Mettmann Der Gärtner in der Wüste

Mettmann · Der Landschaftsarchitekt Richard Bödeker aus Mettmann macht das Unmögliche möglich. Er schafft Parkanlagen in Saudi-Arabien. Seit den 70er Jahren arbeitet er an der Begrünung Riyadhs – mit für diese Region unkonventionellen Mitteln. Doch wirklich zu Hause fühlt er sich nur in seinem Domizil im Alten Bahnhof im Neandertal.

Richard Bödeker ist ein Wanderer zwischen den Welten – zwischen Christentum und Islam, zwischen niederbergischem Bürgertum und saudischem Königshaus, zwischen dem üppigen Hangwald im Neandertal und der kargen Wüstenlandschaft Saudi-Arabiens. Der Landschaftsarchitekt aus Mettmann ist der Mann, der seit den 70er Jahren die Wüste in eine Gartenlandschaft verwandelt – ein Projekt, das ihn bis ans Lebensende fordern wird. "Ich bin kein Städteplaner oder Architekt. Der ist irgend wann einmal mit seiner Arbeit fertig", sagt Bödeker. "Ein Garten oder ein Park erfordert Kontinuität." Besonders wenn er in einem Landstrich gedeihen soll, in dem Wasser Mangelware ist.

"Wir holen Richard immer wieder aus dem Ruhestand zu uns, damit er uns hilft", sagt Prinz Abdallah bin Turki bin Feisal in einem Filmbericht über das Arbeit des Mettmanners im Wüstenstaat. "Ohne ihn geht es nicht." Und so reist der mittlerweile 77-Jährige immer noch drei- bis viermal im Jahr zu den Prinzen in ihre Gärten und schaut nach dem Rechten.

Doch der große Mann mit dem imposanten weißen Bart und dem individuellen Gestaltungswillen betreut nicht nur die Anlagen der Herrscher. Mit seinen Partnern und vor allem seinem Sohn Jens treibt er die Begrünung der gesamten Riyadh-Region voran – einem Wüstengebiet größer als Deutschland.

Der Querdenker

Bödeker schwimmt nicht nur in seiner Heimatstadt gerne gegen den Strom, sondern auch in der Fremde: Im Diplomatenviertel in Riyadh gründete er mit seinen Partnern beispielsweise die erste Baumschule für einheimische Wüstenpflanzen in Saudi-Arabien. "Es wurden immer Pflanzen aus Kalifornien und Australien importiert", erzählt er. "Es kann doch nicht sein, dass Ihr hier keine landestypischen Schönheiten habt", kritisierte er die Prinzen. Die ließen ihn gewähren. Und so schickte er nach Regengüssen, wenn die Wüste aufblühte, Arbeiter zum Samensammeln hinaus. Aus den Samenkapseln wurden zum ersten Mal einheimische Pflanzen vor Ort gezogen, die heute in bewässerten Gärten und Parks gedeihen.

Später überzeugte Bödeker die Saudis davon, mit ihren geklärten Abwässern die Grünanlagen zu wässern. "Das Abwasser eines einzigen Menschen ernährt sechs Bäume", sagt der Garten-Experte. "Doch für die wahabitisch islamische Bevölkerung ist gebrauchtes Wasser unrein. Um sich über solche Glaubenssätze hinwegsetzen zu können, braucht man Freunde und Vertraute", erzählt der Landschaftsarchitekt. Die hatte er – sowie die Erkenntnis, "dass der Wunsch nach einem Garten in jedem Araber sehr stark ist." "An 80 Stellen wird im Koran das Paradies als blühender Garten beschrieben", sagt er. Seit 40 Jahren arbeitet Bödeker an diesem Paradies – gestaltet es ausschließlich mit dem, was die Wüste vorgibt: Steine, Sand, Dattelpalmen, Akazien. Manchmal erlaubt er sich kleine Anspielungen an die Regierenden: Im Water Tower Garden wurden Findlinge aus gelblichem Sandstein wie überdimensionierte Königssitze in einer Art arabischem Stonehenge aufgerichtet. "Das passt gut", meint er. Terrassen und Wege werden oft von der Natur vorgegeben und sind ohne viel menschliches Zutun beeindruckend schön.

Durch die unterirdische Verlegung einer zwölfspurigen, viel befahrenen Autobahn schufen Bödeker und seine Landschaftsplaner in Riyadh eine sechs Kilometer lange Parkanlage. Durch den Tunnel-Bau und durch poröse Trink- und Abwasserleitungen stieg der Grundwasser-Pegel, so dass damit heute ein 30 000 Quadratmeter großer See und zahlreiche Wasserflächen in der Grünanlage gespeist werden.

Besuch der Prinzen

Trotz aller Liebe zur Wüste und den Arabern kann Saudi-Arabien nie eine Alternative zu seiner Heimat, dem Neandertal werden, wo er den ausgebauten alten Bahnhof oberhalb der Düssel bewohnt. "Ich bin ein leidenschaftlicher Neandertaler", sagt der Querdenker. Die Schönheit seines urwüchsigen Gartens bringt er immer wieder den Prinzen der Wüste nahe. "Die kommen oft und gerne zu mir. Sie wohnen im Parkhotel in Düsseldorf und reisen mit der Regiobahn an", erzählt er. Wenn sie in diesen Tagen wieder im Neandertal sind, wird ihr Freund "Richard" ihnen einen selbst gemachten Foto-Kalender schenken, der seinen niederbergischen Garten in schönster, üppiger herbstlicher Farbenpracht zeigt.

(RP)
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