Meerbusch Wie Charles de Gaulle Meerbusch prägte

Meerbusch · Vor über 50 Jahren hielt der französische Präsident eine Rede, die den Lehrer Rudolf Cornelißen und die Stadt zu Frankreich-Freunden machte. Ab morgen feiern Meerbusch und Fouesnant den Élysée-Vertrag – und ihre Partnerschaft

 25. Gedenktag des Élysée-Vertrags im Jahr 1988: (v.l.) Ernst Nüse, Jean-Pierre Bazin, Hans-Ulrich Klose, Louis de Calvez und Rudolf Cornelißen.

25. Gedenktag des Élysée-Vertrags im Jahr 1988: (v.l.) Ernst Nüse, Jean-Pierre Bazin, Hans-Ulrich Klose, Louis de Calvez und Rudolf Cornelißen.

Foto: stadtarchiv

Vor über 50 Jahren hielt der französische Präsident eine Rede, die den Lehrer Rudolf Cornelißen und die Stadt zu Frankreich-Freunden machte. Ab morgen feiern Meerbusch und Fouesnant den Élysée-Vertrag — und ihre Partnerschaft

 Die Städtepartnerschaft von Meerbusch und Fouesnant im Jahr 2005: Rudolf Cornelißen bereitet mit Gästen aus Fouesnant Austern zu.

Die Städtepartnerschaft von Meerbusch und Fouesnant im Jahr 2005: Rudolf Cornelißen bereitet mit Gästen aus Fouesnant Austern zu.

Foto: ulli dackweiler

Der Moment ist über 50 Jahre her —und doch kriegt Rudolf Cornelißen noch heute große Augen, wenn sich der Urvater der Städtepartnerschaft zwischen Meerbusch und Fouesnant an seine erste Begegnung mit Frankreichs Präsident Charles de Gaulle erinnert. Kein Wort aus de Gaulles Rede in Düsseldorf hat er vergessen — die Erinnerung ist so scharf wie die an die erste Verabredung. "Liebé Düsséldorfér, ich bin glücklích, in Düsséldorf zu sein — íhr müsst kommen nach Frankreich und mit uns éssén und mit uns spréchén", warb de Gaulle mit unverwechselbarem Akzent um eine neue deutsch-französische Freundschaft. Ein Moment, der Cornelißens Leben veränderte. "Ich war fasziniert", sagt der 85-jährige Strümper heute.

In der Rheinischen Post erschien kurze Zeit später ein Artikel mit der Überschrift "Wer sucht eine Partnerstadt?". Cornelißen stammelte bei der Frühstückslektüre: "Ich." Er konnte kein Wort Französisch. Aber er wollte unbedingt bei dem Versöhnungsprojekt dabei sein. Er suchte den Kontakt zu Fouesnant, einer kleinen bretonischen Stadt, die de Gaulles Wunsch gefolgt war und in Deutschland nach einer Partnerstadt suchte. Damals, im Frühjahr 1967, ging er dabei mit der Gemeinde Strümp ins Rennen — unterstützt vom Bürgermeister Josef Kohtes. Meerbusch gab es noch nicht.

Wie es Menschen so an sich haben, wenn sie etwas unbedingt wollen, sah Cornelißen dabei galant über sämtliche Unwägbarkeiten hinweg. Dass ein Flug in die Nähe von Fouesnant unmöglich war. Dass es noch nicht einmal eine Autobahn in die Stadt "am Ende der Welt" ("Finistère", der westliche Zipfel der Bretagne) gab. Und dass Cornelißen "Wir kommen" nach Fouesnant funkte — und sich erst danach Gedanken machte, ob sein alter VW Bulli das überhaupt schafft.

Er schaffte es. Nach anderthalb Tagen Anreise über Landstraßen stand der Lehrer am 16. März 1967 mit einer dreiköpfigen Abordnung ("Herr Cornelißen, wohin haben Sie uns da gebracht?") vor dem Haus des Bürgermeisters von Fouesnant. "Wir hatten alle Herzklopfen", beschreibt Cornelißen. Das erste, was die Gäste im Rathaus sahen, war ein de Gaulle-Gemälde.

Diese Geschichte wird Cornelißen erzählen, wenn in den kommenden Tagen in Meerbusch das 50-jährige Bestehen des Élysée-Vertrages (siehe Infobox) gefeiert wird. Das Programm steht: Morgen um 18 Uhr wird eine Delegation aus Fouesnant am Mönkesweg bei Rudolf Cornelißen erwartet, am Donnerstag geht es dann gemeinsam nach Düsseldorf, wo im Landtag NRW ein Festakt stattfindet. "Ich bin stolz, wie sich diese lebendige Freundschaft in all den Jahren entwickelt hat", sagt Cornelißen.

Neben ihm werden auch Vertreter der anderen Gruppierungen kommen, die sich im Laufe der Partnerschaft entwickelt haben: der Chor, die Sportler, die "anciens jeunes" —die "alten Jugendlichen", die sich auch regelmäßig treffen. Allein mehr als 1600 Jugendliche haben in der 45-jährigen Geschichte der Städtepartnerschaft einen Schüleraustausch absolviert. Dabei waren die Begegnungen mehr als das — zugegebenermaßen recht beliebte — kulinarische Spielchen namens "Tausche: Austern gegen Schwarzbrot". Es ging immer um die Begegnung, stellt der Urvater der Städtepartnerschaft klar. "Übernachtet wurde immer in Familien — sonst wäre es Tourismus."

Ein (Rück-)Blick auf die Straßen an jenem 16. März 1967 zeigt, was für eine Erfolgsgeschichte die Städtepartnerschaft ist. Beim ersten Besuch sahen die Strümper auf den Straßen viele Menschen mit Kriegsverletzungen. Von französischen Küssen zur Begrüßung waren beide Seiten damals noch weit entfernt. "In den Stadträten gab es bei der Entscheidung über eine offizielle Stadtpartnerschaft nur knappe Mehrheiten", sagt Cornelißen, der sich an viele skeptische Blicke erinnert: "Nicht alle Türen gingen auf."

Das hat sich in all den Jahren geändert: Heute besitzen die Franzosen in einigen Fällen sogar Zweitschlüssel für die Wohnungen ihrer Meerbuscher Gastfamilien — und umgekehrt.

(RP/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort