Kanzlerkandidat der SPD in Mettmann Peer Steinbrück: "Ich bin einer von euch"

Mettmann · In Mettmann hat Peer Steinbrück etwas wieder gut zu machen. Bei der letzten Bundestagswahl verlor er das Direktmandat an seine CDU-Kontrahentin. Als Kanzlerkandidat zieht er nun alle Register – inklusive Anfahrt im eigenen Auto und Alltagssorgen ums Portemonnaie.

Steinbrück auf Wahlkreisbesuch in Mettmann
20 Bilder

Steinbrück auf Wahlkreisbesuch in Mettmann

20 Bilder

In Mettmann hat Peer Steinbrück etwas wieder gut zu machen. Bei der letzten Bundestagswahl verlor er das Direktmandat an seine CDU-Kontrahentin. Als Kanzlerkandidat zieht er nun alle Register — inklusive Anfahrt im eigenen Auto und Alltagssorgen ums Portemonnaie.

Genosse Peer will gute Laune verbreiten. Auf der Wahlkampf-Tour von Neujahrsempfang zu Neujahrsempfang in seinem Wahlkreis im rheinisch-bergischen Mettmann schüttelt der SPD-Kanzlerkandidat am Sonntag viele Hände. Er posiert wippenden Fußes mit der Dixieland-Kapelle für ein Erinnerungsfoto und herzt langgediente SPD-Genossinnen. "Mensch, da musst du ja mit drei Jahren in die SPD eingetreten sein", kalauert er, als eine ältere Jubilarin für 40 Jahre Mitgliedschaft die Bühne betritt.

Er ist - ganz der nahbare Politiker - mit seinem eigenen Auto angereist, einem etwas in die Jahre gekommenen BMW 318i. Wenn Peer Steinbrück in einer Gaststätte im Neandertal zum Auftakt seiner launigen Rede zu allererst vom Alltagselend erzählt, wie er gestern sein Portemonnaie verlor, alle Geld-Karten sperren ließ, nur um es kurz darauf wiederzufinden, will er vor allem eines zeigen: Ich bin einer von euch! Ich kenne eure Probleme, die großen und die kleinen.

Schließlich will Steinbrück nicht nur die Bundestagswahl gewinnen, er muss auch hier an der Basis in seinem Wahlkreis, eine gute Autostunde entfernt von seinem Bonner Wohnsitz, etwas wieder gut machen. Bei seiner ersten Kandidatur als Bundestagsabgeordneter 2009 für den Kreis Mettmann I ging das Direktmandat mit 10,6 Prozentpunkten Unterschied klar an seine weniger prominente CDU-Kontrahentin und nicht an den Ex-Finanzminister und früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten.

"Ich würde nicht nur mir das sehr übelnehmen, wenn ich den Wahlkreis dieses Mal nicht direkt gewinnen würde. Ich würde es auch euch übelnehmen", dreht Steinbrück den Spieß heute einfach um und schwört seine Mannschaft auf den kommenden Straßenwahlkampf ein. In Erkrath und Haan hat Steinbrück bei solch ironischen Spitzen die Lacher auf seiner Seite.

"Das Betreuungsgeld ist eine der dämlichsten..."

Steinbrück will als Kämpfer gegen soziale Ungerechtigkeit wahrgenommen werden, nicht als trockener Finanzfachmann. Das ist Balsam auf die Seelen der politischen Basis. Er spricht von Mindestlöhnen, gleicher Bezahlung von Frauen und Männern, von einem durchlässigem Bildungssystem. Sein Satz: "Das Betreuungsgeld ist eine der dämlichsten..." geht in tosendem Beifall unter.

Über vergangene Ausrutscher des Kandidaten will hier niemand reden. Geradlinigkeit ist das, was man erwartet und bekommt. "Er ist kein Gummibaum", lobt Marianne Söhnchen vom Ortsverein Hochdahl. "Man muss schließlich auch die Möglichkeit haben, sich an einem Politiker zu reiben", fügt ihre Parteifreundin Silvia Ebbinghaus hinzu.

Steinbrück ist nicht mehr nur der Spitzenpolitiker aus dem fernen Berlin, sondern angekommen in der politischen Wahlheimat. Er habe viel dafür getan, lobt der SPD-Ortsvereinsvorsitzende von Haan, Bernd Stracke.

Anfängliche Bedenken, dass er als Spitzenpolitiker von Rang und Namen nicht genug Zeit haben könnte, sich um die Mettmanner zu kümmern, habe Steinbrück ausgeräumt: "Über 260 Besuche hat er als Bundestagsabgeordneter in seinem Wahlkreis gemacht". Dass er es schaffen kann bis ins Kanzleramt, da ist Stracke nicht erst nach diesem Auftritt sicher: "Dann würden wir ihm auch nachsehen, dass er dann weniger Zeit für uns hat."

(pst/top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort