New Yorker Hauptbahnhof Grand Central Terminal feiert 100. Geburtstag

New York · Das New Yorker Grand Central Terminal, das am Samstag seinen 100. Geburtstag feiert, ist keine typische zugige Bahnhofshalle. Als "Stadt in der Stadt" ist es der Mittelpunkt für viele New Yorker und Pendler in der hektischen Metropole und gleichzeitig ein Magnet für Touristen. Rund 200 000 Menschen aus aller Welt besuchen nach Schätzungen des Bahnhofs täglich den Prachtbau in Midtown - nur den Times Square sehen mehr.

New Yorks Grand Central wird 100
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Das Pärchen hält sich an den Händen und schaut andächtig hinauf in den gemalten Sternenhimmel. Eine italienische Touristengruppe fabriziert ein Blitzlichtgewitter vor der legendären Uhr in der Mitte der Marmorhalle. Oben auf der Balustrade legen die Kellner von Michael Jordan's Steakhouse frische weiße Tischdecken für das nächste Power-Lunch auf, während bei "Cipriani's", gegenüber vom Apple-Laden, schon die Cocktails serviert werden.

"Ein Gedicht in Stein" - so warb schon eine Broschüre 1913 für das Grand Central Terminal mit zwei Ebenen, als es nach zehn Jahren Bauzeit mit einer Riesenfeier eröffnete wurde. Die Fassade mit den großen Bogenfenstern, den mächtig aufragenden Säulen im Beaux-Arts-Stil ist auch heute immer noch ein architektonisches Juwel inmitten der trögen Wolkenkratzer.

Im Inneren zwingt die gewölbte Decke mit den spiegelverkehrten Sternbildern den Blick nach oben wie in einer Kathedrale. Riesige Kronleuchter demonstrierten mit seinen ungezählten Glühbirnen stolz die damalige Errungenschaft der Neuzeit: elektrisches Licht. Restaurants, ein Gourmet-Markt und schicke Läden machen das Warten auf den nächsten Zug, die nächste Broadway-Show oder den nächsten Geliebten zum vergnüglichen Zeitvertreib.

Großzügig angelegte Rampen

Aber die beste Idee hatte Chefingenieur William J. Wilgus, der zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts New Yorks einen neuen Bahnhof konstruierte: Statt enger Treppenstufen entwarf er großzügig angelegte breite Rampen. Damit vermied er das typische Gedränge bei An- und Abfahrt der Züge und erleichterte das Koffer schleppen.

Pendler und Fernreisende trennte er außerdem durch die beiden Stockwerke voneinander. Bis heute funktioniert das System: Auf dem größten Bahnhof der Welt kommen an 43 Bahnsteigen auf zwei Ebenen täglich 750.000 Menschen an - in der Rush Hour bedeutet das alle 58 Sekunden ein neuer Zug. Ganz im Gegensatz zu dem genauso alten New Yorker U-Bahn-Netz herrscht hier aber nie das Gefühl der Enge.

Wilgus kam auch auf die Idee, "air rights" zu verkaufen, also die Schienen, die auf den Bahnhof zulaufen unter Tage verschwinden zu lassen und damit kostbaren Baugrund in Manhattan zu schaffen. Aus der ehemaligen 4th Avenue entstand so die schicke Park Avenue und die immensen Kosten konnten finanziert werden: Nach heutigen Maßstäben hätte die Bauarbeiten am Grand Central Terminal 2 Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) gekostet, mehr als der Berliner Hauptbahnhof.

Auf der Park Avenue steht übrigens auch heute noch das Luxus-Hotel Waldorf Astoria, das sich privaten Zugang zu einem eigenen Gleis sicherte. Präsident Franklin Delano Roosevelt konnte dort in den 1930er Jahren heimlich anreisen, ohne dass die Presse seinen Rollstuhl sah. Nach dem Zweiten Weltkrieg war jedoch der Lack ab: Günstige Flüge stellten den Bahnverkehr auf das Abstellgleis und 1967 sollte das Grand Central durch einen gigantischen Wolkenkratzer ersetzt werden.

Das gleiche Schicksal hatte das Pennsylvania Station auf der anderen Seite der Stadt ereilt, das einige Jahre vorher der Abrissbirne zum Opfer gefallen war. Die Pläne aber brachten einige Promis auf die Barrikaden, allen voran die Präsidentenwitwe Jacqueline Kennedy Onassis, die sich vehement für die Erhaltung einsetzte. "Vielleicht ist das die Zeit, klar Stellung zu beziehen, den Trend umzukehren, damit wir nicht alle in einer gleichförmigen Welt aus Stahl und Glaskästen enden", sagte sie bei einer Pressekonferenz. Das wirkte.

Denkmalschutz statt Wolkenkratzer

1976 wurde der New Yorker Hauptbahnhof unter Denkmalschutz gestellt und in den 1990er Jahren saniert. Heute bietet das Grand Central keine Annehmlichkeiten wie vor hundert Jahren, als die Damen einen eigenen Friseur in ihrem Wartesaal hatten und die Herren sich für einen Dollar frisch rasieren lassen konnten.

Wer allerdings noch ein bisschen Geschichte schnuppern möchte, der kann im Tiefgeschoss die "Oyster Bar" besuchen - das einzige Original-Restaurant. Mit-Inhaber Sandy Ingber serviert dort an langen Tischen New Yorker Muscheleintopf mit ähnlichen Rezepten wie damals. Hollywood-Stars Bette Midler oder Bill Murray dinieren gerne noch unter der gekachelten Bogendecke. Zur Hundertjahrfeier serviert die "Oyster Bar" übrigens seinen Nachtisch für den Preis von 1913: ein Stück Käsekuchen kostet an dem Tag nur 19 Cent.

(APD/csr)
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