100 Stationen in NRW umgestaltet Neues Leben in ausgedienten Bahnhöfen

Geldern · Einer bundesweit einzigartigen Initiative von Bahn, Kommunen und Land ist es gelungen, mehr als 100 Stationen in NRW umzugestalten. Vielerorts wurden mit der Sanierung der Bahnhofsgebäude auch ganze Stadtteile aufgewertet.

Dort, wo früher Güterwaggons standen und eine Panzer-Rampe auf den nächsten Nato-Transport wartete, planschen heute Kinder in einem Springbrunnen, und im Finanzamt nebenan brüten Beamte über den Steuererklärungen der Bürger. Eine großzügige, Arena-artig angelegte Unterführung bahnt den Weg in das neue Quartier und in die Niers-Auen. Die Gleise sind auf ein Minimum geschrumpft, aber das Umfeld des Gelderner Bahnhofs hat sich zu einem kleinen städtebaulichen Prunkstück entwickelt. Deshalb zogen Landesregierung und Bahn hier am Niederrhein die Zwischenbilanz ihrer gemeinsamen Bemühungen, alten, aufgegebenen Bahnanlagen neues Leben einzuhauchen.

Am Anfang holperte es mächtig, als sich Kommunen dafür interessierten, dass aus dem leerstehenden Bahnhofsgebäude "nicht bloß ein Matratzen-Geschäft" wird, sondern wieder so etwas wie das "Herz der Stadt", berichtet Stefan Raetz, Bürgermeister von Rheinbach und einer der Pioniere der Revitalisierung. In "seinen" Bahnhof an der Strecke Bonn — Euskirchen sind inzwischen ein Ticketbüro, eine Hebamme, zwei Familien, ein Bäcker und ein Ballettstudio eingezogen.

Was kurz nach der Jahrtausendwende in Rheinbach begann, hat mittlerweile mehr als 100 Bahnhöfen in NRW zu neuem Glanz verholfen. Es galt, die Bahn von unrealistischen Preisvorstellungen abzubringen und eine Schneise durch den Dschungel der Vorschriften zu schlagen. Für Kaufpreise von einem Euro bis zu sechsstelligen Summen wechselten die Anlagen den Besitzer. Meist sind und bleiben sie in kommunaler Hand, auch wenn — wie in Warburg — ein buddhistischer Tempel im alten Empfangsgebäude entsteht oder ein Restaurant.

Michael Groschek (SPD), Bau- und Verkehrsminister des Landes, sieht in dem Projekt eine doppelte Erfolgsgeschichte, verbindet sie doch städtebauliche Fortschritte mit einer höheren Attraktivität des Schienenverkehrs. Gesteuert wird das Ganze von der Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft NRW (BEG). Das Unternehmen gehört Land und Bahn je zur Hälfte und wirbt mit dem Slogan "Wir verstehen Bahnhof" für seine Expertise, die von der Altlastensanierung bis zum Bau von Unterführungen reicht. Groschek sieht NRW als Vorreiter bei der Umwandlung von Bahnflächen und Bahngebäuden, schließlich seien die Initiativen der Bürgermeister und der BEG bislang einmalig in Deutschland. Auch die Bahn, die noch viele überflüssige Immobilien besitzt, misst dem "Engagement des Landes bundesweiten Vorbildcharakter" bei.

(RP)
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