Meerbusch Zahlenpoker um die A57

Meerbusch · Rückenwind für die K9n-Befürworter: Laut einer neuen Zählung ist der Verkehr auf der A57 bei Osterath deutlich zurückgegangen. Experten können sich dies jedoch nicht erklären und zweifeln die Daten an.

 Die A57 bei Strümp/Osterath gestern Mittag mit Blickrichtung Süden. Auf dieser Brücke an der Osterather Straße standen 2005 und 2010 die Verkehrszähler der Bundesanstalt für Straßenwesen.

Die A57 bei Strümp/Osterath gestern Mittag mit Blickrichtung Süden. Auf dieser Brücke an der Osterather Straße standen 2005 und 2010 die Verkehrszähler der Bundesanstalt für Straßenwesen.

Foto: Ulli Dackweiler

Ob Meerbuschs größtes Straßenbau-Projekt seit dem A44-Lückenschluss Realität wird, hängt von einer Zahl und deren Interpretation ab: Es geht um die Frage, wie viele Pkw und Lkw in den kommenden Jahren täglich auf der Autobahn 57 an Osterath vorbeifahren werden.

Hintergrund: Für die Entscheidung, ob zwei Kilometer Kreisstraße ("K9n") zwischen Strümp und Osterath-Bovert gebaut werden dürfen, fehlt noch ein aktualisiertes Schadstoffgutachten. Entscheidend dafür ist die Zahl der Autos auf der nahen A57. Je höher die Belastung der Boverter Anwohner durch Abgase ist, desto schwieriger wird die Genehmigung der neuen Trasse. An deutlichen Grenzwertüberschreitungen könnte das Projekt noch scheitern. Im Rat sind CDU, Grüne und SPD für die K9n. FDP, UWG, Zentrum sowie BUND und Nabu sind dagegen.

Die Stadtverwaltung geht in ihrer Prognose von weit höheren Zahlen aus

Rückenwind erhalten die Befürworter jetzt durch neue Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen zum Verkehr auf der A 57. Die fallen überraschend niedrig aus. Laut der aktuellen Verkehrszählung soll die Zahl der Autos, die zwischen Kreuz Meerbusch und der Abfahrt Bovert (in beiden Richtungen) unterwegs sind von 2005 bis 2010 um 12,6 Prozent zurückgegangen sein. Statt 66 800 Pkw und Lkw registrierten die Zähler dort nur noch 58 400 Fahrzeuge. Ein Rückgang um 8400 Autos täglich — obwohl die A57 inzwischen von vier auf sechs Spuren ausgebaut worden war. Legt man diese Zahl für ein neues Gutachten zugrunde, dürften die Schadstoffwerte wohl deutlich unter denen des bisherigen Gutachtens von 2006 liegen. Der Weg zur K9n wäre frei.

Allerdings: Die Stadtverwaltung geht in ihrer Prognose von weit höheren Zahlen aus. Sie rechnet mit bis zu 72 000 Autos für 2015 und sogar bis zu 95 000 für 2025. Welche Zahl soll der Schadstoff-Gutachter nun als Grundlage heranziehen? Aktueller Messwert und städtische 2025-Schätzung differieren um 36 600 Autos täglich — das entspricht etwa der Zahl aller in Meerbusch gemeldeten Privatautos.

Die städtischen Prognosezahlen liefert die Aachener Ingenieurgruppe IVV. Der zuständige Diplom-Ingenieur Wolfgang Christ wundert sich sehr über den Rückgang bei der Zählung der Bundesanstalt: "Dafür habe ich keine Erklärung". Auch die erheblichen Unterschiede zwischen den Messungen auf den beiden Meerbuscher Autobahnabschnitten (Kreuz Meerbusch bis Bovert und Bovert bis Kreuz Kaarst) findet der Gutachter seltsam. Danach sind auf der A57 südlich von Bovert täglich 4500 Autos mehr unterwegs als nördlich. Wo diese Fahrzeuge bleiben, ist nicht klar.

Auch Christ kann sich auf Zahlen stützen: Die IVV hat im Bereich Bovert selbst Fahrzeuge gezählt (allerdings nicht auf der A57) . Die Ergebnisse deuten auf eine leichte Zunahme des Verkehrs seit der 2005er Messung hin — von einem deutlichen Rückgang wie bei der Bundesanstalts-Messung sei nichts zu merken. Christ bleibt daher bei der Prognose von 72 000 Autos für 2012. Angesichts des deutlich steigenden Warenumschlags im Krefelder Hafen und des weiter laufenden Ausbaus der A57 geht er für 2025 auf dem Meerbuscher Autobahnabschnitt "von 90 000 bis 100 000 Fahrzeugen" aus. Christ hat den Verdacht, dass die 2010er Messung stattgefunden hat, während Unfälle und Sperrungen den Verkehrsfluss auf der A57 gestört haben. Das könnte die Werte deutlich beeinflusst haben. Frage des Tages

(RP)
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