Meerbusch Senioren-Wohnpark: Chef muss gehen

Meerbusch · Grund für den Führungswechsel sind die jüngsten Ergebnisse einer Qualitätsuntersuchung: Das Wohnheim lag mit der Note 2,9 weit hinter dem Landesschnitt (1,2) und wurde unter Aufsicht gestellt. Die Pflege wies erhebliche Mängel auf

 Belegungssperre: Der Senioren-Wohnpark Meerbusch befindet sich in einer Qualitätskrise.

Belegungssperre: Der Senioren-Wohnpark Meerbusch befindet sich in einer Qualitätskrise.

Foto: ud

Wegen eines mangelhaften Ergebnisses in der Qualitätsuntersuchung kommt es im Senioren-Wohnpark Meerbusch Ende des Monats zu einem Führungswechsel. Peter Stöppler übernimmt das Amt vom bisherigen Einrichtungsleiter Karsten Eikwinkel, der gekündigt hat. "Die personelle Veränderung ist das Ergebnis der Qualitätsveränderung im Wohnheim", bestätigt Vize-Landrat Jürgen Steinmetz. Dazu wurde eine Belegungssperre gegen das Altenheim verhängt.

Die Einrichtung hatte in der jüngsten Qualitätsprüfung der Heimaufsicht des Rhein-Kreis Neuss sowie dem Medizinischen Krankenkassendienst Nordrhein die Note 2,9 erhalten (Landesschnitt 1,2) und war besonders in der Pflege in vielen Bereichen mangelhaft. Nach einer Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung in der vergangenen Woche durch die Angehörigen einer Bewohnerin steht das Wohnheim unter Aufsicht.

Den Prüfungsunterlagen zufolge ist die Pflege und medizinische Versorgung im Wohnheim in einem katastrophalen Zustand. Besonders vernichtend: Der Gesamteindruck im Hinblick auf Hygiene und Sauberkeit wurde mit der Note 5,0 bewertet. "Als mein Mann in das Heim eingezogen ist, stapelten sich noch die Pamper des Vorgängers — es war fürchterlich", bestätigt die 85-jährige Frau eines ehemaligen Bewohners, der inzwischen verstorben ist. Der Sohn einer Heimbewohnerin spricht von "tagelang nicht beseitigten Fäkalien". Auch für die tägliche Körperpflege der Bewohner erhielt der Seniorenpark die Note 3,6 — die Mund- und Zahnpflege schnitt noch schlechter ab (Note 4,1).

Ebenfalls "mangelhaft": die Durchführung erforderlicher Maßnahmen bei Einschränkungen der selbstständigen Nahrungsversorgung. "Mein Mann konnte nicht selbstständig Nahrung zu sich nehmen, er wurde manchmal tagelang nicht gefüttert", berichtet die 85-jährige Angehörige eines ehemaligen Bewohners. Auch für freiheitseinschränkende Maßnahmen lagen oft gar keine Einwilligungen vor (Note 5,0).

Wer sich über diese Missstände beschweren wollte, hatte zwei Probleme: Erstens wurde die Pflege nur selten von denselben Pflegekräften durchgeführt (Note 2,6). Und zweitens und noch problematischer: Der Senioren-Wohnpark hat gar kein Beschwerdemanagement (Note 5,0). Die jüngsten Ergebnisse der Qualitätsprüfung wurden dabei seitens der Einrichtung gar nicht veröffentlicht.

Nach dem eklatanten Qualitätseinbruch — noch vor wenigen Jahren erzielte die Einrichtung sehr gute Ergebnisse — soll die neue Heimaufsicht den Senioren-Wohnpark wieder auf hohem Niveau bewohnbar machen. "Momentan ist das ein nahezu täglicher Einsatz", sagt Vize-Landrat Steinmetz über die derzeitigen Bemühungen in der Einrichtung. "Wir sind als Heimaufsicht mit dem Träger in Gesprächen und hoffen, eine gemeinsame Lösung zu finden."

Neben der Neubesetzung der Führungsposition soll dabei vor allem das Pflegepersonal "quantitativ und qualitativ" aufgestockt werden. In der Prüfung der Einrichtung hatten die behandlungspflegerischen Maßnahmen den ärztlichen Anordnungen nur selten entsprochen (Note 3,4).

Der Vorstand des Marseille-Konzerns, der den Senioren-Wohnpark und das dazugehörige Altenheim "Medina" betreibt, teilte mit, man werde die "Vorwürfe prüfen und an der Aufklärung und unverzüglichen Beseitigung aktiv mitwirken". Dafür würden "besonders qualifizierte Mitarbeiter aus dem Konzern" in den Optimierungsprozess einbezogen werden. Die fachlichen und organisatorischen Mängel seien dem Hamburger Konzern nicht bekannt gewesen.

Die erheblichen Pflegemängel im Senioren-Wohnpark werden auch den nächsten Sozial- und Gesundheitsausschuss des Kreises beschäftigen. Die UWG möchte über die Beschwerden über Pflegeheime im Rhein-Kreis Neuss informiert werden, die Heimaufsicht berichtet über ihre Ergebnisse bei den Überprüfungen.

(RP/jco)
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