Baseball Der steinige Weg heraus aus der Nische

Solingen · Die Solingen Alligators sind deutscher Meister – doch der Bundesligist muss stets die Herausforderung meistern, aus wenig viel zu machen.

 Norman Eberhardt hat als Trainer und Spieler die deutsche Meisterschaft im Baseball gewonnen.

Norman Eberhardt hat als Trainer und Spieler die deutsche Meisterschaft im Baseball gewonnen.

Foto: Stephan Köhlen

Die Solingen Alligators sind deutscher Meister — doch der Bundesligist muss stets die Herausforderung meistern, aus wenig viel zu machen.

Norman Eberhardt hat das erreicht, was auch Jupp Heynckes und Franz Beckenbauer geschafft haben: in ihrer Sportart als Spieler und Trainer deutscher Meister zu werden. Doch während die Fußballer zu Stars wurden, ist ihr Kollege nur Insidern einer Nischensportart in Deutschland bekannt: Baseball. Und weil der US-amerikanische Volkssport hierzulande kaum beachtet wird, mangelt es mitunter auch an einfachster Unterstützung. So steht Eberhardt, Trainer des deutschen Meisters Solingen Alligators, mit einem Wasserschlauch am Platz. Damit es nicht zu sehr staubt, macht er die rote Asche nass, über die seine Spieler beim Training laufen und rutschen.

Für den Übungsleiter ist das ebenso Routine wie das Abziehen der Asche mit einem Metallnetz, das an einem Rasenmäher befestigt wird. Auch darum kümmern sich die Baseballer selbst. Dabei handelt es sich bei den Alligators nicht um eine Hobbytruppe, sondern um einen der erfolgreichsten deutschen Baseballvereine. Nach dem Aufstieg 2002 erreichten sie seit 2005 immer das Halbfinale, holten 2006 und 2014 den Titel. Eberhardt war bei allen Erfolgen dabei. Er schlug auch den ersten Homerun - einen für den Gegner unerreichbaren Ball - in der Bundesliga-Historie des Klubs.

"Die Indianer von Cleveland" dienten als Wegweiser

Wie er zum Baseball kam, beantwortet der 39-Jährige mit einem Lächeln und dem einfachen Satz: "Ich habe 1990 'Die Indianer von Cleveland' im Kino gesehen." Der Film mit Charlie Sheen und Tom Berenger ist Baseball-Kult. 1991 gründeten sich die Alligators.

Bei aller Professionalität mit drei Trainingseinheiten in der Woche, Besuchen im Fitnessstudio und zwei Spielen am Wochenende bleibt alles nur ein Nebenjob - leben können die Baseballer davon nicht. "Ich habe einen Spieler, der eine Lehre zum Bürokaufmann macht, einer ist Schreiner, einer Arzt, einer Grundschullehrer und einer arbeitet im Schichtdienst bei einem Galvanisierungs-Unternehmen", zählt Eberhardt auf. Zwar gehören auch US-Amerikaner wie Chris Mezger oder Tanner Leighton zum Team, doch die verdienen nur ein wenig Geld als Trainer für Jugendmannschaften. Dass sie in Solingen wohnen können, verdanken sie Gönnern, die Wohnungen kostenfrei zur Verfügung stellen, so dass ihr Trainergehalt für den wöchentlichen Einkauf von Lebensmitteln reicht.

Finanziell sind die Baseballer ohnehin nicht gesegnet. "Der Etat liegt bei 90.000 Euro", sagt Eberhardt und konkretisiert: "Für den Gesamtverein, mit der Jugendabteilung und allem dabei. Der Etat für die erste Mannschaft ist vielleicht ein Drittel davon. Von den Topteams Paderborn, Bonn, Regensburg, Heidenheim oder Stuttgart haben wir sicher den niedrigsten Etat. Heidenheim hat allein das für seine erste Mannschaft, was uns für den ganzen Verein zur Verfügung steht." Die Heidenheim Heideköpfe unterlagen den Solingern im Finale 2014.

Auch in puncto Infrastruktur hinken die Alligators hinterher. An ein Internat wie andernorts in der Bundesliga ist derzeit gar nicht zu denken, und der sogenannte Baseballpark Weyersberg ist eigentlich auch nur eine umzäunte Wiese mit Spielfeld (Infield) und einigen Dutzend Sitzen am Rand. "Die Paderborner haben zum Beispiel eine Halle, in der sie ein ganzes Infield haben. Die können Schlagkäfige von der Decke lassen und den ganzen Winter so trainieren, wie wir jetzt gerade draußen", berichtet Eberhardt.

Um die Infrastruktur zu verbessern, wurde das Projekt "Baseballpark Weyersberg 2020" angepackt. Andre Hughes, Werfer (Pitcher) des Nationalteams und zweiter Vorsitzender der Alligators, zeigte in einem Bildvortrag die Probleme: Verbeulte Container als Lager für die Ausrüstung, ein Stadionsprecher, der bei Regen nass wird, keine Umkleiden - auch nicht für Offizielle wie Schiedsrichter - am Platz. "Das Zentrum des Deutschen Meisters hat einen Gartenzaun drumherum", sagte Hughes, als er die Vision 2020 präsentierte.

Bis es soweit ist, wird Trainer Eberhardt noch häufiger die Aschebahnen nass machen müssen.

(RP)
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