Kricket-Profis in Terrorangst Eine ganze Liga flüchtet aus Indien

Hamburg (RPO). Die indische Kricket-Liga sorgt für ein Novum in der Geschichte des Sports. Aus Angst vor weiteren Terroranschlägen verlässt die Liga Indien und spielt die Meisterschaft auf einem anderen Kontinent aus.

Kricket-Profi haut Flitzer um
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Aus Angst vor Terroranschlägen wird die Indian Premier League (IPL) im Kricket ab Samstag ihre komplette Saison bis zum 24. Mai in Südfafrika bestreiten. Der Überfall auf das Kricket-Nationalteam von Sri Lanka im Nachbarland Pakistan Anfang März war ein nachträgliches Argument für den Ende Februar beschlossenen Umzug.

Die indische Regierungspartei hatte sich auch aus Sorge vor Gewalttaten im Umfeld der am Donnerstag begonnenen Wahlen geweigert, Polizeikräfte zum Schutz der Sportler und Sportstätten zur Verfügung zu stellen.

"Wir wurden wegen dieser Regierungsentscheidung gezwungen, mit unserem Turnier wegzuziehen", sagte Shashank Manohar, der Chef des indischen Kricketverbandes, der die IPL veranstaltet: "Ich entschuldige mich bei jedem Bürger unseres Landes dafür."

Die IPL hat sich bereits in ihrem ersten Jahr 2008 als Goldgrube erwiesen. Nur für den indischen TV-Markt wurden die Rechte für zehn Jahre für 1,026 Milliarden US-Dollar verkauft, davon gehen 72 Prozent an die Klubs. Viele der besten Spieler der Welt stehen für die nur sechs Wochen lange Saison unter Vertrag und kassieren dafür in der Spitze rund 1,1 Millionen Euro.

Die acht Klubs sind Franchise-Unternehmen, die indischen Großkonzernen und einigen der reichsten Familien der Welt gehören. Für die Mumbai Indians mussten beispielsweise 82 Millionen Euro bezahlt werden.

Auch Bollywood-Superstar Shahrukh Khan hat sich eine Mannschaft geleistet. Die Kalkutta Knight Riders kosteten ihn und zwei Partner etwa 55 Millionen Euro. Am Donnerstag wurde bereits mit einer farbenfrohen karnevalsähnlichen Parade mit Feuerwerk und Musik in Kapstadt das Spektakel gefeiert, natürlich war auch Shahruk mit von der Partie. 90 Minuten zog der Zug durch die Stadt, die Straßen waren voll, Stars und Sternchen wurden gefeiert, Glanz und Glamour müssen sein.

"Diese Liga wird unseren Sport verändern"

"Wenn die Leute in 30 Jahren auf den Kricketsport blicken, dann werden sie die Einführung der IPL als Zeitenwende sehen", behauptet der australische Superstar Adam Gilchrist, "diese Liga wird unseren Sport verändern." Der ehemalige ATP-Chef Etienne de Villiers kümmert sich um das Entertainment vor Ort. "Wir haben Live-Musik bei den Spielen, Aufführungen des Cirque du Soleil und bieten Spaß für die ganze Familie", kündigt der frühere Disney-Chef an.

Das alles bedeutet eine weitere Abkehr vom tradionellen Kricket, das als "Testmatch" über mehrere Tage gespielt wird. Vorbei ist es mit weißen Pullovern, Teepausen und britischer Noblesse.

Die insgesamt 59 Matches werden im 2003 eingeführten Twenty20-Format ausgetragen, bei dem eine Partie in der Regel nur 2:30 Stunden dauert. Die Teams tragen grelle Farben, aggressive Logos und heißen "Royals", "Chargers", "Kings" oder "Daredevils". Luftig gekleidete Cheerleaders heizen auf dem Platz an.

Alles ist absolut TV-kompatibel, und darauf kommt es im Wesentlichen an. Alle Spiele werden komplett im indischen Fernsehen und auf zahlreichen Großbildschirmen überall im Land übertragen, das ist die Basis des Geschäfts, nicht der Zuschauer im Stadion. 200 Millionen TV-Zuschauer pro Spiel werden allein auf dem Subkontinent mit seinen rund 1,1 Milliarden Einwohnern erwartet. "Wir werden jedes Spiel nach Indien bringen", sagte Manohar. Egal, von wo.

Für Südafrika ist die Invasion der Kricket-Liga wirtschaftlich auf jeden Fall ein Segen. 700 Liga-Mitarbeiter sind nach Südafrika gezogen, 22.000 Hotelbetten und 10.000 Flüge wurden durch die Liga gebucht.

Als Goodwill-Geschenk zum Einstand spendete die IPL schon mal acht Millionen Dollar für wohltätige Zwecke. Durch die IPL, eine Tour der britischen Rugby-Auswahl und den Fifa-Confed-Cup erwartet das wirtschaflich zur Zeit kriselnde Land einen Gewinn von 200 Millionen Dollar bis Juli.

(SID)
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