Mettmann Bausünden der Vergangenheit

Mettmann · Die Stadtplanung der 60er Jahre war nicht abgestimmt auf die vorhandene alte Bausubstanz. Die Neubauten wirkten wie Fremdkörper. Horst G. Hütten war einer der wenigen, die diese Entwicklung öffentlich kritisierten.

Bebauungsplan zerstörte historische Bauten
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Bebauungsplan zerstörte historische Bauten

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Mettmann hatte mit einer Besonderheit zu kämpfen: Rund und sogar in der Altstadt gab es Industrie- und Gewerbebetriebe: Der Milchhof (heute Standort Neandertalhalle), die Firma Boniver (heute Karstadt), die Firma Burberg (heute Kreissparkasse und Penny-Markt), Burberg an der Breite Straße (Alte Fabrik), Peter Wolters (Bismarckstraße), Topffabrik Fritsch (Schwarzbachstraße), Seibel und Immalin an der Johannes-Flintrop-Straße.

Von einigen Betrieben ging eine starke Geruchsbelästigung aus. Umweltschutz und Gesundheits- sowie Luftreinheits-Auflagen waren damals noch Fremdworte. Auch der optische Anblick der rauchenden Schornsteine und alten Fabrikanlagen war nicht jedermanns Sache. Beispiel: Wer von der Talstraße oder von der Ringstraße aus in Richtung Evangelische Kirche blickte, sah die Gießerei und Formerei Ferdinand Burberg mit ihren Schornsteinen und alten Fabrikanlagen. Die Stadt hatte das Werksgelände bereits 1964 erworben. Ein Jahr später stellte Boniver den Betrieb ein. Der Großteil der 230 Beschäftigten fand einen neuen Arbeitgeber, die Firma Georg Fischer.

1967 stellte die Stadt einen neuen Bebauungsplan auf. Er umfasste das Gebiet Ringstraße/Gottfried-Wetzel-Straße, Schulstraße, Neanderstraße, Freiheitstraße, Breite Straße und Talstraße. In der Medamana, dem Heimatblatt der Vereinigung "Aule Mettmanner", des Jahres 1968 wird ein Modell vorgestellt, wie das künftige Gelände aussehen sollte. Vor der historischen Kulisse der Altstadt stehen Flachdachbauten, in der für die damalige Zeit typischen Betonbauweise. Die Planungen für Hallenbad, Karstadt, Kreissparkasse, Neandertalhalle, waren auf dem Weg. Die Pläne für ein Parkhaus auf dem Karstadtparkplatz und ein Hotel neben der Katholischen Volksschule blieben in der Schublade. Von einer homogenen Verbindung zwischen Altstadt und neuer Bebauung konnte keine Rede sein. Die Neubauten wirkten wie ein Fremdkörper. Kurze Zeit später war klar, dass Wallstraße, Schulstraße, Verbindungsweg Wallstraße zur Freiheitstraße der Spitzhacke zum Opfer fallen würden. Die Häuser Neanderstraße 5 und 7 und wurden für den Bau des Parkhauses an der Neanderstraße "geopfert". Große Widerstände, die sich auch öffentlich artikulierten, gab es nicht. Ambivalent wie bei vielen war die Haltung von Ludwig Rasche, dem damaligen Schriftleiter der Medamana: So pries er auf der einen Seite die Neuordnung Mettmanns in den höchsten Tönen, bemängelte auf der anderen Seite den Abriss der Häuser an der Mühlenstraße.

Aber es gab Ausnahmen: Horst G. Hütten, Vorsitzender und später Baas der Aulen, war es, der schon früh seine Stimme erhob und sich vehement gegen einen Abriss der alten Häuser einsetzte. In seiner Denkschrift "Verloren, gerettet und ersetzt: Alte Bauwerke in Mettmann" kritisiert er den "Abrisswahn" der damaligen Zeit.

Wer glaubt, dass der bedenkenlose Umgang mit historischer Bausubstanz in Mettmann vorbei ist, der irrt: Das Haus Markt 4 verfällt zusehens, die Alte Posthalterei an der Oberstraße ebenso.

(RP)
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