Freizeitparks in Florida Das ist die quietschbunte Welt von Orlando

Orlando · Disney, Universal, Sea World: Wer einen Vergnügungspark besuchen will, ist in Orlando genau richtig. Dazu kommen das ganze Jahr über schönes Wetter, Shopping, erstklassige Restaurants. Nur mit Geografie sollte man es nicht so genau nehmen.

Das ist die bunte Freizeitpark-Welt von Orlando, Florida
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In ihrem ganzen Leben hat Jana noch nie ein Dirndl angezogen. Warum auch, in Hamburg? Jetzt arbeitet die junge Norddeutsche in Orlando - und ihre Arbeitskleidung ist die bayerische Tracht. Oder das, was Amerikaner dafür halten: rotes Kleid mit Herzchen, weiße Bluse, weißer Schurz. Jana ist eine von mehreren Dutzend Deutschen, die im Germany Pavillion in Epcot arbeiten, dem Vergnügungspark in der Disney+ World, der die Besucher an einem Tag auf die Reise durch die ganze Welt schickt.

Auf Vollständigkeit allerdings kommt es hier nicht an - auch die Anordnung der Länder ist interessant: Eine Brücke trennt Großbritannien von Frankreich, gleich nach Marokko kommt Italien - und wer sich zwischen Brücken und Gondeln fotografieren lässt, hat mit großer Wahrscheinlichkeit ein Stückchen japanischen Schrein im Bild. Eng ist die Welt zusammengerückt in dem weitläufigen Park - und doch ist alles ein bisschen anders als in den jeweiligen Heimatländern der Millionen Besucher, ein bisschen bunter, ein bisschen fröhlicher, ein bisschen mehr Disney.

Teddybär-Shop in Deutschland

Beispiel Deutschland: biberschwanzgedeckte Dächer, verwinkelte Gässchen, ein Springbrunnen, ein Glockenspiel, ein Teddybär-Shop, ein Weihnachtsshop, eine Karamell-Kitchen, ein Brez'n-Stand. Junge Frauen in Dirndln und junge Männer in Lederhosen. Viele von ihnen Studenten oder Abiturienten, viele tatsächlich aus "Good Old Germany". Und ein Dauer-Oktoberfest in einer Art Hofbräuhaus, mit, wie es in der Werbung heißt, "echter Um-Ta-Musik". Dazu: Sauerkraut, Bratwürstchen und Schweinebraten. Typisch deutsch eben - wenn man noch nie in Deutschland war.

Jana findet das nicht mehr befremdlich, aber "die Besucher fragen schon, ob es tatsächlich überall so aussieht", sagt die junge Frau mit den kurzen blonden Haaren. Dass ihr Norden, das Meer und die Seen, so gar nicht abgebildet sind in dem wilden Sammelsurium aus Schwarzwald-Romantik und Bayern-Idyll, damit kann Jana leben.
"Trotzdem erzähle ich dauernd, wie unterschiedlich die Landschaften und die Menschen in Deutschland sind - und dass es nicht überall Bratwurst, Sauerkraut und Bier gibt."

Der Job jedenfalls macht Jana Spaß - auch wenn die Dauer-Wärme in Orlando für die Hanseatin gewöhnungsbedürftig ist: "Es ist entweder warm, schwül oder heiß - eine andere Jahreszeit als Sommer habe ich noch nicht kennengelernt."

Zwischen China und Italien arbeitet sie, in Deutschland. Auf dem riesigen Areal, das sich Walt Disney heimlich, still und leise Anfang der 1960er Jahre über verschiedene Tarnfirmen zusammenkaufte. In Anaheim in Kalifornien hatte er ein Disneyland gegründet, das wegen seines riesigen Erfolgs bald an seine Grenzen stieß - also hatte sich der Erfinder von Mickey Maus, Donald Duck und Pluto überlegt, einen noch größeren Vergnügungspark zu bauen, der sich in alle Richtungen ausweiten konnte.

In Kalifornien funktionierte das wegen Platzmangels nicht, das Wetter sollte aber genauso schön sein wie vor den Toren von Los Angeles - also zog er nach Florida, in das weitgehend verschlafene Orange County.

1971 eröffnet

Das Magic Kingdom war der erste Park, der 1971 öffnete. Heute gibt es vier Themenparks, zwei Wasserparks und 25 Hotels - alle im Zeichen der schwarzen Maus-Ohren. Ein einziges Hotel in der ganzen Disney-Stadt, die sogar eigene, lila Verkehrsschilder hat, gehört nicht zur Walt Disney Company.

Ein bisschen verrückt sind sie schon, diese Amerikaner. Sie haben Las Vegas, eine Stadt der Superlative, in der das größte Hotel 5000 Zimmer hat und in der immer die Sonne scheint. Sie haben ein Disneyland in Kalifornien, das das unbestrittene Reich der berühmtesten Maus der Welt ist. Und sie haben New York, die Megacity, in der kein Shopping- und Schnäppchen-Wunsch offen bleibt. Und dann ist da Orlando: Hier gibt es alles an einem Ort - und alles ein bisschen größer.

Neben der Disney-Welt gibt es zwei Parks der Universal-Studios, Sea World - und dazu allerlei Wasserparks und andere Vergnügungsinseln. Darüber hinaus Hotels mit Zimmernummern weit jenseits der 1000 und Shopping, bis die Füße qualmen: Zwei Werksverkäufe mit jeweils mehr als 150 Geschäften, ein knappes Dutzend Einkaufszentren und kleine, feine Boutiquen in ruhigeren Stadtteilen wie dem idyllischen Winter Park.

Das ist eine dieser stillen Ecken, die viele Touristen nie zu Gesicht bekommen. Gut 35 Kilometer liegt Winter Park von den Themenparks entfernt - in einer gänzlich anderen Welt. Die Menschen sitzen gelassen in den Straßencafés vor alten Backsteinhäusern, lesen Zeitung oder ein Buch - sämtliche Comic-Helden und Superlative dieser Welt kann man hier leicht vergessen. Auch eine Bootstour auf den nahe gelegenen Seen oder eine Tretboot-Partie auf dem Lake Eola bringt ein Funkeln in Kinderaugen - und das ohne eine Eintrittskarte zu lösen, die um die 80 Dollar pro Person kostet.

Doch wer nach Orlando kommt, um die Herausforderung auf wilden Achterbahnen zu suchen oder in künstlichen Lagunen mit Delfinen zu schwimmen, kommt vollends auf seine Kosten. Denn Orlando ist auch eine dieser Städte, die niemals schlafen - und im Gegensatz zu New York City hat sie einen immensen Vorteil: das Wetter. Es ist warm, an jedem Tag des Jahres.

Das schätzen die Touristen offensichtlich, denn Orlando hat New York City in Sachen Besucherrekord schon vor ein paar Jahren den Rang abgelaufen: Erstmals kamen im Jahr 2010 mehr als 50 Millionen Touristen, im vergangenen Jahr waren es fast noch 2 Millionen mehr. Dabei sind nicht einmal zehn Prozent Besucher aus dem Ausland, die meisten kommen aus den USA.

Ausflug mit der ganzen Familie

So wie John und Jane aus Ohio. Sie sitzen in einem der ratternden Busse, die die Besucher zwischen den verschiedenen Disney-Hotels, Themenparks und Downtown Disney hin- und herfahren. Sie sind um die 50 und kommen seit mehr als 20 Jahren im Herbst nach Orlando. Doch in diesem Jahr ist etwas anders: "Wir sind zum ersten Mal ohne unsere Kinder da", erzählt die Frau mit dem großen Strohhut.

Der Sohn und die Tochter studieren, sie sind aus dem Haus - und doch wollten die Eltern nicht von der Tradition lassen. "Wir kommen gerne hierher, und wir entdecken auch nach so vielen Jahren immer noch etwas Neues", sagt Jane. Am liebsten haben sie das Animal Kingdom. Dieser Riesenzoo besteht aus sieben Inseln mit verschiedenen Themen und sein Wahrzeichen ist der schreiend grüne, 15-stöckige Tree of Life auf der zentralen Kreuzung des Parks.

"Walt Disney wollte in einem solchen Park Tiere retten", sagt Jane, das habe man ihr auf verschiedenen Trips ins Animal Kingdom erklärt. 1998 wurde dieser größte Disney-Themenpark der Welt eröffnet, 32 Jahre nach dem Tod des Erfinders. Die Illusion ist, wie auch in den anderen Parks, perfekt. Die Schlangen an den Attraktionen halten sich in Grenzen, die Parks sind darauf ausgelegt, täglich Tausende Menschen jeden Alters durch ihre Fahrgeschäfte, Kinos, Restaurants und - in diesem Fall - Safaris zu schleusen.

Perfekt auch: The Wizarding World of Harry Potter - jene nahezu originalgetreue Szenerie der Filme um den britischen Zauberschüler. Die Zauberschule Hogwarts, das Dörfchen Hogsmeade, das Gleis 9 3/4 und die alte Dampflok, Fachgeschäfte für Zauberstäbe und Humpen voller Butterbier: Hier fehlt nichts, wonach der Potter-Fan suchen könnte. Und das riesige Zauberschloss Hogwarts ist nur eine Hülle für eine vierdimensionale Achterbahnfahrt durch die Szenen der Bücher, inklusive einem Quidditch-Match mit der Gryffindor-Mannschaft und einem Dinner in der großen Halle des Schlosses.

Während diese Zauberwelt immer gut besucht ist, gibt es fernab von Disney und Co. einen Park, der eigentlich gar keiner ist und auch mit dem Massenbetrieb der anderen nichts gemein hat: The Holy Land Experience. Eine überwiegend in Erdtönen gehaltene Kulisse, in der die Mitarbeiter wallende Gewänder tragen und in sanften Worten sprechen. Ochs und Esel auf einer grünen Wiese, dazu, so scheint es, sämtliche christliche Devotionalien.

Einmal am Tag, um 15.00 Uhr, gibt es die gesamte Passion in einer 75-minütigen Darbietung, inklusive Kreuzigung. Ein bisschen befremdlich wirkt diese Einrichtung, die einem Fernsehsender gehört, inmitten dieser Stadt der Superlative. Aber es ist, wie es ist in Amerika: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Und für alles findet sich ein Publikum. Auch und vor allem in Orlando.

(dpa)
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