Baseball-EM in Deutschland Kleine Meisterschaft in einem großen Sport

Regensburg/Solingen · Amerikas traditionsreichste Sportart kämpft in Deutschland um Aufmerksamkeit - derzeit bei der Baseball-EM in Regensburg

 Norman Eberhardt trägt nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft sich ins Goldene Buch der Stadt Solingen ein.

Norman Eberhardt trägt nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft sich ins Goldene Buch der Stadt Solingen ein.

Foto: Stephan Köhlen

Kompliziert seien sie, die Regeln, bemerkt Norbert Feith beim Eintrag der Solingen Alligators ins Goldene Buch der Stadt. Und damit spricht der Oberbürgermeister das Kernproblem des Baseballs in Deutschland aus. Wer kennt sich schon mit dem US-Volkssport aus? Viele Europäer, die zufällig ein Baseballspiel im Fernsehen sehen, können dem Spiel wenig abgewinnen. Der eine wirft, der andere schlägt - und plötzlich rennen alle wieder vom Feld.

Trotzdem lässt sich Norman Eberhardt die Vorlage nicht entgehen. Der Trainer der Solingen Alligators, die in diesem Jahr die Deutsche Meisterschaft zum zweiten Mal nach 2006 in die Klingenstadt geholt haben, kontert: "Ich denke, es ist ein Stück weit auch der deutsche Charakter, sich nicht gerne auf neue Dinge einzulassen." Als Kind habe er auch lange gebraucht, um Abseits zu verstehen. "Klar gibt es im Baseball viele Regeln, aber dafür ist das Spiel auch viel schöner als Fußball." Der Mann ist Fan des 1. FC Köln...

Baseball hat einen schweren Stand in Deutschland. Der Mitgliederbestand des Deutschen Baseball- und Softball-Verbands (DBV) ist seit der Jahrtausendwende von rund 28.000 auf 23.700 geschrumpft. Aber diejenigen, die hierzulande Baseball betreiben, machen es mit Hingabe. Die Solingen Alligators treten seit 2003 in der Bundesliga anund gehören zu den großen Erfolgsgeschichten in der Szenerie. In zwölf Saisons in der höchsten deutschen Spielklasse schafften es die Klingenstädter jedes Mal in die Playoffs. In den vergangenen zehn Jahren erreichte der 1991 gegründete Verein sogar stets mindestens das Halbfinale.

Viel Geld ist beim Baseball nicht im Spiel. Fast jede der 16 Bundesliga-Mannschaften leistet sich zwar den einen oder anderen Importspieler, doch die meisten Mitglieder eines Teams betreiben den Sport vollständig als Hobby.

Bei der EM in Regensburg geht es derzeit darum, mehr Menschen für den Sport zu begeistern. Zwischen 1000 und 2 000 Zuschauer besuchen die Partien des deutschen Teams. Alle Spiele werden im Internet übertragen.

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In Moritz Buttgereit, André Hughes, Julian Steinberg und Harry Glynne stellen die Alligatoren aus dem Bergischen Land auch vier Spieler für die deutsche Nationalmannschaft ab. Der Rest des Teams kommt überwiegend von den anderen großen Vereinen in Deutschland. Neben Regensburg und Heidenheim zählen die Bonn Capitals und Mainz Athletics dazu. In der Vorrunde der EM, die derzeit im größten deutschen Baseballstadion in Regensburg ausgetragen wird, kämpft das Nationalteam nicht nur um den Einzug in die Hauptrunde im tschechischen Brünn.

Siegen gegen Großbritannien und Belgien standen bis gestern Niederlagen gegen Frankreich und Italien gegenüber, am späten Abend folgte dann gegen Schweden ein 12:8-Erfolg. "Unser Ziel ist mindestens Platz drei", sagt Jürgen Elsishans, der für die Abteilung Leistungssport zuständige DBV-Vizepräsident, entsprechend zuversichtlich.

Ball trifft Miamis Stanton im Gesicht
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Foto: ap

Vor neun Jahren fand zuletzt die EM in Deutschland statt: damals in Bonn, Köln, Solingen. 2010 gewann die Nationalmannschaft Bronze. Ein paar Jahre zuvor dienten die Deutschen den Besten als Sparringspartner, mittlerweile, sagt Elsishans, "sind wir an ihnen dran". Er steht derzeit in der ersten Reihe des Verbandes. Präsident Michael Hartmann muss sein Amt nämlich ruhen lassen. Der SPD-Politiker hatte die Droge Crystal Meth konsumiert, seine Immunität als Abgeordneter wurde aufgehoben.

Der Abstand zu den größten europäischen Baseball-Nationen wie Italien oder dem 20-maligen Europameister Niederlanden wird geringer. 2010 gewann das Team von Nationaltrainer Greg Frady Bronze, es war die erste EM-Medaille seit 1957. Ein Erfolg, der auch der guten Nachwuchsarbeit zuzuschreiben ist. Alle großen deutschen Clubs bringen regelmäßig Talente hervor. Regensburg, Paderborn und Mainz verfügen über Baseball-Internate. Der Aufwand zahlt sich aus. Nie zuvor haben so viele Spieler aus deutschen Ländern Profiverträge in den USA unterschrieben. Neben dem Solinger Kai Gronauer stehen sieben weitere Spieler in Amerika in der Pflicht - vorwiegend in unteren Klassen. Prominentester deutscher Baseballer ist Donald Lutz. Der für die Cincinnati Reds aktive 25-Jährige ist der erste und bislang einzige Spieler, der seinen Kindheitstraum lebt und in der Major League Baseball (MLB) - der mit Abstand wichtigsten Spielklasse der Welt - zum Einsatz kommt.

(trd)
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