German Open Badminton — federleicht und knallhart

Mülheim · Die Weltelite im Badminton misst sich in Mülheim. Der Verband blickt zuversichtlich in Richtung Olympia 2016 in Rio, nur der sportliche Nachwuchs macht Sorgen.

German Open: Badminton — federleicht und knallhart
Foto: dpa

"Blitzlicht bitte aus" heißt es für die Besucher der German Open im Badminton. Damit sind vor allem die vielen Schüler gemeint, die auf den Zuschauerrängen in der RWE-Sporthalle in Mülheim an der Ruhr ihre Smartphones im Anschlag halten. Das Blitzlichtgewitter blendet die Spieler. Schulklassen haben hier freien Eintritt, und als als bei anderen sportlichen Großveranstaltungen, wo dasselbe gilt, kommen sie auch. Denn das Spiel kennen sie aus dem Sportunterricht.

Auf Feld 2 spielt gerade das gemischte Doppel, Michael Fuchs (Saarbrücken) und Birgit Michels (Bonn-Beuel), gegen ein koreanisches Team um den Einzug ins Viertelfinale. Beide gehören zu den leistungsstärksten Spielern im deutschen Kader. Noch bis morgen dauern die Internationalen Meisterschaften, bei denen es auch um Punkte für die Weltrangliste geht.

Mülheim ist ein Zentrum für den deutschen Badmintonsport. Dort befinden sich die Geschäftsstelle des Deutschen Badminton Verbands (DBV), der Bundesstützpunkt und das Sportinternat des NRW-Landesverbandes. Keine 200 Meter von der Halle entfernt trainiert die junge deutsche Leistungselite.

Während sich das Niveau des deutschen Kaders über die vergangenen Jahre stetig verbessert hat, muss der Bundesverband gerade die jungen Spieler gezielt suchen und fördern. "Dieses Problem teilen wir mit allen Vereinssportarten", sagt Dietrich Heppner, zuständig für Leistungssport beim DBV. Dabei hat Badminton gegenüber anderen Randsportarten einen Wettbewerbsvorteil. Denn es steht auf dem Lehrplan für den Sportunterricht an vielen weiterführenden Schulen. Trotzdem verlieren die Badmintonvereine deutschlandweit Mitglieder unter den Jugendlichen.

Diese Gleichung wird aus der Summe von Fußball und Fernsehen gebildet. Das ergibt am Ende weniger Vereinsmitglieder in der Altersgruppe der 15- bis 18-Jährigen. Im Vergleich dazu spielen die Jungen zwischen sieben und 14 am häufigsten Badminton im Verein. "Was im Fernsehen übertragen wird, ist populär", sagt Heppner. Und Badminton gehört eben nicht dazu. Auch das Überangebot an Freizeitaktivitäten spiele eine Rolle, meint der 65-Jährige, der pensionierter Lehrer ist. Früher hat er Schüler, die außer Fußball keine andere Sportart ernstnehmen wollten, in Grund und Boden gespielt. "Ich wusste immer, wo die den Ball als nächstes hinschlagen", erzählt er. Wenn er mit ihnen fertig war, sprach niemand mehr despektierlich von "Federball".

Man braucht Ausdauer, Spielintelligenz, Koordination und Kraft. Badminton führt Jung und Alt zusammen. Heppner spielt noch heute mit seinem 45-jährigen Sohn. Die deutschen Spieler unten auf dem Feld haben gerade den ersten Satz mit 21:15 gewonnen, und Heppner reckt den Hals etwas, um freie Sicht aufs Spiel zu haben. Im zweiten Satz führen die Koreaner.

"Badminton ist ein Familiensport", sagt Karl-Heinz Zwiebel, Vizepräsident des DBV und zuständig für den Schulsport. Er ist auch Lehrer und unterrichtet seit 39 Jahren Sport am Clara-Schumann-Gymnasium in Bonn. Seit 35 Jahren spielt er Badminton mit seinen Schülern.

Für Badminton im Sportunterricht spricht nach seiner Ansicht viel: Es braucht keine kostspielige Ausrüstung und ist leicht zu lernen, erklärt Zwiebel. Sein Sohn Marc ist auch Badminton-Profi. Beim Tennis dauere es manchmal Monate, bis man den Ball über das Netz spielen kann. Im Badminton ist das anders. Man könne sehr schnell ins Spiel einsteigen.

Mittlerweile ist der zweite Satz im Match zwischen Deutschland und Korea für Fuchs und Michels mit 14:21 verloren. Ein junger Helfer, nicht älter als elf Jahre, schiebt Bahn für Bahn einen Mopp über das Spielfeld, um den Boden wieder trocken zu wischen.

Auch wenn die Nachwuchssituation die Stimmung im Verband trübt, angesichts der olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro sind die Erwartungen hoch. Bei den German Open sammeln die Teilnehmer Punkte für die Weltrangliste. Im Mai beginnt die Olympiaqualifikation. Dann ist ein guter Platz in der Rangliste wichtig. "Wir haben in allen Disziplinen Chancen auf die Qualifikation und hoffen auf eine Medaille", sagt Heppner. Vor 15 Jahren sei der Verband froh gewesen, wenn man zu den Sommerspielen fahren konnte. Heute werde man von den Topnationen wie China und Korea als Konkurrenz wahrgenommen.

Und das zeigt auch das Ergebnis unten auf dem Feld: Das deutsche Doppel gewinnt den dritten Satz, und der junge Helfer sammelt die Unterschriften der Sieger.

(RP)
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