Heiligenhaus Das Demenznetz wächst

Heiligenhaus · Rund 450 Erkrankte sind in Heiligenhaus statistisch erfasst. Aber die Dunkelziffer liegt weit höher. Am 27. Oktober stellen Christel Prätorius und Susanne Kahle-Blum Angebote im Ludgerustreff vor.

Eindeutige Symptome gibt es nicht bei der Demenz. Die erste Phase der Erkrankung schleicht sich an: "Es beginnt mit Gedächtnisstörungen, Worte fallen einem zum Beispiel nicht mehr ein. Auch alltägliche Prozesse, wie das Kaffeekochen fallen einem schwer, weil gewohnte Handbewegungen eben nicht mehr so leicht von der Hand gehen.

Der Klassiker: "Den Weg nach Hause nicht mehr finden", sagt Susanne Kahle-Blum, geriatrische Fachkraft und Leiterin des Sozialdienstes des Caritas-Seniorenzentrums St. Josef. Die Diagnose ist ein schmaler Grat zwischen normal und krankhaft. In Heiligenhaus spricht die Statistik von rund 450 Erkrankten, schätzungsweise 120 Neufälle kommen jedes Jahr hinzu - die Dunkelziffer ist vermutlich wesentlich höher.

Oft pflegen Angehörige

"Die Bevölkerung wird immer älter, immer mehr pflegende Angehörige brauchen Hilfe, das Demenznetz Heiligenhaus will mit seinem Netzwerk Hilfestellungen leisten", sagt Christel Prätorius, Leiterin des Ludgerus-Treffs, "Betroffene und ihre Angehörige müssen die Krankheit kennen und wissen, wie sie mit ihr umzugehen haben." Mit der richtigen Medikation kann der Krankheitsverlauf sogar verzögert werden. Um zu sensibilisieren, lädt das Demenznetz am Samstag, 27. Oktober, zum nun schon vierten Informationstag "Demenz und Alzheimer" in den Ludgerustreff an der Ludgerusstraße 2a ein, die Teilnahme ist kostenlos.

Erkrankte Angehörige können vor Ort ebenfalls kostenlos betreut werden. Die Veranstaltung beginnt um 10 Uhr mit einem medizinischen Vortrag und anschließender Fragerunde durch den Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikum Niederbergs, Dr. Ulrich Meinke. Es folgt um 11 Uhr Monika Thöne, Diplom-Pädagogin und integrative Tanzlehrerin aus Erkrath, die anhand von praktischen Beispielen "wertschätzende Umgangsformen mit demenzerkrankten Menschen" erläutern wird.

Dieses Thema liegt sowohl Kahle-Blum als auch Prätorius am Herzen. "Wenn die Erkrankten wütend sind, dann dürfen sie wütend sein, sind sie fröhlich, dann kann man sich mit ihnen freuen." Das sei schwierig, wenn man als pflegender Angehöriger nicht darauf vorbereitet sei. "Wir müssen die Erkrankten auf der Gefühlsebene abholen, denn die ist das einzige was sie noch haben. Dazu kann man auf ihren Biografien aufbauen. Es geht darum, Stress zu vermeiden." Wut sei da nicht selten, sagt Prätorius: "Wenn die Erkrankten realisieren, welche Veränderungen sie erwarten, dann macht ihnen das natürlich Angst." Prätorius leitet eine Gruppe von sieben Demenzerkrankten, die freitags vormittags betreut werden.

90 Euro kostet das im Monat, inklusive Verpflegung. Das Geld kann über eine Pauschale der Pflegekasse von 200 Euro erstattet werden. In der Gruppe spielen Rituale und Aktivierung eine große Rolle. Doch die Hemmschwelle ist groß, auch davor, dass bekannt wird, welche Krankheit es ist. Für die Angehörigen ist das eine Herausforderung, mit der sie nicht allein da stehen.

Es besteht Hoffnung, das Demenz kein Tabuthema bleibt. Prominente wie der ehemalige US-Präsident Reagan oder Fußball-Manager Rudi Assauer gehen mit ihrer Erkrankung offensiv um. "Das macht Mut", sagen Kahle-Blum und Prätorius, "denn Demenz geht alle etwas an, jeder kann erkranken." 1,4 Millionen Menschen sind bundesweit betroffen.

(sade)
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