Judoka Frey Der Hoffnungs-Hüne

Düsseldorf · Karl-Richard Frey verpasst eine Medaille beim Grand Prix in Düsseldorf. Das ändert aber nichts daran, dass der Leverkusener das deutsche Judo in Richtung Olympia 2020 führen soll.

 Karl-Richard Frey zeigt die Siegerfaust.

Karl-Richard Frey zeigt die Siegerfaust.

Foto: dpa, jg

Platz sieben beim Heim-Grand-Prix in Düsseldorf war nicht das, was sich Karl-Richard Frey vorgenommen hatte. Platz sieben ist nie das, was sich Karl-Richard Frey für ein Turnier vornimmt. Aber Michael Korrel, der Weltranglisten-Fünfte, war in der Hoffnungsrunde der Klasse bis 100 Kilogramm diesmal zu stark für den Weltranglisten-Siebten vom TSV Bayer Leverkusen. Doch die Saison ist noch jung, das deutsche Judo mit zwei neuen Nationaltrainern im Umbruch, und Frey wird auch ohne Medaille in der Mitsubishi-Electric-Halle eine ganz besondere Rolle behalten. "Ich denke, ohne irgendjemandem vorgreifen zu wollen, Karl-Richard wird der Team-Leader auf dem Weg nach Tokio", sagt Peter Frese, Präsident des Deutschen Judo-Bundes (DJB).

Seit dem Karriereende von Peking-Olympiasieger Ole Bischof suchen die Verantwortlichen einen Nachfolger. Einen Nachfolger, der Judo über seine Leistung, seine Präsenz auf der Matte wie auch über seine Persönlichkeit in die (mediale) Öffentlichkeit transportieren kann. Frey kann und soll dieser Mann sein. Da sind sich im Prinzip alle einig. "Die Art und Weise, wie er auftritt, ist einem Judoka entsprechend. Er ist ehrgeizig, fleißig, konsequent - und sozial, das ist mir ein ganz wichtiger Punkt. Er denkt auch an andere Athleten", sagt Frese. Der Weg des 25-Jährigen zum deutschen Vorzeige-Judoka ist seit Jahren vorgezeichnet. Als er 2010 ein U 20-Turnier in Korea gewann, übermittelte sein Trainer per Telefon in die Heimat: "Die haben hier alle Angst vor ihm."

Und Frey, dessen fünfeinhalb Jahre jüngerer Bruder Johannes (JC 71 Düsseldorf) gestern in derselben Gewichtsklasse Fünfter wurde, hat die in ihn gesetzten Hoffnungen auch durchaus schon erfüllen können. WM-Bronze 2014, WM-Silber 2015, zehn Medaillen bei Grand-Prix-Veranstaltungen, vier bei den noch höherwertigeren Grand-Slam-Turnieren - Frey ist unbestritten längst in der Weltspitze angekommen. Aber der ganz große Titel bei WM oder Olympia fehlt ihm eben noch. Im Vorjahr in Rio verpasste Frey Bronze knapp, wurde Fünfter. Zu wenig für das Selbstverständnis des Sportsoldaten, der im Vorfeld der Spiele gesagt hatte: "Ich will Olympiasieger werden!"

Frey ist dabei niemand, der sich nur auf sein Talent verlässt. Er ist hart zu sich selbst, er quält sich im Training, zu viel gibt es für ihn nicht, wenn es um Judo geht. "Wenn ich nicht trainiere, trainieren meine Gegner", sagte er mal. Er versucht, alles zu beeinflussen, was er beeinflussen kann, aber letztlich bleibt Judo eine situative Hop-oder-Top-Sportart mit hoher Leistungsdichte. Und in der kann auch der Ehrgeizigste Siebter werden beim Heim-Grand-Prix.

Dass Frey keine Medaille holte, konnte Peter Freses Laune ohnehin nicht trüben. Edelmetall sei nicht das Wichtigste, es gehe um die Entwicklung der Athleten, hatte der DJB-Boss unter der Woche betont. "Es ist mehr, als ich erwartet habe", sagte er dann auch mit Blick auf den Titelgewinn von Theresa Stoll (Großhadern) in der Klasse bis 57 Kilogramm und den Silberrang von Martyna Trajdos (Hamburg) in der Klasse bis 63 Kilogramm. "Und dann kriegt man ja ganz schnell den Hals auch nicht voll und sagt, die fünften Plätze hätten dritte sein sollen", sagt Frese und lacht. Am Ende sind es sechs fünfte Plätze für Deutschland. Und kein dritter.

2018 wird der Judo-Grand-Prix aller Voraussicht nach vom Weltverband zum Grand Slam aufgewertet und zieht in den ISS Dome um. Mindestens 5000 Zuschauer sollen dann kommen, statt der maximal 3200 bislang. "Alles steht, nur die Fernsehzeiten noch nicht. Und die will ich haben, denn TV-Präsenz ist wichtig für unsere Sportart", sagt Frese. Ähnlich wichtig wie Karl-Richard Frey. Der Hoffnungs-Hüne.

(klü)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort