Titelkämpfe in Berlin ab Mittwoch Hoffnungen bei Heim-EM ruhen erst einmal auf Oldies

Im Jahr eins nach Britta Steffen wollen Deutschlands Schwimmer nach wiederholten Enttäuschungen bei der Heim-EM in eine bessere Zukunft aufbrechen. Paul Biedermann muss auf seine Rennen noch warten, zunächst sollen zwei Starter von Berlin 2002 für Medaillen sorgen.

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Foto: dpa, dna nic

Beim EM-Heimspiel in Berlin soll für Paul Biedermann & Co. so vieles besser werden. Nach dem Olympia-Debakel von London und der WM-Enttäuschung von Barcelona will das verjüngte Schwimm-Team um Weltrekordler Biedermann, Freiwasser-Rekordweltmeister Thomas Lurz und Sprung-Dauereuropameister Patrick Hausding wieder mit Top-Leistungen aufwarten.

"Ich glaube schon, dass wir das als große Chance für uns wahrnehmen sollten, gerade die EM im eigenen Land", erklärte der ehemalige Doppel-Weltmeister Biedermann, der nach einem Jahr Langbahn-Pause wieder angreift. "Ich glaube, dass wir das einfach nutzen und somit dem Schwimmen einen kleinen Auftrieb geben können." Das würde auch auf dem Weg zu den Sommerspielen nach Rio gut tun. "Ich erhoffe mir ein Auftauchen", sagte Verbandspräsidentin Christa Thiel vor den am Mittwoch beginnenden Titelkämpfen.

Eine Medaillenjagd wie bei den Europameisterschaften 2002 in der Hauptstadt mit drei Dutzend Plaketten ist im Jahr eins nach dem Rücktritt von Olympiasiegerin Britta Steffen illusorisch. Auch das Ziel von 14 bis 19 Medaillen für die insgesamt 58 deutschen EM-Starter ist ambitioniert. "Wir sind auch realistisch und wissen, wie wir bei der WM letztes Jahr abgeschnitten haben", sagte Leistungssportdirektor Lutz Buschkow. Damals retteten in Barcelona die Freiwasser-Asse und die Springer bei nur einer Beckenmedaille die Bilanz. Auch Chefbundestrainer Henning Lambertz verspricht keine Wunder.

Ehe Beckenschwimmer und Wasserspringer von Montag an ihre EM-Meriten erwerben wollen, setzt der Deutsche Schwimm-Verband auf ein lautstarkes Startsignal durch des Freiwasser-Team. Der zwölfmalige Weltmeister Lurz nimmt für die Rennen auf der Olympia-Regattastrecke von 1936 in Berlin-Grünau sogar die knifflige Doppelbelastung der fünf und zehn Kilometer binnen nicht einmal 20 Stunden in Angriff. "Wenn man so viele Medaillen wie möglich holen will, muss man auch ein wenig in den sauren Apfel beißen", erläuterte der 34-Jährige.

Neben Lurz war auch Angela Maurer 2002 schon mit dabei — und ist mit 39 Jahren diesmal die älteste EM-Starterin. Beide holten vor zwölf Jahren eine Medaille, beide wollen auch an diesem Mittwoch zum Auftakt des Heimspiels auf das Podest. "Als Ausrichter möchte man gerne, wenn man eine Fete im eigenen Wohnzimmer macht, dass die Gäste alle sehr zufrieden sind, die Ergebnisse und das Essen gut, und dass alle aus Berlin zurückkehren und sagen, das waren tolle 14 Tage", sagte Buschkow. "Ich freue mich, dass die Open-Water-Schwimmer den Beginn machen. Sie sind für uns Erfolgsgaranten."

Drei bis vier Top-3-Ränge soll das Lurz-Team liefern, fünf bis sieben sollen von den Springern kommen, bei den Synchronschwimmerinnen sind Finalplätze anvisiert. Die Bilanz steht und fällt allerdings mit der prestigeträchtigen Ausbeute im Becken. Neben Biedermann, dessen Strecken noch offen sind, gelten Kurzbahn-Weltrekordler Steffen Deibler und der WM-Zweite Marco Koch als aussichtsreichste Anwärter für die sechs bis acht erhofften Medaillen. Bei den Frauen sind es nach dem Steffen-Rücktritt düsterer aus.

"Ich hoffe, dass der eine oder andere Newcomer auf den Zug aufspringt, dass wir zu Hause sind", sagte Franziska van Almsick, die 2002 mit Weltrekord und fünf Titeln groß auftrumpfte. Die Bühne im Velodrom, in dem mit hohen Kosten und viel Aufwand ein mobiles Becken errichtet wurde, ist für internationale Stars wie die schwedische Fabelweltrekordlerin Sarah Sjöström oder Frankreichs Olympiasieger Yannick Agnel bereitet. Als Zuschauerin und im Orga-Team ist Olympiasiegerin Steffen nach ihrem Rücktritt dabei.

An der letzten vergleichbaren EM-Bilanz von Budapest 2010, als es achtmal Gold und insgesamt 20 Medaillen gab, hatte der Berliner Hausding mit gleich fünf Podiumsrängen entscheidenden Anteil. Diesmal ruhen die Hoffnungen beim Springen wieder auf den Männern um ihn und Weltmeister-Kollege Sascha Klein.

Der EM-Etat für den kontinentalen Titelwettkampf mit 930 Athleten aus 54 Ländern beläuft sich auf eine einstellige Millionensumme. "Wir haben schon sehr seriös geplant. Ich bin hoffnungsfroh, dass wir ordentlich rauskommen, ohne dass es den Verband killt", sagte Thiel.

(dpa)
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