Das Unesco-Weltkulturerbe Cesky Krumlov Ein Prachtjuwel in Böhmen

Düsseldorf · Wer Tschechien besucht, landet zumeist in der alles überragenden Hauptstadt Prag. Das ist ein schweres Versäumnis – wie das südböhmische Kleinod Cesky Krumlov belegt. Eine herrliche Renaissancekulisse und sogar Hollywood-Flair gibt es im Unesco-Weltkulturerbe zu bestaunen.

Streifzug durch das Unesco-Weltkulturerbe Cesky Krumlov
18 Bilder

Streifzug durch das Unesco-Weltkulturerbe Cesky Krumlov

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Wer Tschechien besucht, landet zumeist in der alles überragenden Hauptstadt Prag. Das ist ein schweres Versäumnis — wie das südböhmische Kleinod Cesky Krumlov belegt. Eine herrliche Renaissancekulisse und sogar Hollywood-Flair gibt es im Unesco-Weltkulturerbe zu bestaunen.

Bereits die Anfahrt auf das knapp über 13.000 Einwohner zählende Moldaustädtchen ist voller Verheißungen. Wer von westlicher Seite kommt, passiert die satten grünen Wiesen vor den aufragenden Voralpen-Gipfeln, Eindrücke wie aus dem österreichischen Bilderbuch.

Kurz vor der Grenze wird die Natur zum Zeugen für menschliche Spuren der Vergangenheit: Nicht nur, dass die weiten Bergpanoramen von dichten Wäldern abgelöst werden, die ein Monument der Abschottung aus den Zeiten des Kalten Krieges darstellen. Die künstlich angelegten Seen in den Lichtungen verweisen auf die Fischzucht als eine der früheren Haupteinnahmequellen der Region.

Weitere Stützen des Reichtums, von dem der imposante Marktplatz als Herz der Stadt heute noch zeugt, waren der Handel mit Ochsen und dem wichtigsten Konservierungsmittel der Frühen Neuzeit, Salz. Eine klassische freie Bürgerstadt war Cesky Krumlov jedoch nie: Drei Dynastien prägten die Gestalt der Stadt, deren deutscher Name Krummau sich von der Moldau herleitet, die an dieser Stelle eine Schleife, eine "krumme Au", bildet.

Eine Überraschung im Schlossgraben

Die meisten Relikte hat während ihrer rund 300-jährigen Herrschaft die Familie Rosenberg hinterlassen, deren Wappenrose sich noch heute an zahlreichen Stellen im Stadtbild wiederfindet. Ihre wichtigste Hinterlassenschaft ist das über den Dächern der Stadt thronende Renaissanceschloss: Italienische Künstler wandten damals die modernsten Mittel ihrer Zeit an, unter ihnen die Graffito-Technik, die die prächtig erhaltenen Außenfassaden ziert.

Am angrenzenden Uhrenturm aus derselben Epoche hätte George Orwell seine Freude gehabt. Die in alle Himmelsrichtungen zeigenden Ziffernblätter waren die erste Kontrollinstanz der Obrigkeit, um den Alltag der Untertanen bis auf die Stunde genau zu strukturieren.

Eine handfeste Überraschung erwartet den Besucher beim Blick in den Schlossgraben. Während die meisten Adelsdynastien sich mit exotischen Tieren in steinerner Form begnügten, erstrebten die Rosenbergs etwas Exquisites — und so strecken sich heute wie auch schon im 16. Jahrhundert zwei Bären den Blicken der neugierigen Scharen entgegen.

Bei gutem Wetter ziehen sich tatsächlich die Touristenschlangen durch Cesky Krumlov. Dennoch hat sich der Ort die Preisstruktur der tschechischen Provinz erhalten: Deftige Exemplare böhmischer Landküche sind für umgerechnet drei bis fünf Euro zu erwerben, der Bierpreis von einem Euro für einen halben Liter klingt für deutsche Ohren nahezu utopisch.

Zahlreiche Spuren der Türkenkriege

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ging die Herrschaft Krummau auf die Familie Eggenberg über, als Dank des Kaisers Ferdinand II. an seinen engsten Vertrauten. Mit ihrem Aussterben trat eine noch heute in Tschechien sehr präsente Dynastie — der Außenminister ist ein Spross dieser Sippe — auf den Plan: die Familie Schwarzenberg.

Die Erfolge ihrer Vertreter im Kampf gegen die osmanischen Eindringlinge haben sich vielfach im Stadtbild niedergeschlagen. Steinerne Soldaten mit abgeschlagenen Osmanenköpfen finden sich neben dem kuriosen Familienwappen, das an die für die Habsburger erfolgreiche Schlacht an der Raab 1664 erinnert: Ein Rabe zerfetzt das Gesicht eines orientalischen Kriegers.

Doch nicht nur der Hauch der Geschichte weht in Cesky Krumlov, auch Hollywood hat sich von den mittelalterlichen Gassen und den gotischen Bürgerhäusern verzaubern lassen. Zahlreiche Szenen des von Europaliebhaber Quentin Tarantino mitproduzierten Psychoschockers "Hostel" wurden im böhmischen Juwel gedreht.

Das nächste Highlight erwartet Bewohner und Gäste bereits in wenigen Monaten: Am 20. August macht der spanische Startenor Plácido Domingo im Rahmen des "Internationalen Musikfestivals" der Stadt seine Aufwartung.

(anch)
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