Meerbusch Sportleraustausch: Ein Team seit 40 Jahren

Meerbusch · Seit Beginn im Jahr 1972 haben rund 4000 Jugendliche eine Woche am Rhein beziehungsweise an der bretonischen Küste verbracht.

 Anika Krüger in der Turnhalle, wo sich die Turngruppe trifft.

Anika Krüger in der Turnhalle, wo sich die Turngruppe trifft.

Foto: UD

Schlaghosen und auffällige Bärte waren in, als sich 40 junge Meerbuscher Sportler zum ersten Mal in die Tiefen der Bretagne aufmachten. Ein kleines Abenteuer war das. So beschreibt es zumindest Hans-Otto Ziebarth (74), damals Betreuer der jungen Fußballer und bis heute als Organisator aktiv: "Anfangs fuhren wir noch mit dem Zug und mussten in Paris den Bahnhof wechseln, um von dort aus weiterzufahren. Immerhin haben wir bei der ersten Tour nur einen Jugendlichen verloren. Der hat es dann aber geschafft, mit dem nächsten Zug nach Fouesnant nachzukommen."

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Foto: RP, Anna Radowski

Seit den 1980er Jahren fährt die Gruppe die mehr als 1000 Kilometer lange Strecke mit dem Bus. "Damals war die Gegend um Fouesnant noch sehr ländlich geprägt", berichtet Ziebarths Sohn Ulf, der 1981 im Alter von elf Jahren zum ersten Mal beim Austausch dabei war. "Die Autobahn endete in Rennes und die restliche Strecke führte über Landstraßen. Die Dörfer, an denen wir vorbeikamen, wirkten wie aus einer anderen Zeit." In den bäuerlichen Orten strömten die Dorfbewohner zusammen, wenn der moderne Doppeldeckerbus hindurchfuhr. "Heute ist das ganz anders, Fouesnant ist ein national bekannter Urlaubsort", sagt Ulf Ziebarth.

Nun jährt sich der Jugend-Sportleraustausch mit der Partnerstadt Fouesnant zum 40. Mal. Von Anfang an dabei waren zwei Männer, die sich auf Anhieb verstanden, auch wenn es anfangs mit der Sprache etwas schwierig war: Hans-Otto Ziebarth und Roger Jan. Der damalige Fußballbetreuer vom Osterather Turnverein und der stellvertretende Bürgermeister von Fouesnant sind über die Jahre gute Freunde geworden. Der Austausch wird nach wie vor privat organisiert, es gibt keinen Verein dahinter. Ziebarth übernahm die Organisationsleitung des Austausches nach dem Tod von Heinz Krotz. Seit Mitte der 1990er Jahre hatte er das Projekt gemeinsam mit Krotz geleitet.

Jeweils von Freitag vor Pfingsten bis zum kommenden Donnerstag reist eine Gruppe mit 40 Jugendlichen zwischen elf und 13 Jahren und ihren Betreuern aus den Meerbuscher Vereinen nach Fouesnant. Im Jahr danach findet der Gegenbesuch statt. Die Teilnehmer sind während des Aufenthaltes in Gastfamilien untergebracht. Damit sich die Jugendlichen vor allem auch über den Sport kennenlernen können, wird der Austauaschpartner immer von der gleichen Sportart gewählt. Die Sportarten wechselten im Laufe der Zeit, je nach Andrang. Zwischenzeitlich gab es Tennis, Tischtennis, Leichtathletik und sogar Tauchen. Heute werden Gymnastik, Judo, Karate, Basketball und Fußball angeboten. Mittlerweile ist auch Ziebarths Sohn Ulf (42) mit im Boot. Er spricht fließend Französisch und übernimmt daher viele Übersetzungen, unterstützt seinen Vater aber auch bei der Organisation. Die bedeutet viele Stunden am Telefon mit Vereinen und Helfern auf deutscher und französischer Seite.

Die Ziebarths möchten die Fahrten trotz des hohen eigenen Aufwandes nicht missen. Hans-Otto Ziebarth erinnert sich noch gerne an die ersten Begegnungen mit der französischen (Ess-)Kultur. "Allein schon diese großen Tassen ohne Henkel, in denen man morgens den Kaffee bekam, haben bei uns Eindruck gemacht. Dazu gab es einen Esslöffel. Damit hat man dann den Kaffee gelöffelt, bis die Tasse nicht mehr so heiß war und man sie anfassen konnte. Und dann natürlich Crêpes, Langustinen", sagt Ziebarth und schaut schwärmerisch. "Für die Familien war die Städtepartnerschaft immer ein richtiges Ereignis, das war wie Feiertag."

Neben den Spielen und Sportwettkämpfen absolvieren die Gruppen auch ein Ferienprogramm. Es geht an den Strand, zu Sehenswürdigkeiten in der Umgebung. Viel unternehmen die Teilnehmer in kleinen Gruppen. "Die Busfahrt über Nacht ist zwar für viele anstrengend, aber wenn wir dann da sind und der erste Programmpunkt ansteht ist die Freude groß", sagt Hans-Otto Ziebarth. Stolz ist er auch darauf, dass sich viele frühere Austauschpartner immer noch schreiben.

Über die 40-jährige Geschichte haben sich auch kleine Rituale und Legenden entwickelt. "Wenn Roger Jan mit der Gruppe pünktlich in Meerbusch ankommt, zeigt er beim Aussteigen immer bedeutungsvoll auf seine Armbanduhr", sagt Ulf Ziebarth. Ein kleiner Seitenhieb auf die Pünktlichkeit, die viele Franzosen immer noch als typisch deutsch bezeichnen. "Wir versuchen, gegenseitig die guten Angewohnheiten zu übernehmen", erklärt Ulf Ziebarth. So lernten die Meerbuscher, dass nicht immer alles hundertprozentig klappen müsse.

Roger Jan hat sich das angeblich einzige Foto zu Hause aufgehängt, auf dem die ersten vier Bürgermeister Meerbuschs, Ernst Handschumacher, Ernst Nüse, Lothar Beseler und Rolf Hapke beim Besuch einer Sportveranstaltung zu sehen sind.

(RP/ac/jco)
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