Wegen Transsexualität Leichtathletin Buschbaum tritt zurück

Berlin (RPO). Die zweimalige Stabhochsprung-EM-Dritte Yvonne Buschbaum hat überraschend ihren Rücktritt vom Leistungssport erklärt. Hintergrund sei ihre Transsexualität, schreibt die 27-jährige Saulheimerin auf ihrer Homepage: "Im Wesentlichen erfolgt meine Entscheidung aufgrund meines seelischen Ungleichgewichts. Seit vielen Jahren befinde ich mich gefühlsmäßig im falschen Körper. Wer mich kennt, erkennt einen klaren Makel. Ich fühle mich als Mann und muss mein Leben im Körper einer Frau leben."

 Yvonne Buschbaum holte zweimal EM-Bronze.

Yvonne Buschbaum holte zweimal EM-Bronze.

Foto: AP, ASSOCIATED PRESS

Sie wolle nicht länger verkannt werden und sich dadurch weiter innerlich und äußerlich schaden, heißt es weiter. "Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass Transsexualität ein Randthema ist. Ich möchte nicht für seinen weiteren Rand verantwortlich sein, geschweige denn ein Versteckspiel spielen."

Ihr stehe nun eine Hormonbehandlung bevor, weshalb sie dem Sport den Rücken kehre: "Ich gehe diesen öffentlichen Weg bewusst. Niemand soll sich belogen oder betrogen fühlen. Aus biologischer Sicht haben meine bislang errungenen Erfolge ihre natürliche Berechtigung. Ich habe zu zeigen gewagt, was in mir steckt. Es ist normal, anders zu sein", so Buschbaum, deren Bestleistung aus dem Jahr 2003 bei 4,70 m steht.

Neben den beiden EM-Bronzemedaillen im Freien (1998 und 2002) holte die Sportsoldatin 2002 Hallen-EM-Silber und war Olympiasechste 2000 sowie WM-Sechste 2003. Außerdem gewann sie drei DM-Titel im Freien (1999, 2000 und 2003) sowie zwei in der Halle (2000 und 2001). Im Vorfeld der Olympischen Spiele von Athen erlitt sie einen Achillessehnen-Abriss und fand danach nicht wieder zu alter Stärke zurück.

Der Fall von Buschbaum ist nur bedingt mit dem von Österreichs Erika Schinegger zu vergleichen, der Abfahrts-Skiweltmeisterin von 1966. Denn die deutsche Leichtathletin wurde als Mädchen geboren. Schinegger war dagegen von Geburt an intersexuell, was sich allerdings erst 1967 herausstellte. Daraufhin führte das Internationale Olympische Komitee (IOC) Geschlechtertests ein.

Bereits 1968 startete der Österreicher bei den Herren, schaffte auch als Erik Schinegger den Sprung in die Nationalmannschaft und wurde später sogar Vater.

Die Pressemitteilung im Wortlaut:

Ich wende mich heute an die Öffentlichkeit, um meinen Rücktritt vom Leistungssport bekannt zu geben. Meine andauernde Verletzungsmisere trägt ihren Teil dazu bei. Im Wesentlichen erfolgt meine Entscheidung aber aufgrund meines seelischen Ungleichgewichts. Seit vielen Jahren befinde ich mich gefühlsmäßig im falschen Körper. Wer mich kennt, erkennt einen klaren Makel. Ich fühle mich als Mann und muss mein Leben im Körper einer Frau leben. Die Jahre der Diskrepanz zwischen Schein und Sein haben ihre Spannungen hinterlassen und körperlich Ausdruck gefunden in Form meiner verletzten Achillessehnen. Eine chronische Verletzung ist immer die logische Konsequenz, dass es der Seele nicht gut ergeht. Ich möchte nicht länger verkannt werden und mir dadurch weiter innerlich und äußerlich schaden. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass Transsexualität ein Randthema ist. Ich möchte nicht für seinen weiteren Rand verantwortlich sein, geschweige denn ein Versteckspiel spielen. Ich appelliere an das Verständnis und Einfühlvermögen eines gesunden, reinen und charakterstarken Menschenverstandes, meinen Schritt zu respektieren und keine falschen Schlüsse daraus zu ziehen. Ich dope nicht. Daraus und aus der bevorstehenden Hormonbehandlung resultiert meine Entscheidung, dass ich dem Hochleistungssport den Rücken kehre. Die Welt des Sports ist klein. Umso dankbarer bin ich dafür, dass mich Größeres erwartet. Ich gehe diesen öffentlichen Weg bewusst. Niemand soll sich belogen oder betrogen fühlen. Aus biologischer Sicht haben meine bislang errungenen Erfolge ihre natürliche Berechtigung. Ich habe zu zeigen gewagt, was in mir steckt. Es ist normal anders zu sein. Nicht der Strom allein ist normal, sondern auch die Wellen, die zu ihm gehören. Ich bin froh, diesen Weg zu gehen, und erfreue mich an der Tatsache, bald ganz und im Reinen mit mir zu sein.

(sid)
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