Gegner wollen weiterkämpfen CO-Pipeline-Start in weiter Ferne

Krefeld · Während das Unternehmen an der umstrittenen Kohlenmonoxid (CO-)Pipeline festhält, wollen die Gegner das Projekt weiter bekämpfen.

Der Bayer-Konzern hält an der umstrittenen Kohlenmonoxid(CO)-Pipeline fest. In Krefeld warben Klaus Jaeger, bei Bayer Leiter des Standortverbundes NRW, und Pipeline-Projektleiter Werner Breuer gestern für die 67 Kilometer lange Leitung, deren Inbetriebnahme der Konzern eigentlich für das Jahr 2007 geplant hatte. Das von der Bezirksregierung geforderte Planänderungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung gehe nun in die nächste Phase. Die Unterlagen seien jetzt vollständig und "auslegungsreif". Das Verfahren war unter anderem notwendig geworden, weil Bayer Kunststoff-Schutzmatten verkleinert, andere Stahlsorten als beantragt verwendet und an einigen Stellen von der genehmigten Trassenführung abgewichen war.

Durch die Röhre, die teils direkt an Wohngebieten vorbeiführt, will der Konzern das als Rohstoff in der Kunststoff-Erzeugung benötigte Kohlenmonoxid von Dormagen nach Uerdingen leiten — überwiegend über rechtsrheinisches Gebiet. Während Bürger-Initiativen mehr als 100 000 Unterschriften sammelten und Kläger eine Inbetriebnahme bislang erfolgreich verhinderten, hält Bayer die Leitung für unverzichtbar. "Wir brauchen den Leitungsverbund, um an beiden Standorten jederzeit ausreichend mit Kohlenmonoxid versorgt zu sein", sagt Jochen Klüner, Sprecher von Bayer MaterialScience (BMS). Zudem setze das Unternehmen auf maximale Transparenz. Der gesamte 2000 Seiten starke Änderungsantrag werde ins Internet (www.pipeline.bayer.de) gestellt.

Marielle Erb, Sprecherin der Bezirksregierung, bestätigte auf Anfrage, dass die Planänderung "voraussichtlich nach den Sommerferien einen Monat lang in den betroffenen Städten" öffentlich ausgelegt werde. Insgesamt haben Bürger sechs Wochen lang Zeit, Einwände zu erheben. Es folgen Bündelung und Auswertung der Vorschläge, Anhörungen, Prüf- und Erörterungstermine. Auch aus Sicht der Bezirksregierung sei dies ein "verschachteltes Verfahren", das bei optimistischer Schätzung "frühestens Anfang 2013" abgeschlossen werden könne.

Dieter Donner, Koordinator der Anti-Pipeline-Initiativen im Kreis Mettmann, kündigte an, im nun anstehenden Verfahren "in ganz erheblichem Umfang" Einwände erheben zu wollen. "Bislang war der Kreis der Kläger auf vier beschränkt, im neuen Verfahren kann jeder, der von der Leitung in irgendeiner Weise betroffen ist, zum Kläger werden." Auch beim Thema Transparenz erkennt Donner keine komplett neue Strategie des Chemiekonzerns: "Dass Unterlagen, die ohnehin vier Wochen lang an mehreren Stellen ausliegen, zusätzlich ins Internet gestellt werden, finde ich einfach nur zeitgemäß."

Unterdessen sieht sich BMS bei den vom Düsseldorfer Verwaltungsgericht im Mai 2011 angemahnten Nachbesserungen bei der Erdbebensicherheit auf einem guten Weg. Der Konzern sei bei den Auflagen ein gutes Stück weiter gekommen. Gutachten für die Erdbebensicherheit der oberirdischen Anlagen und für Schäden durch mögliche Bodenverflüssigungen lägen bereits vor, nur beim Thema Verkarstungen und unterirdische Hohlräume stünden abschließende Messungen noch aus. Um Beschädigungen der Leitung zu verhindern, werde zudem ein zusätzliches Schutzsystem aus Kunststoff-Matten in die Trasse eingebaut.

Unterdessen bleiben die Pipeline-Gegner bei ihrer Forderung, die CO-Produktion vor Ort auszubauen und auf die Röhre zu verzichten. "Es gibt eine hochmoderne CO-Produktion in Dormagen, und es gibt eine veraltete, aber weiter laufende CO-Produktion auf Koks-Basis in Uerdingen. Statt einer Leitung könnte BMS in Uerdingen zusätzlich einen modernen Reformer bauen, um so die CO-Produktion abzusichern", sagt Donner.

Wie es mit dem Projekt weitergeht, entscheidet sich auch auf juristischer Ebene. Voraussichtlich im kommenden Jahr wird sich das Oberverwaltungsgericht Münster mit dem Thema befassen. Experten erwarten, dass die Richter neben den technischen Fragen auch die Verfassungsmäßigkeit des vom Landtag verabschiedeten Rohrleitungsgesetzes unter die Lupe nehmen werden. Kläger-Anwalt Jochen Heide: "Planänderung und Klagen machen eine Inbetriebnahme vor 2015 unwahrscheinlich."

(RP/jco)
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