Ratingen Istrien ist mehr als eine Reise wert

Ratingen · Viele Kulturschaffende haben ein besonderes Verhältnis zu einem besonderen Urlaubsort. Für Dominikus Burghardt, der den Ratinger Kammerchor leitet und die Reihe "Folkwang-Konzerte im Oberschlesischen Landemuseum" gestaltet, ist es die Region Istrien in Kroatien. Ein Reise- und Arbeitsbericht, nach dessen Lektüre man sofort hinfahren möchte.

 Das mittelalterliche Labin – hier ein Blick in die Altstadt – hat auch ein kleines und schmuckes Theater.

Das mittelalterliche Labin – hier ein Blick in die Altstadt – hat auch ein kleines und schmuckes Theater.

Foto: privat

Der weltbekannte Tiefseetaucher Jacques Cousteau hat einmal behauptet, die kroatische Adria sei eines der saubersten Gewässer der Welt. Davon kann man sich auch heutzutage noch überzeugen — und das ist einer der Gründe, der mich in diesem Jahr zum siebten Mal an die kroatische Adriaküste, im speziellen an die Westseite der Kvarner Bucht, geführt hat. Dieses Teilstück des Mittelmeeres mit seinem glasklaren, türkisblauen Wasser umschließt die Region Istrien und einige Inseln.

Zur größten Insel Krk geht's mit dem Flugzeug, will man mit gut eineinhalbstündigem Flug (von Köln-Bonn) Istrien erreichen. Flugziel ist die zirka 20 Kilometer vorgelagerte Stadt Rijeka. Durch eine Brücke ist die Insel mit dem Festland verbunden. Fegen die tückischen Bora-Winde zwischen Triest, der kroatischen und der montenegrinischen Adriaküste (meist im September), kann es vorkommen, dass die Flugzeuge ordentlich durchgeschüttelt werden und nicht landen können. Dann wird auch die Brücke gesperrt, denn die Böen erreichen Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h.

Vom Flughafen Rijeka führt die gut eineinhalbstündige Autofahrt an der Küste entlang in Richtung Südosten nach Labin. Dabei durchfährt man das mondäne Seebad Opatija mit seiner üppigen subtropischen Vegetation. Seine Jugendstil-Villen mit ausladenden Balkons, herrschaftlichen Loggias sowie Fassadendekoration verdankt es der österreichischen Donaumonarchie. Eine Augenweide!

Die über Jahrhunderte währende Zugehörigkeit Istriens zu Italien hat Spuren hinterlassen; vor allem in der Architektur, aber auch sprachlich. Und so verwundert es nicht, dass bis heute in der ganzen Region Italienisch gesprochen wird. Das mittelalterliche Labin besitzt ein kleines und schmuckes Theater (malo kazalite): roter Samt (Bestuhlung und Bühnenvorhang) bestimmt das Erscheinungsbild. Einmal im Jahr finden sich dort Sänger und Pianisten aus aller Herren Länder (dieses Jahr aus Kroatien, Deutschland, Polen und China) ein, um an einem fünftägigen Meisterkursus für Gesang teilzunehmen.

Gemeinsam mit der polnischen Gesangspädagogin Jagna Sokorska-Kwika biete ich diesen Kursus seit fünf Jahren an, meist im Frühsommer. Teilnehmer sind vorwiegend Studierende, die sich auf Hochschulprüfungen vorbereiten. Andere bereiten sich auf Vorsingen an Opernhäusern vor oder auf wichtige Konzertauftritte. Und so kommt es nicht selten vor, dass in diesen Tagen aus dem kleinen Theater Mozart oder Verdi tönen und davon angelockte Touristen durch den Türspalt lugen. Am Ende stellen die Teilnehmer ihre Ergebnisse in einem öffentlichen Konzert, dem Rundfunk und Fernsehen beiwohnen, vor. Dabei erreicht vor allem das italienische Repertoire das Herz der einheimischen Zuhörer.

Quartier bezogen wird immer im fünf Kilometer entfernten Küstenörtchen Rabac — Gelegenheit zum Abschalten und zum Eintauchen in die Fluten. Ein Nachmittag in der Woche ist frei, so dass man sich einen Ausflug vornehmen kann. Istrien ist bekannt für sein Trüffelvorkommen. Man kann ins Landesinnere nach Motovun fahren, einem 600-Seelen-Dorf, in dem im Herbst von Hunden und Sammlern in frühen Morgenstunden die heiß begehrte Delikatesse aufgespürt wird. In ganz Istrien kann man sich diesen Schmaus zu akzeptablen Preisen gönnen.

Ein anderes Ziel kann die mediterrane Perle Rovinji an der gegenüberliegenden Westküste sein. Ein Städtchen für Kunstliebhaber und Romantiker, das mit vielen kleinen Restaurants italienisches Flair vermittelt. Rovinji reiht sich in Architektur und Bauweise in ein Bild ein, das alle mittleren und großen Ortschaften Istriens prägt: auf einer Anhöhe angesiedelte Häuser mit einer Kirche auf dem höchsten Punkt. Diesen Punkt erreicht man in Rovinji über steil bergauf führende Gassen, in denen Maler ihre Arbeiten zum Verkauf anbieten. Die Kirche ist nach der heiligen Euphemia benannt, die als Schutz- und Wetterprophetin vom Glockenturm aus 60 Meter Höhe zeigt, woher der Wind weht. Schaut sie ins eigene Land, wird das Wetter schlecht; schaut sie aufs Meer hinaus, dann wird das Wetter gut.

Sehenswert ist auch die Hafenstadt Pula (größter Ort der Halbinsel), die wie die Landeshauptstadt Zagreb und Rijeka viel städtisches Flair besitzt. Hauptattraktion ist das Amphitheater, die fünftgrößte Arena der Welt. Hier findet im Sommer ein Musikfestival statt, mit Größen wie Placido Domingo oder Lorin Maazel. Durch meine Aufenthalte haben sich Kontakte zur Universität Pula entwickelt. So kam es jüngst zu einer Begegnung mit kroatischen Musikern in der Reihe "Folkwang-Konzerte im Oberschlesischen Landesmuseum".

(dob)
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