Finale der Darts-WM Legende Taylor trifft auf den kaffeesüchtigen Mann der Stunde

Phil Taylor hat den Dartssport geprägt wie kein Zweiter. Im Finale der Darts-WM 2015 kann "The Power" seinen 17. Weltmeister-Titel gewinnen. Am Sonntagabend trifft er auf einen Gegner, der so völlig anders ist, als der Rekordchampion.

 Gary Anderson hofft auf seinen ersten WM-Titel.

Gary Anderson hofft auf seinen ersten WM-Titel.

Foto: ap

"Es wird ein großartiges Finale", versprach Taylor nach seinem 6:2-Sieg im Halbfinale gegen seinen Dauerrivalen Raymond van Barneveld. Und in der Tat spricht vieles dafür, dass die Fans am Sonntagabend (21 Uhr / Sport1) auf ihre Kosten kommen. In Taylor trifft der beste Spieler aller Zeiten auf den Mann der Stunde, Gary Anderson.

Der Schotte hat ein beeindruckendes Jahr 2014 hinter sich, in dem er sich von Position 18 in der Weltrangliste bis auf Platz vier verbesserte. Schon vor dem Finale steht fest, dass er am Montag auf Position drei geführt werden wird — direkt hinter Taylor. Im Halbfinale besiegte er den Titelverteidiger und Weltranglistenersten Michael van Gerwen in überzeugender Manier mit 6:3. Das letzte wichtige Turnier vor der WM gewann ebenfalls Anderson — im Viertelfinale der PDC Players Championship schaltete er dabei Taylor aus. Für Experten kommt sein Finaleinzug deshalb auch nicht überraschend.

Während Taylor als Darts-Besessener gilt, der tagtäglich von morgens bis abends am Board steht und danach noch gewissenhaft an der Entwicklung seiner Pfeile tüftelt, war der Sport für Anderson lange nicht mehr als ein Hobby. Der 44-Jährige arbeitete jahrelang als Kaminbauer, später betrieb er einen Pub in Süd-England. Und selbst wenn er mittlweile wie Taylor Vollprofi ist, reicht ihm nach eigener Aussage vor einem Match gerne auch mal ein zehnminütiges Training. Lieber als am Board verbringt er seine Zeit mit Kaffeetrinken — bis zu 20 Tassen am Tag soll er der Legende nach konsumieren. Zittrige Hände hatte er bei dieser WM bislang dennoch nicht.

Auch im Spielstil der beiden Spieler zeigt sich der Unterschied. Während Taylor sich für jeden Dart Zeit nimmt, sein Ziel genaustens anvisiert und die Pfeile so immer wieder ins gewünschte Feld "arbeitet", wirft Anderson mit einer flüssigen Bewegung ohne viel Vorbereitung vermeintlich einfach drauf los.

"Es ist schön, wieder im Finale zu stehen. Das ist ja schon vier Jahre her. Ich habe wieder Spaß am Dartsspielen", sagte Anderson nach dem Halbfinale. Der "Flying Scotsman" hat schwere Zeiten hinter sich. 2011 starb sein Bruder im Alter von 35 Jahren nach einem Herzinfarkt, ein halbes Jahr später folgte mit dem Tod des Vaters der nächste Schicksalsschlag. "Ich hatte familiäre Probleme und wollte einfach nicht auf dem Oche stehen", erinnert sich Anderson an die Jahre 2012 und 2013, in denen er weit unter seinem Niveau spielte. "Oche", so nennen die Briten die Bühne, auf der die zumeist bierbäuchigen Helden ihre Pfeile Richtung Dartsscheibe werfen.

Darts-WM 2012/13: Taylor holt 16. Titel
17 Bilder

Darts-WM 2012/13: Taylor holt 16. Titel

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Foto: afp, LEON NEAL

Dass dies mittlerweile anders ist, zeigt der Turnierverlauf. Anderson steigerte sich von Spiel zu Spiel und überzeugte gegen van Gerwen vor allem durch seine Nervenstärke. Genau 50 Prozent seiner Versuche auf die Doppelfelder, mit denen man ein Leg beendet, fanden ihren Weg ins Ziel. Nicht nur für Anderson, der in der Vergangenheit für Anflüge von "Double Trouble", also Schwierigkeiten beim Auschecken bekannt war, eine starke Quote. Die von Taylor lag gegen van Barneveld mit 48,7 Prozent allerdings nur knapp darunter.

Die Form spricht vor dem Endspiel leicht für Anderson, die Erfahrung deutlich für Taylor. Der Engländer steht in seinem 18. WM-Finale, unfassbare 16 davon konnte er für sich entscheiden. "Das wird eine Schlacht", kündigt Taylor an. "Wenn er mich schlagen will, wird er dafür kämpfen müssen. Und auch auf mich wartet ein Kampf."

Ein besonderes Schmankerl würde Taylor den Fans im Alexandra Palace in London gerne noch bereiten. "Ich will einen Neun-Darter werfen", sagte Taylor. Als Neun-Darter bezeichnet man das perfekte Leg, in dem man mit der minimalen Anzahl von neun Würfen auscheckt. Erst einmal war es einem Spieler gelungen, im WM-Finale einen solchen Neun-Darter zu erzielen — Adrian Lewis bei der WM 2011. Sein damaliger Gegner: Gary Anderson.

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