Schlösser und Burgen im Winter Eisige Kälte in der Meersburg

Meersburg · Im Sommer strömen die Besucher nur so hinein, im Winter liegt die Meersburg am Bodensee oft verlassen da. Geöffnet bleibt das Gemäuer trotzdem: "Wir wollen zeigen, wie es im Winter wirklich war", sagt die Herrin der ältesten bewohnten Burg Deutschlands.

Trotz Kälte: Meersburg bleibt im Winter offen
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Burgherrin Julia Naeßl-Doms zieht schnell die schwere Holztür hinter sich zu. "Sonst kommt die Kälte rein", sagt sie. Und tatsächlich: Durch den Empfangsraum der Meersburg - der ältesten bewohnten Burg Deutschlands - weht ein kühler Luftzug. Erst im zweiten Zimmer herrscht eine angenehme Raumtemperatur. Gebaut wurde die Burg am Bodensee vermutlich im siebten Jahrhundert - genau belegen lässt sich das nicht mehr. Bis heute ist das Gebäude in Privatbesitz und dient neben dem Burgmuseum als Wohnsitz für die Erben: Naeßl-Doms lebt mit ihrer Familie im oberen Teil der Burg.

In den Museumsräumen ein Stockwerk tiefer ist es bitterkalt. Die Burgherrin zieht sich schnell noch einen Schal und einen Mantel an, bevor sie sich in die langen Gänge wagt. Verlassen liegen die Zimmer da, es riecht nach Stein und Feuchtigkeit. Es gibt nur wenige Besucher. "Dabei ist das eigentlich eine ganz tolle Zeit für eine Besichtigung", sagt Naeßl-Doms. "Die Besucher erleben die Burg genauso, wie sie früher im Winter gewesen ist." Nur wenige Öfen sorgten damals für etwas Komfort, das Befeuern war mühsam. Schlecht isolierte Fenster, Türen und Wände taten ihr Übriges.

Heizanlage wäre nicht rentabel

Auch heute wäre das Heizen in der gesamten Burg ein zu großer Aufwand, sagt Naeßl-Doms. Zwar ist es durchaus möglich, eine moderne Heizungsanlage in historische Gebäude einzubauen - aber wohl kaum rentabel. "Außerdem wäre es für die Möbel gar nicht gut", sagt die Burgherrin. Denn das Holz der alten Schränke und Truhen könne sich leicht verziehen, wenn sie im Winter in geheizten Räumen stehen.

Für empfindliche Ausstellungsobjekte sei der Jahreszeitenwechsel deutlich schonender als die oft trockene Heizungsluft, sagt auch Frank Thomas Lang von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg (SSG). Geheizt werde daher in keinem der SSG-Schlösser. Es gebe zwar alte Anlagen, beispielsweise Kanonenöfen im Schloss Ludwigsburg. Aber damit die fürstlichen Räume mit einer Deckenhöhe von bis zu fünf Metern zu beheizen - das wäre aus Umweltgründen nicht vertretbar und würde in den schlecht isolierten Zimmern auch schlichtweg nicht funktionieren.

Geöffnet bleibt die Meersburg, wie auch andere Schlösser und Gärten der SSG, trotzdem das ganze Jahr über. "Wir freuen uns, wenn einer reinkommt", sagt Julia Naeßl-Doms lachend. In den kalten Monaten gebe es spezielle Führungen, die beispielsweise mit einem Glühwein aus der mittelalterlichen Gesindeküche enden. Ähnliche Winterangebote gibt es nach Angaben Langs auch im Schloss Ludwigsburg: Bei der Führung "Kronleuchter und Augenfunkeln" werden die alten Lüster aus dem 18. Jahrhundert mit Kerzen angezündet.

"Mystische Stimmung"

Auch das Kloster Maulbronn lockt mit Kerzenschein und Glühwein. "Da entsteht eine unglaublich mystische Stimmung", sagt Lang. Solche Veranstaltungen garantierten auch in kalten Monaten viele Besucher.
So kamen ins Kloster Maulbronn im vergangenen Jahr beispielsweise rund 205.000 Besucher, davon 44.000 Menschen zwischen Oktober und Dezember. Zum Vergleich: In der Winterhälfte von Januar bis März - ohne Weihnachtsmarkt - waren es nur 17.000.

Wie viele Besucher sich jährlich die Meersburg anschauen, will Naeßl-Doms nicht verraten. Nur soviel: In den Sommermonaten würden im 15-Minuten-Takt Führungen durch das Gemäuer angeboten, im Winter bei Bedarf. Auch die Zahl der Mitarbeiter wird in den kalten Monaten reduziert. Dafür nutzen die Burgherrn die Zeit für die Inventur und den Einkauf neuer Waren für die kommende Saison. Und sie genießen durchaus auch mal die Ruhe innerhalb der Burgmauern. So richtig warm werde es zwar im privaten Teil der Burg auch nicht, sagt Naeßl-Doms. "Aber das härtet ab, wir sind nie erkältet."

(dpa/anch/sap)
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