Lintorf Liebevolle Betreuung zuhause

Lintorf · RP-Serie "Gegen das Vergessen": Sei April bietet der Awo-Treff Angerland gemeinsam mit der Theodor-Fliedner-Stiftung häusliche Betreuung für Demenzkranke an. Ehrenamtliche entlasten pflegende Angehörige.

 Für die ehrenamtliche Helferin Gisela Klich (hinten) ist die Betreuung Demenzkranker "eine sinnvolle Beschäftigung nach dem Berufsleben":

Für die ehrenamtliche Helferin Gisela Klich (hinten) ist die Betreuung Demenzkranker "eine sinnvolle Beschäftigung nach dem Berufsleben":

Foto: achim blazy

Gisela Klich liest gerne vor. Nicht als Autorin vor einem interessierten Auditorium, sondern für Rosalie H.*. Die scheint noch nicht einmal zuzuhören, blickt regungslos geradeaus. Aber hin und wieder tut sich was: Ein Heben der Lider, als ob sie etwas sagen will, doch sie bleibt still. Oder eine Regung der Mundwinkel, ein leises Lächeln – Zeugnis einer verblassten, aber doch vorhandenen Erinnerung an vergangene Zeiten.

Fähigkeiten erkennen

Rosalie H. ist dement, hat vieles vergessen und scheinbar jede Lebensqualität verloren. Gisela Klich kannte sie bis vor kurzem nicht. Sie übernimmt im Auftrag des Awo-Treffs Angerland und unter fachlicher Begleitung von Susanne Schmalenberg von der Theodor-Fliedner-Stiftung stundenweise häusliche Betreuung für Menschen mit Demenz. "Angehörigen fällt immer auf, was ihnen nahe Stehende alles nicht mehr können. Wir aber erkennen, wozu sie noch fähig sind", erklärt Klich. Gemeinsam mit Renate Escher betreut sie seit April ehrenamtlich demente Menschen in ihrer häuslichen Umgebung. "Wir wollen die Angehörigen entlasten, ihnen Zeit für sich geben." Doch noch wird das Angebot nicht so stark nachgefragt. "Dafür sehen wir mehrere Gründe", sagt Anita Becker, Leiterin des Awo-Treffs Angerland. "Einer ist, dass es nicht so leicht fällt, fremde Menschen in die eigene Wohnung zu lassen." Darum legt die Awo großen Wert darauf, dass sich alle Beteiligten kennenlernen und Vertrauen aufbauen können. "Wir laden zunächst nur den Angehörigen zu einem ersten Gespräch ein." Das findet außerhalb der privaten Räume statt und klärt die individuellen Bedürfnisse des Dementen, dessen frühere Gewohnheiten und den Zeitaufwand. Dann kann überlegt werden, welche Aktivitäten infrage kommen. Dazu gehören neben dem Vorlesen auch zuhören, spielen, singen oder spazieren gehen. Je nach Verfassung der dementen Person sind auch Theater- oder Konzertbesuche denkbar.

Gisela Klich und Renate Escher verstehen sich als Team, auch wenn sie unabhängig voneinander häuslich betreuen. Beide arbeiten schon länger in anderen Projekten für die Awo, bieten gemeinsam das monatliche Familienfrühstück an. "Wir können uns auf beide hundertprozentig verlassen, was für eine solche Aufgabe elementar wichtig ist", sagt Ulrike Hayduk, die zweite hauptamtliche Leitungskraft im Breitscheider Weg 25. Gisela Klich hat im persönlichen Umfeld bereits Erfahrungen mit Demenz gemacht und engagiert sich auch deshalb sehr gerne in dem Projekt. "Man bekommt von den Menschen immer auch etwas zurück und es ist eine sinnvolle Beschäftigung nach dem Berufsleben", meint die 67-Jährige.

Das sieht auch die ein Jahr ältere Renate Escher so. "Ich habe über 20 Jahre als Altenpflegerin gearbeitet und fülle dieses Ehrenamt aus Überzeugung aus." Beide haben sich in einem Kursus für die Aufgaben in der häuslichen Betreuung von Demenzkranken qualifiziert.

* Name geändert

(stemu)
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