lebenserwartung attestiert. Die Hochrechnung des Gesamtschadens belaufe sich daher — ohne die Kosten der Krankenkasse — auf sechs Millionen Euro. Das Krankenhaus habe bislang neben dem Schmerzensgeld nur 200 000 Euro als Abschlag gezahlt und biete an, weitere 1,7 Millionen Euro zu zahlen, berichtet Hermann.

Erst wenn der Rückstand ausgeglichen sei, wolle die Familie über einen Vergleich im Hinblick auf zukünftige Kosten nachdenken. Immerhin stünden dann noch weitere 4,8 Millionen zur Debatte. Wenn ein Vergleich nicht zustande komme, müsste das Krankenhaus monatlich Zahlungen von rund 7500 Euro an Abschir erbringen, meint der Rechtsbeistand. Nur eine monatliche Leistung würde tatsächlich sicherstellen, dass Abschir zeit seines Lebens abgesichert sei. "Und um nichts anderes geht es in der Auseinandersetzung", erklärt Hermann. Ein Vergleich komme nur über mindestens weitere drei Millionen Euro in Betracht. Anfang Februar soll der Poker mit der Versicherung wohl beginnen.

Otmar Köck, Geschäftsführer des St. Josefshospital, erklärte gestern auf RP-Anfrage, "wir sind als Franziskus-Stiftung erst seit wenigen Jahren Träger des Krankenhauses". Er habe keinen Kontakt zur betroffenen Familie und deren juristischen Beistand. Die Auseinandersetzung sei eine Sache zwischen Versicherung und Anwälten. Insofern sei das Krankenhaus für öffentlich gestellte Forderungen nicht der richtige Ansprechpartner. Träger sei damals die katholische Kirchengemeinde Uerdingen gewesen.

(RP)
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