Siggi Wentz Der junge Held von einst wird 50

Düsseldorf (RPO). Es war sein Pech, dass es in der Zehnkampf-Welt der achtziger Jahre in Daley Thompson und Jürgen Hingsen zwei noch Größere gab. "Wäre ich zehn Jahre früher oder zehn Jahre später geboren - ich hätte Olympiasieger werden können", sagt Siegfried Wentz, völlig frei von irgendwelchem Frust.

Siggi Wentz: Der junge Held von einst wird 50
Foto: AFP, AFP

Für viele war der junge Schwabe damals der eigentliche Held der Branche, weil er im Gegensatz zu den beiden Profis neben dem Sport ein zeitraubendes Medizinstudium absolvierte. Seit Jahren ist Wentz nun Klinikleiter, am Sonntag wird er 50.

Man nannte Siggi Wentz den "Easy Rider vom Remstal". Er quälte sich nicht nur im harten Training für die Leichtathletik-Karriere, sondern er verstand es auch exzellent, sich lässig auf dem Motorrad, beim Billard oder Flippern zu entspannen. Der Traum vieler Schwiegermütter war kein Asket. Siggi Wentz lebte nach der Devise: "Salat essen, Wasser trinken, um 8 Uhr ins Bett gehen und Frauen nur aus der Distanz anschauen - so ein Lebenswandel ist keine Garantie für Topleistungen."

Auch gemalt hat er zur Entspannung, Kunst wollte er studieren - und entschied sich dann für die ärztliche Kunst, als er per Los einen Studienplatz für Medizin erhielt. "Es war kein Fehler", sagt er grinsend. Nicht nur, weil er bei einer Vorlesung seine Frau Susanne kennenlernte, mit der er drei Kinder hat, sondern weil er auch im Beruf Karriere machte. Seit fast zehn Jahren ist er ärztlicher Leiter und Chefarzt der Schlüsselbad-Klinik in Bad Peterstal im Schwarzwald.

"Wir haben in der Reha-Klinik 170 Betten, die meisten im Orthopädie-Bereich. Ich bin Chef von 100 Mitarbeitern", sagt Dr. Wentz: "Vieles von dem, was ich damals im Sport gelernt habe, wie Geduld und Hartnäckigkeit, ist auch im Beruf wichtig."

Rückblickend auf die Karriere sagt der damalige 8762-Punkte-Mann: "Diese zehn Jahre haben viel Spaß gemacht." Auch wenn er oft "nur" Dritter wurde. Erst bei der WM 1983 in Helsinki ("Mein schönster Erfolg"), dann bei Olympia 1984 in Los Angeles und schließlich bei der EM 1986 in Stuttgart. Als Hingsen und Thompson nicht mehr ihre alte Rolle spielten, gewann Wentz 1987 WM-Silber - und hätte 1988 sogar Olympiasieger werden können.

"Zufälle entscheiden halt mit", sagt der Ex-Mainzer, zuletzt für Bayer Leverkusen gestartet, mit Blick auf den Bänderabriss, den er vor Olympia in Seoul im Trainingslager beim Fußball erlitt. Gold ging damals mit 8488 Punkten an den Rostocker Christian Schenk, Silber mit 8399 an Weltmeister Torsten Voss (Schwerin).

"So wie es gelaufen ist, bin ich zufrieden", sagt Siggi Wentz, der schon zweifacher Vater war, als er 1990 die Karriere beendete. Jonas (22) und Rabea (20) sind Sprung- und Mehrkampftalente, waren Dritte bei der Jugend-DM bzw. Landesmeister. "Den ganz großen Ehrgeiz haben sie nicht", sagt Papa Wentz, der ein- bis zweimal pro Woche mit den Kids trainiert.

Das Vorbild der Eltern hat doppelt abgefärbt: Die ältere Tochter möchte Medizin studieren, die Jüngste (Jana/18) startet als Arzthelferin. Der Sohn studiert Betriebswirtschaft.

Eine große Sause gibt es zum 50. nicht. "Die holen wir 2011 nach, da feiern wir unseren Hundertsten", sagt Familienmensch Siggi Wentz mit Blick auf den 49. Geburtstag seiner Susanne.

(SID/born)
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